Classement thématique série 1848–1945:
I. RELATIONS BILATÉRALES
I.9. France
I.9.5. Question de Savoie
Imprimé dans
Documents Diplomatiques Suisses, vol. 1, doc. 391
volume linkBern 1990
Plus… |▼▶Emplacement
Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#J1.67#1000/1363#220* | |
Ancienne cote | CH-BAR J 1.67(-)1000/1363 12 | |
Titre du dossier | Furrer, Jonas (1847–1861) | |
Référence archives | 8 |
dodis.ch/41390
Auf Dein gestriges Schreiben2 glaube ich Dich beruhigen zu dürfen, dass der Bundesrath gewiss nicht dem Ansinnen eines Theils der Presse entsprechend eine Proclamation erlassen wird; ich wüsste gar nicht, in welchem Sinn, als etwa in dem, vor Agitationen zu warnen und Vertrauen zu den competenten Behörden zu empfehlen. Aber das will man offenbar nicht! Im Bundesrath war davon nie die Rede. Dagegen wurde schon am letzten Montag beantragt, die Bundesversammlung sofort (auf heute) einzuberufen, insofern der Bundesrath in seiner Mehrheit es nicht auf sich nehmen wolle, militärisch vorzugehen. Dieser Antrag (St[ämpfli]) erhielt keine andre Stimme, aber er wird später wiederholt werden und später kann er wohl eine Mehrheit erhalten; denn es liegt darin die Frage von Krieg oder Frieden, die der Bundesrath weder im einen, noch im ändern Sinne von sich aus wird lösen wollen. Die Einberufung kann erfolgen zwischen der Abstimmung in Savoyen und der Ratification des Vertrags im sardischen Parlament. Denn nach dem letzten Act wird die Einführung der Civilverwaltung sehr schnell folgen, indem alles vorbereitet wird. Nach allen Berichten wird jene Abstimmung sehr schlecht ausfallen; die Agenten der schweizerischen Parthey berathen über das mot d’ordre, ob Enthaltung oder Neinschreiben; die Meynungen scheinen sich für ersteres auszubilden; denn das Volk soll sehr muthlos und furchtsam seyn; französische Versprechungen und Drohungen wirken gewaltig; von einer Freyheit der Abstimmung ist keine Rede, denn das geheime Scrutinium verliert seinen Charakter, weil die wenigsten Leute schreiben können; daher verspricht man sich mehr von einer grossartigen abstention, als von einer kleinen Anzahl «Nein». Nach allen Nachrichten hat der Genferzug der schweizerischen Stimmung im Chablais ungeheuer geschadet.
Nun komme ich zum Briefe des Hrn. Dubs, den ich gelesen habe. Deine Ansicht wird grossen Schwierigkeiten begegnen. Schon letzthin interpellirte der englische Gesandte zwar mündlich, aber non sine ira, ob es wahr sey, dass wir mit Frankreich separatim unterhandeln, in welchem Fall England seine Hand ganz zurückziehe. Im Stillen wären die Grossmächte vielleicht froh darüber, sich aus diesem Grund aus der Verlegenheit herauszuziehen und die Sache fallen zu lassen. Nun können wir doch gewiss nicht mit Frankreich allein unterhandeln, und zwar nicht etwa auf der Basis einer Abtretung von Nord-Savoyen (denn davon ist gar keine Rede), während wir die Grossmächte bestürmten, sich unser im Sinn obiger Basis anzunehmen, während wir sie noch immer mit neuen und dringlichen Noten bestürmen, während wir in England einen Gesandten3 dazu accreditirten und jetzt auch einen (Hrn. Dapples) nach Berlin schicken werden. (Petersburg wünscht, dass wir keinen schicken – schlechtes Zeichen!). Ich glaube nicht, dass der Bundesrath auf solche Separat-Verhandlungen eingehen werde, wenigstens ehe man definitiv weiss, was bey den Grossmächten herauskommt.
Hr.v. Dusch ist hier, er theilt unsre Ansicht, dass der Moment noch nicht da sey, um mit Frankreich ernstlich anzubinden, dass er aber sicher in nicht gar langer Zeit kommen werde und unsre Chancen sich mit der Zeit nur verbessern können.
Soeben höre ich, dass Frankreich Les Rousses verstärke oder verproviantire und auf der Faucille befestigen wolle (hoffentlich ausserhalb dem streitigen Gebiet. Es scheint, man will uns auch von dieser Seite provociren).
Bis auf weiters grüsse Dich freundlichst.
Dein F.
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