Die letzten fünf Tage waren hier derart arbeitsreich, aufregend und von historischer Bedeutung, dass ich Ihnen heute Sonntag umsoweniger einen zusammenhängenden politischen Bericht senden kann, als ich seit Mittwoch kaum mehr geschlafen habe. Das grosse Vertrauen, das mir der greise Marschall schon lange und ganz besonders in den letzten entscheidenden Tagen bewiesen hat, veranlasste ihn, mich bewusst zum objektiven und intimen Zeugen der Schlusstage seines Regimes zu machen. Er hat es mir ganz offen gesagt: Wir alle, ich und meine Mitarbeiter, sind unseres Lebens nicht sicher. Alle unsere Papiere können uns geraubt oder vernichtet werden. Ich habe keinerlei Möglichkeit, den Franzosen und der Welt die Wahrheit zu sagen. Eine gewisse Propaganda wird mit allen Mitteln, auch den schlimmsten, versuchen, die geschichtliche Wahrheit zu entstellen. Von den bei mir akkreditierten Diplomaten sind Sie der einzige, der nicht nur mein restloses Vertrauen geniesst, sondern dazu noch, im Gegensatz zu allen ändern, die materielle Möglichkeit hat, seine Regierung und damit die Welt zu orientieren. Ich verlange von Ihnen das grosse Opfer, jederzeit, Tag und Nacht, zu meiner Verfügung zu stehen, wenn ich oder meine Mitarbeiter es für nötig finden, Sie zum Zeugen der hiesigen Vorgänge zu machen. Einem solchen Ansuchen konnte ich mich nicht entziehen, es liegt meines Erachtens in der Rolle unseres Landes. Ich habe immerhin bei jeder Gelegenheit dahin gearbeitet, dass der apostolische Nunzius, als Vertreter einer neutralen Weltmacht von grosser moralischer Bedeutung, ebenfalls zugezogen werde. Es ist dies teilweise geschehen. Die historische Viertelstunde hat er leider verpasst. [...]2