dodis.ch/47657

Le Ministre de Suisse à Vichy, W. Stucki, au Chef du Département politique, M. Pilet-Golaz1

Um Ihnen einen zusammenfassenden Bericht über die Entwicklung der hiesigen Krise zu geben, knüpfe ich an meinen Bericht über die Ereignisse des 13. November. Die Deutschen hatten damals Marschall Pétain mitgeteilt, sie könnten vorläufig die Publikation seines Verfassungsaktes nicht gestatten. Eine definitive Antwort wurde für die nächsten 48 Stunden in Aussicht gestellt. Diese definitive Antwort liess aber genau drei Wochen auf sich warten und wurde letzten Samstag durch Botschafter Abetz dem Marschall in Form eines von Aussenminister Ribbentrop im Namen des Führers an den Marschall gerichteten Briefes überbracht. Dieser Brief ist in sehr «rüdem» Ton gehalten und teilt kategorisch mit, dass die Besetzungsmacht im Interesse der Sicherheit ihrer Wehrmacht nicht zulassen könne, dass der Verfassungsakt publiziert und damit diejenigen Kreise wiederum zu Macht und Ansehen gelangen würden, die Deutschland den Krieg erklärt hatten und die in ihrer Mehrheit scharf gegen jede Zusammenarbeit eingestellt seien. Der Brief enthält aber im weitern schwere Vorwürfe gegen den Marschall und seine Politik. Es wird ihm vorgehalten, er suche sich den Weg zu ebnen für den Fall einer Alliiertenlandung in Frankreich, er tue nichts gegen den zunehmenden Terror in seinem Lande, seine Umgebung durchkreuze bei jeder Gelegenheit die Politik des Regierungschefs Laval, die Unruhe im Lande sei so gross geworden, dass immer mehr auch Angehörige der deutschen Wehrmacht direkt betroffen würden. So könne dies nicht weitergehen und Deutschland sei gezwungen, vermehrte Garantien für eine wirklich loyale Zusammenarbeit zu verlangen. Ohne dass bestimmte Personen im Briefe selbst genannt worden wären, verlangt dieser, dass der Marschall in seiner Umgebung personelle Änderungen vornehme und dass in der Zusammensetzung der französischen Regierung Änderungen vorgenommen würden, die Deutschland vermehrte Garantien geben.2