Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
II.9. ÉTATS-UNIS
II.9.2. ÉTATS-UNIS - RELATIONS ÉCONOMIQUES
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 15, doc. 27
volume linkBern 1992
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E6100B#1972/96#108* | |
Old classification | CH-BAR E 6100(B)1972/96 35 | |
Dossier title | Gold- und Dollarpolitik (1943–1948) | |
File reference archive | 240.2 |
dodis.ch/47631
In unserer Eingabe vom 13. Juli 19433 haben wir auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die sich für unser Institut aus der Entgegennahme von blockierten Gold- und Devisenbeständen in den Vereinigten Staaten von Amerika, England und Kanada ergeben, und uns erlaubt, Ihnen zuhanden des Bundesrates folgende Fragen zu unterbreiten:
a. Ist es weiterhin der Wunsch des Bundesrates, dass die Nationalbank in der Entgegennahme von Exporterlösen in blockierten Gold- und Devisenbeständen fortfährt? Wenn ja, ist der Bundesrat nicht der Meinung, dass die Nationalbank im Hinblick auf die Vorschriften des Nationalbankgesetzes von Bundes wegen ausdrücklich ermächtigt werden sollte, Devisen- und Goldbestände im Ausland, über die nur in beschränktem Umfange verfügt werden kann, hereinzunehmen?
b. Ist der Bundesrat bereit, der Nationalbank die Zusicherung zu geben, dass ihr der Bund in einem späteren Zeitpunkt allenfalls einen Teil der blockierten Währungsreserven abnehmen wird, sofern dies für die Nationalbank aus Gründen der Liquidität oder bei Gefährdung der Währung sich als notwendig erweisen sollte?Wir hatten seither wiederholt Gelegenheit, das Problem mit Ihnen zu besprechen. Auch bot sich kürzlich einzelnen Mitgliedern unseres Direktoriums die Möglichkeit, in der Sache mit dem Herrn Vorsteher des eidg. Volkswirtschaftsdepartements Rücksprache zu nehmen4. Verschiedentlich fanden Fühlungnahmen statt mit der Handelsabteilung des eidg. Volkswirtschaftsdepartements, der Abteilung für Auswärtiges des eidg. Politischen Departements, dem Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins und der Schweizerischen Uhrenkammer. Diese Besprechungen und der Umstand, dass die Verhältnisse, die zwar in ihrer Grundtendenz gleichgeblieben sind, inzwischen jedoch gewisse Wandlungen durchgemacht haben, die für die künftige Lösung des Problems nicht ohne Bedeutung sind, geben uns Veranlassung, in der Angelegenheit neuerdings an Sie zu gelangen. III.
Der Zufluss von Exportdollars hat seit Mitte Juli dieses Jahres nicht ab-, sondern im Gegenteil zugenommen. Namentlich von seiten der Uhrenindustrie wurden uns in steigendem Umfange Dollars angeboten. Nachdem alle Bemühungen, den Dollaranfall auf ein normales Mass zurückzubringen, fehlschlugen, sah sich die Nationalbank gezwungen, zur Selbsthilfe zu schreiten. So setzte sie gegen Ende Juli für die Entgegennahme von Exportdollars aus der Uhrenindustrie vom 1. August hinweg einen Höchstbetrag von monatlich 8 Millionen Franken fest. Bei der Festsetzung dieses Kontingents ging die Nationalbank von der Tatsache aus, dass der Uhrenexport nach den Dollarländern in den letzten vier, als gut bezeichneten Jahren durchschnittlich 100 Millionen Franken betrug. Den Übergang zur Dollarkontingentierung suchte die Bank in der Weise zu erleichtern, dass sie bis Ende Oktober 1943 wohl den grössten Teil der Exportguthaben, die am 1. August 1943 ausstehend waren, ausserhalb des Kontingentes abnahm, so dass für die Monate August, September und Oktober von der Uhrenindustrie statt für 24 Millionen Franken (3 mal 8 Millionen) für insgesamt 52 Millionen Franken Exportdollars entgegengenommen wurden.
Der Anfall von Exportdollars, herrührend aus ändern Wirtschaftszweigen zeigte bis in den Sommer hinein eine gewisse Konstanz, so dass die Nationalbank es bis dahin glaubte verantworten zu können, dem dringenden Ersuchen der Wirtschaftsverbände Folge gebend, von der Begrenzung dieser Dollarübernahmen vorderhand Umgang zu nehmen. Nach und nach machte sich aber auch in diesem Sektor ein zunehmendes Angebot von Exportdollars geltend, wobei namentlich ins Gewicht fiel, dass nun auch für Exporte nach Ländern, die nicht dem Dollarkreis angehören, Dollars offeriert werden. Die Nationalbank sah sich daher genötigt, für die Entgegennahme von Exportdollars, die nicht aus der Uhrenindustrie stammen, eine Begrenzung in Erwägung zu ziehen. Das Direktorium nahm hiefür ein Monatskontingent von etwa 6 Millionen Franken in Aussicht.IV.
In der letzte Woche stattgefundenen Besprechung mit der Handelsabteilung und dem Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins sind folgende weitere Begehren an die Nationalbank gestellt worden:
a. In dem für die Uhrenindustrie festgesetzten Monatskontingent von 8 Millionen Franken sollen nicht inbegriffen sein die Fracht- und Versicherungsspesen, die sich gegenwärtig auf ungefähr 10% des Fakturabetrages belaufen;
b. In dem genannten Monatskontingent sollen sodann nicht inbegriffen sein die Ausfuhren der Uhrenindustrie nach Brasilien; hierfür wird ein zusätzliches Monatskontingent von 500000 Franken gefordert;
c. Der Uhrenkammer sollen zur Ausstellung von Kontingentsbescheinigungen jeweils sechs Monatskontingente zur Verfügung stehen, m.a.W. die Nationalbank hätte der Uhrenindustrie für die Dollarentgegennahme stets einen Plafond von 48 Millionen Franken, verteilt auf sechs Monate, einzuräumen. Das würde bedeuten, dass der Uhrenindustrie am 1. November 1943 die Monatskontingente bis zum April 1944, am 1. Dezember auch noch dasjenige für den Monat Mai 1944 etc. zugesichert wären. Dabei hätte es nach dem Vorschlag der Handelsabteilung und des Vorortes die Meinung, dass bisher nicht benützte Kontingente noch voll ausgenützt werden können und dass auch künftig ein nicht benützter Teil eines Monatskontingentes auf das zukünftige Monatskontingent übertragen werden soll;
d. Dollars aus Exporten, die vor Einführung der Kontingentierung die Schweiz verlassen haben, sollen von der Nationalbank ohne Anrechnung auf die Kontingente hereingenommen werden;
e. Es wird erwartet, dass die Nationalbank auf eine Kontingentierung der Dollarübernahmen, herrührend aus ändern als Uhrenexporten, verzichte.In grundsätzlicher Beziehung möchten wir neuerdings feststellen, dass die fortgesetzte Entgegennahme von blockierten Devisen- und Goldbeständen durch die Nationalbank gegen Hingabe von liquiden Schweizerfranken, m.a.W. die Finanzierung des Exportes durch die Notenbank währungs-, geldmarkt- und preispolitisch unrichtig ist. Daran wird die Ermächtigung der Nationalbank zur Hereinnahme von Devisen- und Goldbeständen im Ausland, über die nur in beschränktem Umfange verfügt werden kann, nichts ändern. Die geäusserten Bedenken könnten nur behoben werden, wenn der Bund sich bereit erklären würde, die Nationalbank ganz oder teilweise von der Last der blockierten Währungsmassen zu befreien und sich die hiezu nötigen Mittel auf dem Markte zu beschaffen. Wir möchten heute noch nicht so weit gehen, sind aber der Meinung, dass der Nationalbank die Möglichkeit der Abtretung blockierter Währungsmassen an den Bund eingeräumt werden muss, falls sie dies aus währungs- und geldmarktpolitischen Überlegungen für notwendig erachten sollte.
Zu einer zweiten grundsätzlichen Bemerkung gibt uns Anlass das Begehren der Industrie, die Zusicherung der Umwandlung von Dollars in Schweizerfranken für eine längere Zeit zu erhalten. So sehr dieses Verlangen unter dem Gesichtspunkt der Bedürfnisse der Industrie verständlich ist, so sehr müssen wir anderseits vom Standpunkt der Notenbank aus mit Nachdruck betonen, dass wir solche Zusicherungen nicht geben können. Ganz abgesehen davon, dass das Bankgesetz uns nur erlaubt, Sichtdevisen zu kaufen, halten wir dafür, dass die Notenbank in ihrer Währungspolitik nicht durch Bindungen gehemmt werden darf; sie muss vielmehr die Möglichkeit haben, sich in ihrer Währungspolitik jederzeit den veränderten Verhältnissen anzupassen. Wenn die Nationalbank für die Entgegennahme von Dollars aus Exporten der Uhrenindustrie ein Kontingent festgesetzt hat, so kann das stets nur den Sinn haben, dass wir der Uhrenindustrie bis auf weiteres und pro Monat für nicht mehr als 8 Millionen Franken Dollars abnehmen. Die Nationalbank darf von dieser Richtlinie nicht abweichen. Sollte aber der Bundesrat es für angezeigt erachten, dass dem unter lit. c hiervor erwähnten Begehren Rechnung getragen wird, so dürfte dadurch die Handlungsfreiheit der Nationalbank nicht beeinträchtigt werden. Die Nationalbank muss sich Vorbehalten, bei veränderten Verhältnissen die Entgegennahme von Exportdollars jederzeit einzuschränken, eventuell ganz zu sistieren, in welchem Falle die Verpflichtung zur Abnahme weiterer Dollars im Sinne von lit. c nur in der Weise erfüllt werden könnte, dass die fraglichen Dollars für Rechnung und Gefahr des Bundes entgegengenommen würden.
Das Direktorium ist entgegenkommenderweise bereit, der Uhrenkammer ausser dem Monatskontingent von 8 Millionen Franken ein Spezialkontingent für Transport- und Versicherungsspesen einzuräumen, das wir auf 500000 bis 800000 Franken pro Monat schätzen.
Das Direktorium hat sich ferner damit einverstanden erklärt, auf Zusehen hin von einer Kontingentierung der Dollarübernahmen aus ändern als Uhrenexporten Umgang zu nehmen, von der Annahme ausgehend, dass der bezügliche Dollaranfall monatlich nicht mehr als 6-7 Millionen Franken ausmacht, wobei für Exporte nach Iran, Irak und Arabien eine Dollarübernahme von etwa 500000 Franken in Frage käme. Sollte der Dollaranfall diesen Betrag übersteigen, so müsste auch hier eine Beschränkung Platz greifen. Die Erfahrung wird zeigen, ob es möglich sein wird, für die Übernahme von Dollars, herrührend aus ändern als Uhrenexporten, ohne Kontingentierung auszukommen. Nach unserem Dafürhalten läge es im Interesse der Exportindustrie selbst, wenn schon jetzt die Massnahmen zur Durchführung einer allfällig notwendig werdenden Kontingentierung der Dollarübernahme geprüft und vorbereitet würden.
Eine besondere Behandlung der Uhrenexporterlöse für die Ausfuhr nach Brasilien kommt nicht in Betracht, ebensowenig die Hereinnahme weiterer Rückstände ausserhalb Kontingent.Zusammenfassend möchten wir uns in Ergänzung unserer Eingabe vom 13. Juli 1943 wie folgt aussprechen:
In der Annahme
a. dass der Bundesrat die weitere Entgegennahme von Exporterlösen in blockierten Devisen- und Goldbeständen im Landesinteresse für notwendig erachtet,
b. die Nationalbank von Bundes wegen ausdrücklich ermächtigt wird, Devisen- und Goldbestände im Auslande, über die sie nur in beschränktem Umfange verfügen kann, hereinzunehmen,
c. der Nationalbank die Zusicherung gegeben wird, dass ihr der Bund einen Teil der blockierten Währungsreserven abnimmt, sobald sie dies aus Gründen der Liquidität oder bei Gefährdung der Währung für notwendig erachtet, ist die Nationalbank bereit, bis auf weiteres Exportdollars entgegenzunehmen, und zwar von der Uhrenindustrie im Ausmasse eines monatlichen Kontingents von 8 Millionen Franken zuzüglich ein Spezialkontingent von 500000 bis 800000 Franken für Transport- und Versicherungsspesen. Eine Zusicherung der Dollarabnahme für eine Frist von 6 Monaten kann nur in Frage kommen, wenn der Bund im voraus bereit ist, die der Nationalbank aus diesem Engagement anfallenden Dollars soweit erforderlich für eigene Rechnung zu übernehmen.
Unter den genannten Voraussetzungen erklärt sich die Nationalbank ferner bereit, von der übrigen Industrie bis auf weiteres Exportdollars ohne Kontingentierung abzunehmen, in der Meinung jedoch, dass der Dollaranfall monatlieh 7 Millionen Franken nicht übersteigt. Dabei ist verstanden, dass in diesem Rahmen für Exporte nach Iran, Irak und Arabien Dollars für höchstens 500000 Franken pro Monat hereingenommen würden. Die Nationalbank behält sich vor, in dem ihr gutscheinenden Zeitpunkt auch für die Übernahme dieser Dollars Maximalbeträge festzusetzen.Ungelöst bleibt sodann immer noch die Frage der Regelung des Zahlungsverkehrs mit den Pfundländern, wo wir aus Exporten und aus dem Kapitalverkehr sehr erhebliche Bedürfnisse durch die Übernahme von blockiertem Gold zu befriedigen haben. Wenn wir diesen Bedürfnissen bisher in unbeschränktem Umfange entsprochen haben, so sind wir dabei stets von der Erwartung ausgegangen, die Verhandlungen mit England über ein Kreditabkommen würden bald zu einem Abschluss gelangen und uns auf diese Weise eine erträgliche Lösung bringen.
Zum Schlüsse gestatten wir uns noch, orientierungshalber darauf aufmerksam zu machen, dass sich unsere Währungsreserven in den letzten 21 Monaten, also seit 1. Januar 1942, um 550 Millionen Franken erhöht haben. Davon entfällt nahezu eine halbe Milliarde Franken auf blockierte Gold- und Devisenbestände.
Im Interesse der Exportindustrie wären wir dem Bundesrat für eine baldige Stellungnahme in der Angelegenheit sehr verbunden5.
Wir gestatten uns, von vorstehendem Schreiben Abschriften an den Herrn Vorsteher des eidg. Volkswirtschaftsdepartements, an die Handelsabteilung und an den Vorort des Schweizerischen Handels- und Industrie-Vereins zu übermachen.
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