Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
II.9. ÉTATS-UNIS
II.9.2. ÉTATS-UNIS - RELATIONS ÉCONOMIQUES
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 15, Dok. 21
volume linkBern 1992
Mehr… |▼▶Aufbewahrungsort
Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001E#1000/1572#986* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(E)1000/1572 95 | |
Dossiertitel | Transfer von Warenzahlungen (1943–1945) | |
Aktenzeichen Archiv | C.47.215 • Zusatzkomponente: Vereinigte Staaten von Amerika |
dodis.ch/47625
DOLLARÜBERNAHME AUS EXPORTERLÖSUNG.
Die Uhrenindustrie hat in letzter Zeit eine stark vermehrte Ausfuhr nach Übersee, insbesondere nach Nord- und Südamerika, zu verzeichnen. Sie wird in blockierten Dollars bezahlt, die bisher von der Nationalbank ohne weiteres übernommen und in Schweizerfranken konvertiert wurden. Für den gesamten Dollarraum stieg die Ausfuhr im Monatsdurchschnitt von 9 Millionen Franken im Jahre 1942 auf 11,5 Millionen Franken in den ersten acht Monaten des Jahres 1943. Der Monatsdurchschnitt von 1938 betrug vergleichsweise 5 Millionen Franken.
Die Expansion bewirkte für die Nationalbank einen ständig steigenden Dollaranfall, der sie umsomehr belastete, als sie die Suspendierung der Erteilung von Navicerts ihrer einzigen ins Gewicht fallenden Verwendungsmöglichkeit für diese Devise beraubte. Sie begann, die Übernahme der Dollars zu beschränken und die einzelnen Geschäfte zu untersuchen. Dabei stellte sie eine ganze Reihe von Unregelmässigkeiten fest; so sollen z. B. einzelne Firmen durch Fakturierung übersetzter Preise blockierte Forderungen rapatriiert haben. Um Missbräuche zu verhindern und zugleich ihre Dollarübernahme einzudämmen, beschloss sie deren Kontingentierung für die Uhrenexporte und setzte eine Monatsquote von 7,5 Millionen Franken an, was für die Fortsetzung der Exporte ungefähr ausgereicht hätte. Sie ersuchte die Uhrenkammer, die Zuteilung der Kontingente zu besorgen. Die Handelsabteilung des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements und der Vorort des Schweizerischen Handelsund Industrievereins unterstützten diese Lösung und es gelang ihnen, die wiederholt vorsprechenden Delegationen der Uhrenindustrie davon zu überzeugen, dass es in ihrem Interesse sei, bei der Kontingentierung mitzuhelfen. Überraschenderweise wurden diese Vertreter jedoch desavouiert. Die Uhrenkammer richtete am 30. August eine Eingabe2 an den Bundesrat, in der sie gegen die wertmässige Kontingentierung der Uhrenexporte Stellung nahm. Eine Antwort wurde bisher nicht erteilt.
Das Direktorium der Nationalbank stellte auch auf dem Gebiet der übrigen Exporte nach dem Dollarraum eine gewisse Expansion fest. Die Monatsdurchschnitte stiegen von 5,5 Millionen Franken im Jahre 1942 auf 6 Millionen Franken im Jahre 1943. Sie fasste daher den Beschluss, auch hier eine Kontingentierung vorzunehmen. Diese ausserordentlich schwerwiegende Massnahme, die übrigens bereits im Bankausschuss kritisiert worden sein soll, ist vorläufig noch nicht in Kraft gesetzt worden. Das überraschende Vorgehen der Nationalbank dürfte nicht zuletzt darauf zurückzuführen sein, dass eine vom 13. Juli datierte und an Herrn Bundesrat Wetter gerichtete Eingabe des Direktoriums3 bis heute nicht beantwortet worden ist. Dieses hatte nämlich um eine Klarstellung darüber ersucht, ob es der Wunsch des Bundesrates sei, dass die Bank weiterfahre, Exporterlöse in blockierten Devisen und Goldbeständen entgegenzunehmen. Es begehrte ferner zu wissen, ob nicht heute schon die Zusicherung gegeben werden könnte, dass der Bund der Nationalbank in einem späteren Zeitpunkt allenfalls einen Teil der blockierten Währungsreserven abnehmen werde, sofern sich dies für sie aus Gründen der Liquidität oder bei Gefährdung der Währung als notwendig erweisen sollte.
Der Unterzeichnete4 nahm gestern als Mitglied der ständigen Wirtschaftsdelegation an einer Besprechung mit Herrn Bundesrat Stämpfli teil, an der die sich aus dem Kontingentierungsbeschluss der Nationalbank ergebende Lage besprochen wurde. Es wurde festgestellt, dass jedenfalls jetzt nicht der Moment sei, um in der Dollarübernahmepolitik eine Änderung eintreten zu lassen. Eine solche müsste in der alliierten Öffentlichkeit den Eindruck erwecken, sie sei eine Folge des neuen Abkommens mit Deutschland und so unsere handelspolitischen Schwierigkeiten verstärken. Sie müsste auch deshalb als inopportun betrachtet werden, da die Wiederaufnahme von Verhandlungen mit den Alliierten erwartet werde.
Der Vorsteher des Eidgenössischen Volkswirtschaftsdepartements hat sich mit Schreiben vom 11. d.M.5 an Herrn Bundesrat Wetter gewandt und ihn gebeten, die von der Nationalbank in ihrer Eingabe aufgeworfenen Fragen im Bundesrat zur Sprache zu bringen, damit auch die Eingabe der Uhrenkammer ihre Erledigung finden könne.