Classement thématique série 1848–1945:
7. ATTITUDE DE LA SUISSE À L’ÉGARD DES JUIFS
7.1. ATTITUDE DES AUTORITÉS FÉDÉRALES FACE AUX JUIFS SUISSES
7.1.1. QUESTIONS DU CONSEILLER NATIONAL P. GRABER
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 14, doc. 165
volume linkBern 1997
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1552#2756* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1552 101 | |
Dossier title | Eingabe des israelitischen Gemeindebundes an den BR vom 8.12.1941 und Eingaben Privater (1941–1942) | |
File reference archive | B.34.9.05.10 • Additional component: Frankreich |
dodis.ch/47351 Le Ministre de Suisse à Vichy, W. Stucki, à la Division des Affaires étrangères du Département politique1 BEHANDLUNG DER SCHWEIZERISCHEN JUDEN IN FRANKREICH
Bezugnehmend auf unsere bisherige Korrespondenz, beehre ich mich Ihnen mitzuteilen, dass ich kürzlich mit dem Generalkommissär für Judenfragen in Frankreich, Herrn Xavier VALLAT, die ganze schwierige und delikate Frage der Behandlung der schweizerischen Juden in Frankreich2 einlässlich besprochen habe. Wie zu erwarten war, hat Herr Vallat meinen Hinweis auf den schweizerisch-französischen Niederlassungsvertrag von 18823, der ihm sehr wohl bekannt war, dahin beantwortet, dieser Vertrag sei längst gekündigt und friste, vielfach durchlöchert, nur noch ein bescheidenes Dasein, dem jederzeit auf 3 Monate ein Ende bereitet werden könne. Ganz abgesehen davon, dass es zum Mindesten sehr zweifelhaft sei, ob die Behandlung der schweizerischen Juden in Frankreich, die die gleiche ist, wie sie die französischen Juden selber erfahren, mit dem Vertrag im Widerspruch stehe, sei Frankreich gezwungen und entschlossen, viel eher den Vertrag zu opfern, als seine Judengesetzgebung, der es grosse Bedeutung beimesse. Frankreich wolle und müsse unter allen Umständen seine Wirtschaft von jedem jüdischen Einfluss befreien und werde sich auf diesem Wege durch nichts aufhalten lassen.
Ich wies darauf hin, dass unseres Erachtens die Gefahr bestehe, dass bei dieser Operation wichtige schweizerische Wirtschafts-Interessen von unserem Lande losgelöst und in französische Hände gespielt werden könnten. Wir hätten bestimmte Anzeichen für solche Tendenzen und dagegen insbesondere müssten wir uns ganz energisch zur Wehr setzen. Herr Vallat gab die Berichtigung dieses Standpunktes sofort zu und erklärte feierlich, er werde niemals die ihm anvertraute Aufgabe dazu missbrauchen lassen, wirtschaftliche Nebenziele zu verfolgen. Ich würde ihn jederzeit bereit finden, uns in der Wahrung unserer Wirtschaftsinteressen beizustehen, vorausgesetzt, dass diese schweizerischen Wirtschaftsinteressen weder direkt noch indirekt in jüdischen Händen lägen. Er sei bereit, in jedem einzelnen Falle einen von uns zu bezeichnenden «Observateur» zuzulassen, der entweder ihm, oder mir seine Bemerkungen, Befürchtungen und Vorschläge zukommen lassen könne und dem volle Einsicht in alle Verhältnisse gewährt würde. Ich wendete ein, dass hierin nur eine verhältnismässig schwache Garantie liege, wenn der «Administrateur» französischer Nationalität sei. Herr Vallat bestritt dies, da wir ja das Vorschlagsrecht hätten und Personen unseres Vertrauens bezeichnen könnten. Dies bot für mich die Gelegenheit die Frage aufzuwerfen, wie die in Frankreich lebenden Juden anderer als schweizerischer Nationalität behandelt würden. Vallat antwortete es würden alle Nationalitäten gleich behandelt, wogegen ich unter Hinweis auf die besonders enge schweizerisch-französische Freundschaft protestierte. Im Hinblick auf Ihr Schreiben4 an die schweizerische Gesandtschaft in Madrid erklärte ich, zu wissen, dass die spanischen Juden in Frankreich eine Vorzugsstellung besässen. Herr Vallat war sichtlich etwas verlegen und gab schliesslich zu, dass hieran etwas Wahres sei. Die Bevorzugung liege darin, erklärte er, dass er dem spanischen Botschafter versprochen habe, in besonders wichtigen Fällen durch gemeinsame Besprechungen besondere Lösungen zu suchen und insbesondere ausnahmsweise statt eines französischen, einen spanischen «Administrateur» zu ernennen, dem allerdings ein französischer «Observateur» beigegeben werde. Ich verlangte selbstverständlich sofort mit grösster Entschiedenheit die gleiche Behandlung und die gleichen Erleichterungen für unsere Juden. Herr Vallat hat dies zugestanden, dabei aber dringend verlangt, dass dieses Zugeständnis von unserer Seite absolut diskret behandelt werde. Ich sagte dies zu.
Auf meinen Wunsch hat mir Herr Vallat unsere Unterredung schriftlich bestätigt. Sie finden beiliegend Kopie des bezüglichen Briefes vom 14. Februar 19425. Sein letzter Absatz bezieht sich auf die Möglichkeit, in ausnahmsweise wichtigen Fällen einen schweizerischen «Administrateur» zu ernennen.
- 1
- Lettre: E 2001 (D) 2/101.↩
- 2
- Cf. No 134.↩
- 3
- RO, 1883, vol. 6, pp. 362-366.↩
- 4
- Non reproduit.↩
- 5
- En voici le texte: Comme suite à notre conversation du 12 Février, j’ai l’honneur de vous confirmer qu’il ne me paraît pas possible, étant donné l’importance et la portée générale de la loi du 22 Juillet 1941, tendant à éliminer l’influence juive de l’Economie française, de faire dans la désignation des administrateurs provisoires une exception formelle, même en faveur d’un pays qui soit aussi lié que la Suisse par des liens d’étroite amitié avec la France. Par contre, je trouve extrêmement légitime le souci que vous avez de voir l’Aryanisation économique française ne pas risquer de porter atteinte aux légitimes intérêts suisses en France. Je vous confirme donc que je suis très disposé, dans tous les cas où il s’agit d’entreprises juives appartenant à des juifs de nationalité suisse, d’accepter à côté d’un Administrateur provisoire désigné en vertu des pouvoirs que me confère la loi française, un observateur choisi par vous et spécialement chargé de la sauvegarde des intérêts suisses. J’ajoute que dans quelques cas particuliers qui vous intéresseraient d’une façon plus spéciale, je suis tout disposé à avoir avec vous un entretien sur les garanties supplémentaires qu’il me serait permis de vous donner (E 2200 Paris 23/1).↩
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Attitudes in relation to persecutions