Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
A. AVEC LES ÉTATS LIMITROPHES
2. France
2.2. Affaires économiques
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 13, doc. 247
volume linkBern 1991
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| Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E7800#1000/1961#153* | |
| Old classification | CH-BAR E 7800(-)1000/1961 20 | |
| Dossier title | Livraisons de métaux et matières premières français à la Suisse (1940–1940) | |
| File reference archive | 01.10.12 |
dodis.ch/47004
METALL-LIEFERUNGEN FRANKREICHS AN DIE SCHWEIZ.
Ich besuche Herrn Rüstungsminister Dautry um von ihm die Antwort zu empfangen auf das von mir am 15. Februar überreichte Memorandum2.
Herr Dautry bestätigt mir die das letzte Mal gemachten allgemeinen Angaben über die grossen Schwierigkeiten in der französischen Metallproduktion, die weitgehend durch das Ausbleiben des englischen Koks verursacht worden seien. Frankreich sei selber derartig knapp, dass es vollkommen ausgeschlossen sei, die schweizerischen Begehren - Lieferung der Bestellungsrückstände per 31. Dezember 1939 und monatliches Kontingent von 16000 Tonnen - zu erfüllen. Er könne überhaupt unter keinen Umständen auf die Garantierung bestimmter Monats-Kontingente eintreten. Er könne mir nur ganz allgemein erklären, dass er jeweils nach den gegebenen Verhältnissen die schweizerischen Bedürfnisse für die durch Frankreich in der Schweiz aufgegebenen Rüstungsbestellungen einerseits, sowie für die schweizerische Landesverteidigung anderseits, wohlwollend prüfen und nach Möglichkeit berücksichtigen werde. Für private kommerzielle Zwecke könne er gegenwärtig nichts in Aussicht stellen. Er sei zu dieser Haltung gezwungen, weil er auch die Bedürfnisse der französischen Rüstungs-Industrie nur teilweise berücksichtigen könne und auch für die französischen Privatinteressen gegenwärtig für viele Produkte nichts, oder nur Bruchteile der Bedürfnisse abgegeben werden könnten.
Ich antwortete dass diese Erklärung für uns ausserordentlich schwerwiegend sei und ich sie nur zur Weiterleitung an meine Regierung entgegennehmen könne. Jedenfalls müsse ich aber schon jetzt darauf aufmerksam machen, dass wir hinsichtlich des Rohmaterials für die französischen Aufträge in der Schweiz eine absolute und verbindliche Garantie verlangen müssten. Herr Dautry versprach schliesslich eine solche, unter der Bedingung, dass die Schweiz ihrerseits die Ausfuhr von zur Fabrikation zugelassenen französischen Aufträgen garantiere. Ich erklärte mich bereit, mich hiefür einsetzen zu wollen, allerdings unter dem selbstverständlichen Vorbehalt der höheren Gewalt.
Ich wies darauf hin, dass Frankreich noch im Rückstände ist mit Lieferungen die vor Kriegsausbruch bestellt worden sind und dass die Schweiz grosse, von der Mission Exbrayat gemachte Bestellungen ausgeführt hat, ohne die dazu notwendigen Rohmaterialien von Frankreich zu verlangen und zu erhalten. Herr Dautry bestreitet dies nicht, verweist aber einerseits auf die absolute Unmöglichkeit, diese grossen Lieferungen heute vorzunehmen und auf die Tatsache, dass er wesentliche Exporte nach der Schweiz gestattet hätte, ohne irgend eine Kompensations-Frage aufzuwerfen. Er stehe überhaupt auf dem Standpunkt, dass zwei Länder wie Frankreich und die Schweiz sich nicht gegenseitig immer eine Apotheker-Rechnung aufstellen sollten, sondern loyal und grosszügig die gegenseitigen Wünsche nach Massgabe der vorhandenen Möglichkeiten weitgehend zu berücksichtigen hätten3. Ich könne in dieser Hinsicht immer auf ihn zählen, da er sehr wohl wisse was die Schweiz und ihre Landesverteidigung für Frankreich bedeutet.
Herr Dautry gab zu, dass er den Metallexport nach der Schweiz am 22. Februar vorläufig habe einstellen lassen. Er sei bereit, nach Möglichkeit wieder Ausfuhrbewilligungen zu erteilen, wenn wir, statt an einem Monatskontingent festzuhalten, ihm sofort eine Liste unserer dringendsten Bedürfnisse unterbreiteten. Diese Liste müsste aufgestellt sein:
a) Materiallieferungen zur Ausführung französischer Aufträge in der Schweiz.
b) Schweizerische Landesverteidigung.
c) Private Bedürfnisse.
Ähnlich müsste auch in Zukunft verfahren werden:
Die Schweiz hätte ihm jeden Monat, geordnet nach den gleichen Kategorien, ihre dringendsten Bedürfnisse für den übernächsten Monat aufzugeben. Zu diesem Zwecke müsste jeweils ein schweizerischer Fachmann nach Paris kommen und die Begehren-Liste mit dem Rüstungsministerium diskutieren4.
Ich wies Herrn Dautry darauf hin, dass bei dieser äusserst prekären und für uns schwer erträglichen Situation, die Haltung der französischen Blokus-Delegation umso unverständlicher sei. Deutschland liefere uns nämlich grosse Mengen an Kohle, Eisen und Stahl, die wir nur entweder mit Devisen, oder mit Waren bezahlen könnten. Frankreich habe genau das gleiche Interesse wie wir an der Aufrechterhaltung dieser Bezüge einerseits, sowie an der Bezahlung durch Waren und nicht durch Devisen anderseits. Selbstverständlich seien aber die Deutschen nicht so naiv, an Zahlungsstatt für so wichtige Rohstoffe von der Schweiz Waren entgegen zu nehmen, an denen sie, die Deutschen, kein wesentliches Interesse besitzen. Gerade die Ausfuhr solcher Waren aber werde uns durch die Alliierten-Blockade-Politik ausserordentlich erschwert. Wenn man französischerseits auf diesem Standpunkt beharre, so werde die Folge zweifellos die sein, dass Deutschland seine Lieferungen an Kohle, Eisen und Stahl einstellt, oder wesentlich reduziert, oder aber zum Mindesten verlange, dass eingehendete Kontrolle darüber ausgeübt werde, dass diese Waren weder direkt noch indirekt für Lieferungen nach Frankreich verwendet werden. Dies wäre nicht nur eine wesentliche Schädigung der schweizerischen Wirtschaft, sondern auch die Verunmöglichung der Ausführung der französischen Aufträge in der Schweiz. Herr Dautry gab dies unumwunden zu und erklärte sich bereit, unsere Begehren um grössere Lieferungen unserer Boden-Produkte nach Deutschland beim Blokus-Minister zu vertreten.
Ich verwies endlich noch mit besonderem Nachdruck auf das Begehren unserer Kriegstechnischen Abteilung, betreffend Lieferung von oxydierfreiem Stahl zur Herstellung unserer Morane-Flugzeuge. Herr Dautry versprach diese Angelegenheit persönlich sofort zu prüfen und wenn möglich in unserem Sinne zu erledigen.
Vom Inhalt dieser Unterredung habe ich heute der schweizerischen Handelsdelegation mündlich, sowie Herrn Dr. Hans Sulzer telephonisch Kenntnis gegeben.
- 1
- E 7800 1/20. Verbal. Annotation d’Obrecht en haut et dans la marge: M. Péquignot. Herr Minister Stucki ist in Kenntnis zu setzen, dass wir am Samstag ungemeldet den Besuch des Herrn Alphand hatten und seither unter dem Eindruck stehen, wirtschaftl/ïc/ze/ Landesbedürfnisse sollten unter Dach gebracht werden können, und zwar innert der nächsten Tage.↩
- 2
- Non reproduit. Stucki demandait la livraison immédiate d’arriérés (métaux et charbon) à la Suisse.↩
- 4
- Obrecht a souligné ces deux lignes et a noté dans la marge: M. Stadler, Cossonay.↩
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