Classement thématique série 1848–1945:
II. LES RELATION BILATÉRALES ET LA VIE DES ÉTATS
II.19 PALESTINE
Abgedruckt in
Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 12, Dok. 480
volume linkBern 1994
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Archiv | Schweizerisches Bundesarchiv, Bern | |
▼ ▶ Signatur | CH-BAR#E2001D#1000/1554#227* | |
Alte Signatur | CH-BAR E 2001(D)1000/1554 19 | |
Dossiertitel | Situation en Paléstine (1936–1939) | |
Aktenzeichen Archiv | E.422 |
dodis.ch/46740 Le Gérant1 du Consulat de Suisse à Jaffa, C. Lutz, à la Division des Affaires étrangères du Département politique2 ZUR POLITISCHEN SITUATION IN PALÄSTINA
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Politische Reaktionen
Während die Juden in Palästina nach wie vor unerschüttert in Ihrer Wacht gegen den Terror stehen, sind sie im Moment im Lande mehr Beobachter der politischen Bühne als Akteure. Schon vor der Veröffentlichung des Woodhead-Berichtes war der Schwerpunkt der politischen Arbeit von Jerusalem nach London und New York verlegt worden, wo der Kampf um die weitere Gestaltung des Nationalheims weitergeht. Der Proteststurm, der sich in Amerika erhob, um gegen eventuelle Absichten der englischen Regierung, das Wachstum des Nationalheimes zu beschneiden, anzukämpfen, hat im Lande grossen Eindruck gemacht. Das Interesse von Roosevelt und die Anteilnahme amerikanischer Kreise, die sich für das Schicksal des jüdischen Palästina mitverantwortlich fühlen, die einzelnen Schritte der zahlreichen Organisationen sind mit angespannten Interesse verfolgt worden. Die Erklärung im englischen Parlament, dass Amerika weiterhin über die Absichten der Mandatsregierung im Lande informiert werden solle, wurde als ein wichtiger Erfolg der Bemühungen angesehen.
Mit dem Beginn der Aktionssitzung in London wandte sich die jüdische Aufmerksamkeit dahin. Die Veröffentlichung des Woodhead-Berichtes und die damit verbundene Regierungserklärung wurden im Lande wie bereits erwähnt mit leidenschaftlichem Interesse erwartet, aber da es sofort klar wurde, dass keine Entscheidung gefallen sei, verwandelte sich die einsetzende Diskussion über den Bericht von neuen in ein gespanntes Lauschen auf die Entwicklungen in London und die englischen Pressestimmen. Da die von England vorgeschlagene Konferenz schon Mitte Januar 1939 stattfinden soll, werden sowohl im jüdischen wie auch im arabischen Lager ernsthafte Versuche gemacht, sich auf ein positives Programm zu einigen, welches zu einer endlichen Lösung des sich immer schwieriger gestaltenden Palästinaproblems führen könnte.
Seit der Veröffentlichung des Woodhead-Berichtes und der darauffolgenden Regierungserklärung haben in Deutschland Ereignisse stattgefunden, welche es notwendig machen, sofort für eine weitere halbe Million Juden Einwanderungsmöglichkeiten zu schaffen. Diese verschärfte Notlage der Juden Zentraleuropas hat einen weltweiten Proteststurm gegen die Haltung der englischen Regierung, die Tore Palästinas weiterhin geschlossen zu halten (die halbjährliche Einwanderungsquote beträgt rund 5000, während bei der Behörde in Jerusalem allein über 60000 Gesuche vorliegen), ausgelöst. Diese sieht sich dabei vor die Alternative gestellt, die Einwanderung nach Palästina freizugeben, oder die Erfolgsaussichten der Londonerkonferenz im Voraus zu beeinträchtigen, wenn nicht gar zu sabotieren. Und doch ist selbst für den neutralen Bewohner Palästinas die Tatsache in die Augen springend, dass diesem menschenleeren, durch 500jährige türkische Misswirtschaft zur Halbwüste gewordenen Lande, nichts Besseres widerfahren könnte als ein starker Zustrom von Menschen, von dem Willen beseelt, aus diesem in Zerfall geratenen Gebiet wieder ein kulturelles Land zu schaffen. Dies alles könnte geschehen ohne Beeinträchtigung der Rechte der arabischen Bevölkerung, die übrigens unter der Türkenherrschaft herzlich wenig Berücksichtigung fanden. Bekanntlich hatte Palästina zu biblischen Zeiten eine Einwohnerzahl von mehreren Millionen. Vielleicht erkennt die christliche Welt eines Tages, wie weit sie vom Geiste der Kreuzfahrer abgerückt ist, indem sie sich hinsichtlich der Palästina-Politik mit dem Islam gegen die Judenheit associert und lieber ihm das Heilige Land überlassen würde. Denn dass das Problem um Palästina von religiösen Momenten nicht trennbar ist und immer im Zusammenhang mit diesen behandelt werden muss, ergeht wiederum aus der Rede des britischen Kolonialministers MacDonald vom 24. November, worin er ausführt:
«Wenn ich mich der Palästinafrage zuwende, empfinde ich stets tiefe Ehrfurcht. Von Kindheit auf habe ich über Palästina gehört. Von jeher erzählte man mir biblische Geschichten über Nazareth, Galilea, Jerusalem und Bethlehem, wo der Friedensfürst geboren wurde. Das Parlament hat in seiner langen Geschichte viele edle Aufgaben erhalten. Aber niemals war eine so heilig wie die, Frieden und Vertrauen im heiligen Lande wieder herzustellen.»
Möchte diesem von blutigen Unruhen so tief erschütterten Lande bald der Mann erstehen, der dieser edlen Aufgabe gewachsen ist.
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