Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 12, doc. 190
volume linkBern 1994
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1552#77* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/1552 5 | |
Dossier title | Landbote, Winterthur (1937–1940) | |
File reference archive | A.15.42.12.029 |
dodis.ch/46450 Le «Demokratische Partei» du Canton de Zurich au Chef du Département politique, G. Motta1
Auf Antrag der Chefredaktion des «Landboten» in Winterthur hatte sich der Leitende Ausschuss der Demokratischen Partei des Kantons Zürich mit Ihrem Schreiben vom 10. Januar2 zu befassen, in dem Sie sich auf einen Artikel des «Popolo d’Italia» und einen Schritt des italienischen Gesandten in Bern wegen des am 28. Dezember 1937 im «Landboten» veröffentlichten Artikels «Italien von innen» berufen. Sie stellen fest, dass die Ausdrücke «weich» und «feminin» nicht nur nach italienischer, sondern auch nach gut schweizerischer Auffassung beleidigend seien und dass der Artikel überdies wegen der allgemeinen, für das heutige Italien ausgesprochen unfreundlichen Tendenz beanstandet werden müsse.
Der Leitende Ausschuss der Demokratischen Partei des Kantons Zürich vermag Ihre Auffassung nicht zu teilen. Der Artikel vom 28. Dezember entstammt, wie uns der Chefredaktor des «Landboten», Herr O. Hürsch, versichert, der Feder eines in Italien ansässigen gelegentlichen Mitarbeiters. Er ist keineswegs «ausgesprochen unfreundlich», lässt im Gegenteil sowohl dem italienischen Volke, als auch dem fascistischen Regime durchaus Gerechtigkeit widerfahren. Sie beanstanden jedoch insbesondere den folgenden Satz: «Ist es wirklich gelungen, dieses weiche, liebenswürdige, feminine und unkriegerische Volk zu einer Nation abgehärteter, mannhafter Helden umzuschmelzen? » Aus dem Worte «liebenswürdig», aber auch aus dem ganzen Zusammenhang klingen warme Töne der Sympathie. Der Verfasser ist von der Friedensliebe des italienischen Volkes überzeugt und gibt diesem Empfinden Ausdruck. Friedensliebe ist für unser demokratisches Fühlen eine Tugend, nicht ein Makel. Wenn der italienische Regierungschef anders denkt, so ist das sein gutes Recht. Auf jeden Fall aber haben wir uns nicht seiner Lebensauffassung anzupassen und hat sich die Schweizerpresse nicht seiner Denkweise anzuschmiegen. Wir geben zu, dass der Verfasser mit dem Worte «feminin» einen Ausdruck wählte, der das, was er sagen und dem Leser nahebringen wollte, ziemlich nachdrücklich unterstreicht. Aber von einer Beleidigung kann deshalb nicht die Rede sein, weil der Verfasser die wahre Natur des italienischen Volkes liebt. Die Tatsache, dass dem italienischen Regierungschef gerade dieser Satz Anlass zu einem Artikel bot, ist sicher kein Zufall. Sie bestätigt nach unserer Auffassung die Richtigkeit der Überlegungen des Verfassers.
Sie berühren sodann in Ihrem Schreiben einen Artikel des Bundesstadt-Mitarbeiters des «Landboten» vom 11. November über die Tagung der Schweiz. Vereinigung für den Völkerbund. In diesem Bericht zitierte Herr Tung das von einem Redner verwendete Gleichnis von den Vegetariern und den Menschenfressern. Es trifft indessen nicht zu, dass die Diktaturstaaten mit Menschenfressern verglichen wurden. Wer das aus der in Frage stehenden Stelle herauslesen will, tut der deutschen Sprache Gewalt an. Wir müssen uns an das halten, was gesagt und nachher geschrieben wurde, nicht an das, was mimosenhafte Empfindlichkeit in einen Bericht hineinzwängen möchte.
Bei allem Verständnis für die Notwendigkeiten, die sich aus unserer Neutralität ergeben, müssen wir, geehrter Herr Bundesrat, feststellen, dass Sie mit Ihrem Schreiben an den «Landboten» die Pressfreiheit in ihrem Kerne verneinen3. Diese grundsätzliche Bedeutung Ihrer Stellungnahme zwang uns, die Angelegenheit zur unsrigen zu machen. Sie verbietet uns aber auch, die Sache einfach auf sich beruhen zu lassen. Wir haben den Chefredaktor des «Landboten» ersucht, den beanstandeten Artikel der konsultativen Pressekommission vorzulegen. Entweder sind die oben wiedergegebenen Ausdrücke beleidigend, dann war und ist die Kommission zuständig, oder aber sie hielten sich im Rahmen des Zulässigen, dann erscheint Ihre im Schreiben vom 10. Januar ausgesprochene Rüge doch wohl etwas unangebracht. Wir möchten nicht missverstanden sein. Es steht auch nach unserem Empfinden der Schweizerpresse überaus schlecht an, die Regenten und die Regierungssysteme ausländischer Staaten mit Schmähungen zu überhäufen. Wenn unsere Blätter glauben Kritik üben zu müssen, soll es in anständiger und jederzeit vertretbarer Form geschehen. Wir haben es beispielsweise als ausserordentlich stossend empfunden, wie die frontistische Presse den französischen Ministerpräsidenten Blum Tag um Tag beschimpfen und besudeln durfte. Es ist uns nicht bekannt, inwieweit das Eidgenössische Politische Departement damals zum Rechten zu sehen sich beeilte.
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