Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
15. Italie
15.1. Relations commerciales et financières et accord de clearing
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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 11, doc. 221
volume linkBern 1989
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
Cote d'archives | CH-BAR#E1004.1#1000/9#13190* | |
Titre du dossier | Beschlussprotokoll(-e) 14.04.-17.04.1936 (1936–1936) |
dodis.ch/46142 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 17 avril 19361 658. Italien. – Clearingvertrag. Transferabkommen
Procès-verbal de la séance du 17 avril 19361
Durch seinen Beschluss vom 21. Februar ds. Js.2 hat der Bundesrat eine Delegation nach Rom abgeordnet, mit dem Aufträge, den Transfer des Zinsendienstes der schweizerischen Kapitalanlagen in Italien im Rahmen des Clearingvertrages vom 3. Dezember 19353 durch ein Abkommen zu regeln. In diesem Transferabkommen sollte der Begriff des schweizerischen Besitzes, die Gläubigerqualität, der Charakter der transferierbaren Ansprüche, die eventuelle Ausstellung von Funding-Bonds und die Organisation des gesamten Auszahlungsdienstes an Finanzgläubiger geordnet werden4.
Die Delegation, welche ausserdem, entsprechend dem bereits erwähnten Bundesratsbeschluss vom 21. Februar 1936, eine ganze Reihe von Begehren auf handelspolitischem Gebiete zu vertreten hatte, nahm die Verhandlungen am 24. Februar in Rom auf.
Da sich die schweizerische Delegation zum Ziele gesetzt hatte, ausser der erwähnten Regelung des Zinsendienstes auch noch, wenn irgendwie möglich, von Italien freie Devisen für die im Finanzdienst aufgelaufenen Rückstände sowie freie Devisen für die in der Schweiz begebenen und zur Auszahlung gelangenden Anleihen für jenen Teil der Zinsen zu erhalten, der aus Clearingmitteln nicht bestritten werden konnte, ergab sich von Anfang an für die Delegation eine ziemlich schwierige Lage, insofern, als für die Durchsetzung dieser Begehren einzig und allein an den guten Willen Italiens appelliert werden konnte, während irgendwelche Konzessionen schweizerischerseits nicht zu offerieren waren. Aus taktischen Gründen hatte die Delegation in ihrem Vertragsentwürfe ausserdem die Bestimmungen aufgenommen, dass nicht bloss für die in der Schweiz begebenen Anleihen, sondern für die Gesamtheit der schweizerischen Zinsansprüche der nicht im Clearing transferierbare Teil der Zinsen mit freien Devisen reguliert werden müsse. Diese Forderung war allerdings kaum vertretbar, nachdem sich die Italiener bei den Novemberverhandlungen5 absolut dagegen gesträubt hatten, den Zinsendienst ausserhalb nur auf der Basis der Einbeziehung der Zinsen in den Clearing abschliessen wollten. Das, wie gesagt, aus taktischen Gründen vorgebrachte Begehren der schweizerischen Delegation hatte immerhin den Erfolg, dass von den Italienern die Zustimmung zu einer fast unbeschränkten Verwertungsmöglichkeit in Italien der im Clearing nicht transferierbaren Zinsbeträge erlangt werden konnte.
Für die Erlangung von freien Devisen für die Rückstände im Zinsendienst, die erst seit Abschluss des Clearingvertrages am 3. Dezember v. Js. festgestellt wurden und sich insgesamt auf rund 3,8 Millionen Franken belaufen, führte die schweizerische Delegation einen äusserst hartnäckigen Kampf. Erst bei Abschluss der Verhandlungen, als alle Bemühungen, auch an höchsten Stellen, erfolglos geblieben waren, musste schliesslich, um mit Italien überhaupt zu einer Einigung zu kommen, auf die Bezahlung der Rückstände in freien Devisen verzichtet werden. Als Gegenleistung war es jedoch möglich, von den Italienern die Zustimmung zu einer sogenannten Meistbegünstigungsklausel zu erlangen, welche von der italienischen Delegation bis zuletzt hartnäckig abgelehnt worden war. Auf Grund dieser Meistbegünstigungsklausel verpflichtet sich Italien6, für die in der Schweiz begebenen und zahlbaren Anleihen die nötigen Beträge in freien Devisen zur Verfügung zu stellen, welche zur 100%igen Auszahlung der schweizerischen Gläubiger erforderlich sind. Als Meistbegünstigungsklausel ist diese in Art. 13 des Abkommens niedergelegte Bestimmung während der Verhandlungen bezeichnet worden, weil man von den Italienern die volle Honorierung dieser Anleihen mit Rücksicht darauf verlangte, dass Italien seine Anleihensverpflichtungen in Amerika in vollem Umfange erfüllt. Obwohl von seiten der italienischen Delegation und der italienischen Regierungsstellen immer wieder darauf hingewiesen wurde, dass das Verhältnis zu Amerika nicht mit demjenigen zu der Schweiz verglichen werden könne, wobei man auch besonders durchblicken liess, dass Amerika auch heute noch an Italien gewisse Kredite gewähre, so konnte schliesslich von Italien erlangt werden, dass die in der Schweiz begebenen Anleihen solange voll honoriert würden, als dies mit Anleihen geschehe, welche in ändern Ländern begeben worden sind; es handelt sich, wie bemerkt, um die Vereinigten Staaten von Amerika.
Die Zustimmung der italienischen Delegation zu dieser Verpflichtung konnte schlussendlich durch unsern Verzicht auf die Bezahlung der Rückstände in freien Devisen erkauft werden. Rein wertmässig heben sich der schweizerische Verzicht auf die Bezahlung der schweizerischen Rückstände in freien Devisen und die italienische Zustimmung zur vollen Honorierung der in der Schweiz begebenen Anleihen ungefähr auf. Der von Italien aufzubringende Betrag an freien Devisen bei einer Transferregelung auf Basis von 40% der schweizerischen Zinsguthaben beläuft sich für die drei in Frage stehenden Anleihen
7% Società Adriatica di Elettricitä
7% Società Méridionale di Elettricitä
672% Società Idroelettrica Piemonte
auf rund 3,9 bis 4 Millionen pro Jahr. Wenn die schweizerische Delegation trotz alledem mit der grössten Hartnäckigkeit an der Regelung der Rückstände durch freie Devisen festgehalten hat, so geschah es in der Hoffnung, dass die 100%ige Honorierung der vorstehend erwähnten drei Anleihen für Italien eine Prestigefrage bedeute und infolgedessen vielleicht noch neben der Regelung der Rückstände durchgedrückt werden könnte.
Es sei bei dieser Gelegenheit bemerkt, dass die erforderlichen Devisen in der Höhe von rund 1,9 Millionen Franken für die Regelung der Halbjahrescoupons vom 1. April an diesem Datum von Italien pünktlich zur Verfügung gestellt wurden, sodass diese drei Anleihen in vollem Umfange an die schweizerischen Gläubiger zur Auszahlung gelangen können.
Die genannte Summe von 1,9 Millionen Franken stellt, wie bereits ausgeführt, die Differenz zwischen der Gesamthöhe des Halbjahrescoupons und demjenigen Betrage dar, welcher durch den Clearing befriedigt werden kann. Zu bemerken ist auch noch, dass diese Summe nur denjenigen Gläubigern zustatten kommt, welche die Qualität des schweizerischen Gläubigers aufweisen, d.h. also in der Schweiz ihren dauernden Wohnsitz haben und am 10. Dezember v. Js. im Besitze der betreffenden Titel waren. Daneben entrichtet Italien zur vollständigen Honorierung der genannten drei Anleihen noch weitere rund 400 000 Franken, die an nicht in der Schweiz domizilierte Gläubiger gehen und somit im Clearing keine Berücksichtigung finden können. Nach den Feststellungen der Banken dürfte sich jedoch der grösste Teil auch dieser Titel in Depots bei schweizerischen Banken befinden, sodass auch diese Beträge schliesslich der schweizerischen Volkswirtschaft zustatten kommen.
Das Transferabkommen stellt seiner Natur nach eine Anlage und Ergänzung des Clearingvertrages vom 3. Dezember 1935 dar, wie dies auch beim deutschen Transferabkommen7 der Fall ist, welches zum Unterschied vom vorgelegten italienisch-schweizerischen Transferabkommen gleichzeitig mit dem Clearingvertrage abgeschlossen und unterzeichnet worden war.
Mit Rücksicht auf gewisse Erfahrungen, die seit Bestehen des Clearingvertrages gemacht wurden, sind die im Clearing zu transferierenden Ansprüche genau formuliert worden.
Daneben wird genau fixiert, wer als schweizerischer Gläubiger im Clearing Berücksichtigungen finden kann und in welcher Weise die Affidavits auszustellen sind, welche die schweizerische Gläubigerqualität und den Anspruch auf Berücksichtigung im Clearing zu beweisen haben.
Art. 3 gibt der schweizerischen Verrechnungsstelle die Möglichkeit, Holdingund Finanzgesellschaften, welche an und für sich die schweizerische Gläubigerqualität besitzen würden, von der Benützung des Clearings auszuschliessen, wenn die für solche Gesellschaften zu überweisenden Beträge tatsächlich nicht der schweizerischen Volkswirtschaft zugeführt werden. Diese Bestimmung ist auf Grund der Erfahrungen, die man im Clearingverkehr mit Deutschland8 machen musste, in das italienisch-schweizerische Transferabkommen aufgenommen worden, was übrigens nicht ohne heftigsten Widerstand der italienischen Delegation gelungen ist.
Die Art. 4, 5 und 6 enthalten gewisse Ausnahmen von den Grundbestimmungen betreffend die Berechtigung auf die Beanspruchung des Clearings, Ausnahmen, die aus Billigkeitsgründen festgelegt werden mussten.
Art. 7 ist die Frucht sehr eingehender Diskussionen mit der italienischen Delegation. Nachdem die Entwicklung der italienischen Einfuhr in die Schweiz eine gänzliche Auszahlung der schweizerischen Finanzgläubiger im Rahmen der ihnen zustehenden 20% nicht erlaubt, handelte es sich darum, ein möglichst praktisches System zu finden, um eine reibungslose Auszahlung desjenigen Betrages zu ermöglichen, welcher im Clearing überwiesen werden kann. Nach langen Diskussionen und eingehender Prüfung ist man schliesslich dazu gelangt, die beste Lösung in der Festsetzung einer prozentualen Quote des im Clearing zu überweisenden Betrages zu finden; diese prozentuale Quote soll zu Beginn eines jeden Clearingjahres im gemeinsamen Einvernehmen zwischen der Schweizerischen Verrechnungsstelle9 und dem italienischen Istituto Nazionale per i cambi con l’Estero vereinbart werden.
Auf Grund der Entwicklung der Einzahlungen in Zürich in den ersten drei Monaten seit Bestehen des Clearings ist die Quote noch während den Verhandlungen in Rom auf 40% angesetzt worden. Danach erhält also ein schweizerischer Finanzgläubiger, der in Italien einen Zinsanspruch von Fr 100.– hat, Fr 40.– im Clearing ausbezahlt, während Fr 60.– in Italien zu belassen sind.
Der nicht im Clearing transferierbare Teil der Guthaben kann nach Belieben des Gläubigers auf einer italienischen Bank entweder auf ein «Compte de réinvestissement» oderaufein «Compte personnel» einbezahlt werden10. Die auf dem «Compte de réinvestissement» einbezahlten Beträge dürfen verwendet werden für den Ankauf von landwirtschaftlichen oder städtischen Grundstücken, für Anbauten, Verbesserungen und Einrichtungen in bereits bestehenden Grundstücken, für den Erwerb von Titeln, ferner für die Gewährung von Darlehen mit oder ohne hypothekarische Sicherheit und schliesslich für den Ankauf von Kunst- und Einrichtungsgegenständen, die jedoch nur für den persönlichen Gebrauch in Italien erworben werden dürfen (aus Clearinggründen konnte die Einfuhr solcher mit Finanzguthaben erworbenen Gegenstände in die Schweiz nicht gestattet werden).
Durch eine besondere Bestimmung in den Anleitungen, welche die Verrechnungsstelle herausgegeben hat, wird besonders darauf hinzuweisen sein, dass beim Erwerb von italienischen Titeln der Ankauf von Titeln staatlicher Anleihen wegen des Bundesratsbeschlusses vom 12. November 193511 über die in Ausführung des Art. 1612 des Völkerbundsvertrages gegenüber Italien zu ergreifenden finanziellen Massnahmen nicht statthaft ist.
Die auf dem «Compte personnel» liegenden Beträge können für Reisezwecke in Italien, für den Unterhalt von in Italien gelegenen Grundstücken, für die Bezahlung von Taxen, Steuern und Mieten, für die Ausrichtung von Unterstützungen, sowie für die Bezahlung von Honoraren und Gehältern von Angestellten Verwendung finden. Immerhin wird die Schweizerische Verrechnungsstelle für die Verwendung der auf dem «Compte personnel» liegenden Gelder eine genaue Kontrolle ausüben, um zu verhindern, dass clearingpflichtige Zahlungen mit Hilfe solcher Gelder aus dem «Compte personnel» beglichen werden.
Die Verwendung der nichttransferierbaren Zinsguthaben ist somit, wie aus den vorstehenden Bestimmungen hervorgeht, eine beinahe unbeschränkte, was für die Finanzgläubiger eine entschiedene Erleichterung darstellt.
Art. 10 enthält gewisse Detailbestimmungen über die Eröffnung der «Comptes de réinvestissement», sowie die Übertragung der Beträge von einem Konto auf das andere.
Schwierige und hartnäckige Diskussionen waren erforderlich, ehe die beiden Delegationen sich schliesslich auf die Formulierungen von Art. 11 einigen konnten. Da Italien bis zum heutigen Tage kein Transfermoratorium erlassen hat, jeder ausländische Gläubiger somit auf rechtlichem Wege die Eintreibung einer fälligen Schuld durchführen konnte, stellte sich die italienische Regierung auf den Standpunkt, dass Kapitalanlagen, die fällig wurden, im Clearing transferiert werden müssen. Trotz der notorisch feststehenden Tatsache, dass die Clearingbeträge bei weitem nicht genügen würden, um ausser den Zinsen auch noch eventuelle Kapitalien zu transferieren, beharrte die italienische Delegation darauf, auch Kapitalfälligkeiten, wenigstens soweit sie in regelmässigen Amortisationen zurückbezahlt werden sollten, im Clearing zu transferieren. Nach langen und sehr schwierigen Verhandlungen gelang es schliesslich, in Art. 11 eine Formulierung zu finden, welche die Beanspruchung des Clearings für Kapitaltransferierungen ausschliesst, anderseits aber auch ein gerichtliches Vorgehen gegen den italienischen Schuldner verhindern wird. In diesem Artikel wird festgelegt, in welcher Weise Kapitalfälligkeiten beim ursprünglichen Schuldner belassen werden können, oder wunschgemäss eventuell auf ein «Compte personnel» oder ein «Compte de réinvestissement» einbezahlt werden dürfen.
Art. 12 sieht die Möglichkeit besonderer Berücksichtigung notleidender schweizerischer Gläubiger in Härtefällen vor.
Art. 13 garantiert die Zuteilung von freien Devisen bei den drei in der Schweiz begebenen und zahlbaren italienischen Anleihen.
Art. 14 schliesslich enthält die Bestimmungen über die Dauer und die Kündigungsmöglichkeiten des Transferabkommens.
Das Abkommen ist am 3. April 1936 paraphiert worden und soll in einem späteren Zeitpunkte mit dem Chef der italienischen Regierung unterzeichnet wer[...]
Das ganze Abkommen kann angesichts der Entwicklung, welche die schweizerisch-italienische Zahlungsbilanz genommen hat, wohl als günstig bezeichnet werden.
Antragsgemäss wird beschlossen:
Dem Abkommen13 zwischen der Schweiz und Italien betreffend die Anwendung des Vertrages vom 3. Dezember 1935 auf die Finanzforderungen wird die Genehmigung erteilt.
- 2
- Cf. nP 211.↩
- 3
- Cf. no 190.↩
- 4
- Cf. no 216+ A.↩
- 5
- Cf. no 183.↩
- 6
- Cf. Accord entre la Confédération Suisse et le Royaume d’Italie concernant l’application de l’Accord du 3 décembre 1935 aux paiements afférents aux créances financières, signé à Rome le 3 avril 1936 (RO, 1936, vol. 52, pp. 470ss.).↩
- 8
- Cf. n. 7 ci-dessus.↩
- 9
- Cf. no 211, n. 4.↩
- 10
- Cf. articles 9 et 10 de l’accord du 3 avril (RO, 1936, vol. 52, pp. 474–475).↩
- 11
- Cf. no 174, n. 5.↩
- 12
- Cf. no 145, n. 5.↩
- 13
- Cf. n. 6 ci-dessus.↩
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