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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 11, doc. 169
volume linkBern 1989
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
Segnatura | CH-BAR#E7110-02#1000/1065#334* | |
Titolo dossier | Sanktionen, Allgemeines (1935–1935) | |
Riferimento archivio | 8.9.5 • Componente aggiuntiva: International |
dodis.ch/46090
Wie ich vernommen habe, soll am nächsten Montag in einer Bundesratssitzung2 zu der Frage des Waffenexportes nach Italien und Abessinien beschlussfassend Stellung genommen werden. Nach einer mir gestern Abend von Herrn Direktor Frey der Schweizerischen Industrie Gesellschaft Neuhausen gemachten telephonischen Mitteilung besteht die Gefahr, dass durch diesen Beschluss nicht nur die Waffenausfuhr nach Italien im Sinne der Sanktionsmassnahmen des Völkerbundes verboten wird, sondern auch die Waffenausfuhr nach Abessinien unter dem Gesichtspunkt der absoluten Wahrung der schweizerischen Neutralität.
Ich erlaube mir nun, Ihnen, hochgeehrter Herr Bundesrat, nochmals vorzustellen, dass ein solches Ausfuhrverbot die Interessen der schweizerischen Industrie nicht unbeträchtlich schädigen würde und möchte Ihnen dazu nochmals kurz folgende Daten anhand geben:
Die Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon und Schweizerische Industrie-Gesellschaft Neuhausen haben seit dem Jahre 1928 mit Erfolg versucht, in Abessinien Fuss zu fassen3. Oerlikon hat in den Jahren 1929 bis 1934 26 Stück 2 cm. Waffen mit Munition im Gesamtbetrage von ca. 8 Millionen Franken geliefert und Neuhausen ca. 60 Maschinengewehre.
Vom Mai bis Dezember 1934 befanden sich 20 junge Abessinier in Oerlikon4, die der Kaiser unter der Führung unseres Vertreters5 gesandt hatte, damit sie in Oerlikon und in Neuhausen mit der Handhabung der bereits bezogenen Waffen näher vertraut gemacht würden, vor allem auch mit Rücksicht auf weitere Aufträge, die der Kaiser willens war zu tätigen.
Unser Vertreter hat die 22 Leute Ende Dezember 1934 nach Addis-Abeba zurückbegleitet und während seines Aufenthaltes drüben mit dem Negus persönlich über eine neue Bestellung auf 10 Stück 20 mm Oerlikongeschütze für Tankund Fliegerabwehr mit 20 000 Schuss Munition verhandelt. Leider zögerte sich die offizielle Erteilung der Bestellung bis Anfang Juni 1935 hin. Am 11. Juni erhielten wir den Auftrag aus Addis-Abeba auf das vorbezeichnete Material in telegraphischer Form. Eine kurzfristige Erledigung des Auftrages war aber mangels Vorrat nicht möglich, und wir mussten die Lieferung vorsehen aus einer grossen Serie von 200 Stück, die wir im Juli dieses Jahres aufgelegt haben, und aus welcher 128 Stück für Lieferungen nach der CSR bestimmt sind. Für diese Serie haben wir an andere Firmen in der Schweiz Arbeit bezw. Aufträge im Umfang von annähernd drei Millionen Schweizerfranken vergeben, ferner haben wir unsere Belegschaft auf über 600 Köpfe erhöht, das heisst nahezu verdoppelt.
Ende Juli dieses Jahres hat mir Herr Oberst Fierz mitgeteilt, dass er von hoher Stelle (offensichtlich von Herrn Bundesrat Motta) ersucht worden sei, bei uns anzuregen, dass Lieferungen von Kriegsmaterial nach Abessinien möglichst unterbleiben sollten. Dieser Wunsch von Herrn Bundesrat Motta war offenbar zurückzuführen auf durch die italienische Gesandtschaft in Bern erhobenen Vorstellungen6. Ich habe daraufhin Herrn Oberst Fierz über unsere Situation informiert und ihm erklärt, dass die Frage im Augenblick für uns noch nicht akut sei, da wir das bestellte Material sowieso nicht vor frühestens Oktober liefern könnten. Inzwischen hoffte ich auf eine Klärung der Waffenlieferungsfrage durch die Intervention des Völkerbundes, die inzwischen ja Tatsache geworden ist7.
Es haben in dieser Zeit auch Verhandlungen zwischen dem Politischen Departement und der S. I. G. Neuhausen stattgefunden8, und ich habe in deren Verlauf Herrn Direktor Frey dieser Gesellschaft ermächtigt, Herrn Bundesrat Motta zu erklären9, dass wir in der Frage der Waffenausfuhr nach Abessinien nicht gegen ausdrücklichen Wunsch des Bundesrates handeln würden, um ein offizielles und mehr oder minder generelles Waffenausfuhrverbot nach kriegsführenden oder in Kriegsgefahr befindlichen Staaten zu verhindern.
Am Dienstag, den 15. Oktober erklärte Herr Bundesrat Motta Herrn Direktor Frey nach einer Bundesratssitzung, in der die Sanktionsfragen behandelt wurden, dass die Firmen nun in Bezug auf die Waffenausfuhr nach Abessinien frei seien, worauf Herr Dir. Frey sofort Verhandlungen über eine seiner Firma angebotene Bestellung nach Abessinien aufnahm, während wir nun in Bezug auf die Möglichkeit der Ausführung der uns vorliegenden Bestellung beruhigt waren. Wenige Tage darauf hat indessen Herr Minister de Stoutz Herrn Direktor Frey wieder eine Änderung der Marschroute aufgegeben, dahingehend, dass die Frage der Waffenausfuhr nach Abessinien doch noch nicht endgültig abgeklärt sei. Ganz neuerdings scheint die Sache nun so zu laufen, dass man doch vom Politischen Departement aus ein offizielles Ausfuhrverbot nach beiden kriegsführenden Ländern in Vorschlag bringt und bei der Bundesratssitzung am Montag beschliessen lassen wird.
Nachdem meine Firma inzwischen Mittel und Wege gefunden hat, um die Lieferung nach Abessinien auch ohne eine offizielle schweizerische Ausfuhrlizenz zu effektuieren, sodass also eine Belastung der schweizerischen Regierung gegenüber Italien auf alle Fälle vermieden würde, kämen wir durch dieses offizielles Ausfuhrverbot in eine recht fatale Lage. Meine Firma hat jeden Monat an Löhnen, Gehältern und Lieferanten-Rechnungen über eine halbe Million Franken zu bezahlen. Sie kann es sich daher nicht leisten, auf die Ausführungen von Aufträgen, die nicht einmal den Direktiven des Völkerbundes10 zuwiderlaufen, sondern damit sogar im Einklang sind, zu verzichten. Der Gegenwert des abessinischen Auftrages, der bis auf einen kleinen Rest bereits bei der Kreditanstalt in Zürich deponiert ist, wird uns gestatten, den Geldbedarf eines ganzen Monats zu decken.
Ein einseitiges Waffenausfuhrverbot nach Italien im Sinne der Sanktionsvorschläge des Völkerbundes würde die schweizerische Industrie nicht erheblich treffen, da Lieferungen von ausgesprochenem Kriegsmaterial in erheblichem Umfange nach Italien sowieso kaum in Betracht kommen. Ein Hinausgehen der Schweiz über die Sanktionsvorschläge des Völkerbundes aber würde uns und andere schweizerische Industriefirmen und damit die schweizerische Wirtschaft überhaupt, die heute ohnehin genug zu kämpfen hat, ganz unmittelbar schädigen. Aus diesen Gründen hoffe ich, hochgeehrter Herr Bundesrat, dass es Ihnen möglich ist, sich gegen den Beschluss eines offiziellen Ausfuhrverbotes von Kriegsmaterial nach Abessinien einzusetzen.
- 1
- Lettre: E 7110 1/77. Express Waffenausfuhr nach Abessinien.↩
- 2
- Cf. no 172 + Al.↩
- 3
- Cf. nos 56, 90 et surtout 115.↩
- 4
- Cf. no 36.↩
- 6
- Cf. aide-mémoire remis le 16 juillet 1935 au DPFpar le ministre d’ItalieG. Marchi: ' D’après des renseignements de bonne source il résulte que la fabrique d’armes de Oerlikon, laquelle est en relation avec la Légation d’Ethiopie à Paris, a fait connaître à la Légation même, qu’elle tient prête pour la livraison, qui pourra s’effectuer incessamment, une commande d’armes et de pièces d’armes, que lui avait été passée par le Gouvernement éthiopien. Le Gouvernement italien, se référant aux assurances données verbalement par S. E. Motta au Ministre d’Italie à Berne, s’attend du Gouvernement Fédéral qu’il prenne les mesures prises en des cas analogues par d’autres Pays sur la demande de l’Italie et qu’il empêche que la commande d’armes en question soit livrée à l’Ethiopie (E 2001 (C) 4/142).↩
- 7
- Cf. no 160, n. 5.↩
- 8
- Cf. en particulier la lettre de G. Motta à la Sch weizerische Industrie- Gesellschaft, du 19 juillet, et la lettre de cette société au DPF, du 25 juillet 1935 (E 2001 (C) 4/142).↩
- 10
- Cf. n. 6 ci-dessus.↩
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Conferenza del disarmo di Ginevra (1932–1934)