dodis.ch/46071
Notice du Chef de Section de la Division des Affaires étrangères du Département politique,
F. Kappeler, pour le Chef du Département politique,
G. Motta1
Im Dezember 1934 fand in Montreux ein internationaler Kongress der Faszisten statt2, ohne dass vorher den zuständigen schweizerischen Behörden die Absicht, diesen Kongress abzuhalten, bekanntgeworden war. Das Verhalten einzelner Teilnehmer, u. a. auch des Kongress-Sekretärs Dr. Baroni, gab auch sonst zu Klagen Anlass, weshalb die Schweizerische Gesandtschaft in Rom mit Vorstellungen beauftragt wurde. Herr Minister Wagnière hat Herrn Staatssekretär Suvich ein Aide-Mémoire übergeben3, in dem auch Klage darüber geführt wurde, dass die Bundesregierung von den Organisatoren von dem Plan nicht verständigt worden war. Herr Suvich stellte in Aussicht, dass er dies geeignetenorts zur Sprache bringen wolle.
Trotzdem wurde vom 8. bis 13. September 1935 ein neuer Kongress gleicher Art abgehalten, wobei wiederum den schweizerischen Behörden diese Absicht verschwiegen wurde. Die Zimmer für die italienischen Teilnehmer, General Eugen Coselschi und Dr. Guido Baroni wurden von einer Sekretärin, ohne Nennung des Namens oder Grunds, bestellt und der Hotelier sah erst bei der Ankunft der Genannten, mit wem er es zu tun habe4. Es scheint auch kein Journalist zu der Verhandlung zugelassen worden zu sein. Indessen erschien im «Corriere della Sera» vom 13. September ein Bericht über den Kongress, betitelt: «II Fascismo universale denuncia la mostruosa alleanza plutocratico-marxista contro l’Italia», den unsere Linkspresse aufgriff.
Die Bundesanwaltschaft beabsichtigt nun, gegen Coselschi und Baroni, als Veranstalter des Kongresses, sofort die Grenzsperre zu verfügen, ebenso gegen ihre Sekretärin, Fräulein Cristiani5, was damit gerechtfertigt werden kann, dass sie diesmal offenbar versuchten, die Veranstaltung heimlich auf Schweizergebiet durchzuführen, um einem allfälligen Verbot derselben zu entgehen. Nachdem die Vorstellungen in Rom wirkungslos geblieben sind, ist die schweizerische Regierung zweifellos zu einer derartigen eigenen Abwehrmassnahme berechtigt, zumal eine neue Zusammenkunft in Montreux im Dezember d. J. beabsichtigt sein soll.
Von einer neuen Démarche in Rom sollte meines Erachtens Umgang genommen werden. Eine offizielle Mitteilung der getroffenen Massnahme würde unnötigerweise verschärfend wirken. Es wird besser abgewartet, welche Wirkungen die Grenzsperre zeitigt. Wir bleiben dann auch freier, sie gegen die nötigen Versprechungen für die Zukunft eventuell rückgängig zu machen.