Language: German
3.6.1935 (Monday)
CONSEIL FÉDÉRAL Procès-verbal de la séance du 3.6.1935
Minutes of the Federal Council (PVCF)
Première étape des négociations commerciales avec les USA. Le texte du traité; les vœux tarifaires de la Suisse; la liste des vœux américains.

Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
9. Etats-Unis
9.1. Négociations commerciales
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Printed in

Jean-Claude Favez et al. (ed.)

Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 11, doc. 126

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Bern 1989

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Repository

dodis.ch/46047
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 3 juin 19351

1021. Handelsvertragsunterhandlungen mit den Vereinigten Staaten von Amerika

[...]2... Wir haben an solchen Verhandlungen vor allem auch noch deshalb ein ganz vitales Interesse, weil wir sonst zu riskieren hätten, eines Tages nicht in den Mitgenuss der mit den verschiedenen Staaten vereinbarten Zollerleichterungen zu gelangen und zwar aus zwei Gründen: Einmal sind bekanntlich die Meistbegünstigungsartikel 8–12 unseres Freundschafts-, Niederlassungs-, Handels- und Auslieferungsvertrages vom 25. Nov. 1850 von den U.S.A. gekündigt3 und seit dem 24. März 1900 ausser Kraft getreten. Anderseits huldigt Amerika gegenwärtig handelspolitischen Anschauungen, die in wichtigen Punkten grundsätzlich von den unsrigen abweichen. Während unser Land in den letzten Jahren die nötige handelspolitische Abwehr nicht so sehr durch zollpolitische Massnahmen als durch das Mittel der Kontingentierung zu erreichen sucht, lehnt Amerika dieses handelspolitische Mittel ab und beschränkt sich einstweilen auf blosse Zollmassnahmen. Dazu kommt eine zweite fundamentale Verschiedenheit der Auffassungen hinsichtlich des Geltungsbereiches der Meistbegünstigungsklausel. Während die Schweiz und mit ihr die überwiegende Mehrzahl der Länder die Meistbegünstigung nur für die Zollfragen uneingeschränkt zulässt, nicht aber für die ändern Massnahmen, wie besonders die Kontingentierungsfragen, verlangt Amerika besonders auch hier die absolute Gleichstellung mit der meistbegünstigten Nation.

Es geht aus obigen Ausführungen deutlich hervor, dass es nicht sehr leicht sein wird, angesichts dieser grundsätzlichen Einstellung der beiden Vertragspartner zur gegenwärtigen Handelspolitik rasch zu einer Verständigung zu gelangen. Immerhin haben wir mit unserer Gesandtschaft in Washington und dem Generalkonsulat in New York den bestimmten Eindruck, dass man amerikanischerseits ein nicht unerhebliches Gewicht darauf legt, mit einer Anzahl Staaten zu Handelsabkommen zu gelangen und zwar dies nicht zuletzt im Interesse der amerikanischen Öffentlichkeit. Es wurde daher zu verschiedenen Malen gegenüber unserer Gesandtschaft in Washington, aber auch durch die hiesige amerikanische Vertretung im Namen der amerikanischen Regierung der dringende Wunsch ausgesprochen, es möchte, wenn immer möglich, eine schweizerische Delegation nach Washington zu mündlichen Besprechungen entsendet werden. Angesichts der zu erwartenden schwierigen Auseinandersetzungen grundsätzlicher Art und mit Rücksicht auf die grosse Bedeutung der kommenden Verhandlungen für wichtige schweizerische Exportzweige, glaubten wir in Übereinstimmung mit den Spitzenverbänden der Landwirtschaft und der Industrie, diesem mehrfach und eindringlich geäusserten Wunsche auf Entsendung von Herrn Minister Stucki nach Washington entsprechen zu müssen. Gestützt auf eine eingehende Prüfung des ganzen Fragenkomplexes haben wir mit der hiesigen amerikanischen Gesandtschaft ein provisorisches Verhandlungsprogramm besprochen und dazu am 22. Mai telegraphisch das Einverständnis der amerikanischen Regierung erhalten, sodass die Verhandlungen am 7. Juni aufgenommen werden und ca. 8 Tage dauern sollen. Für die erste Verhandlungsetappe ist folgendes in Aussicht genommen, nachdem die gegenseitige Begehrenlisten bereits am 9./10. Mai 1935 in Bern und Washington übergeben worden sind.

a. Aussprache über die handelspolitische Einstellung der beiden Regierungen und die Möglichkeit, zu einem grundsätzlichen Kompromiss zu gelangen. (Diese Aussprache dürfte ziemlich schwierig werden und eine geraume Zeit beanspruchen. Es ist aber wichtig, der amerikanischen Regierung die besondere Situation unseres Landes und die darauf sich stützende handelspolitische Einstellung im Detail auseinanderzusetzen.)

b. Aussprache über die allgemeinen Bestimmungen eines Handelsvertrages, gestützt auf den amerikanischen Entwurf vom Februar ds.Js. (Hierüber sollte eine Einigung zu erzielen nicht unmöglich sein.)

c. Erste Lesung der beidseitigen Begehrenliste, d. h. schweizerische Antworten auf die amerikanischen Wünsche und amerikanische Antworten auf die schweizerischen Begehren. (In manchen Punkten wird man sich einigen können, während erfahrungsgemäss über viele Fragen nach einer ersten Diskussion neue Erhebungen gemacht werden müssen.)

d. Vereinbarung über das weitere Vorgehen, das auf die Zeit nach den Sommerferien verschoben werden muss.1. Vertragstext. Das praktische Schwergewicht muss bei den bevorstehenden Verhandlungen mit den Vereinigten Staaten, mehr als es ohnehin bei Handelsvertragsunterhandlungen der Fall zu sein pflegt, auf den Tariffragen liegen. Im allgemeinen Text ist eigentlich für die Schweiz nur die Vereinbarung der Meistbegünstigung von grosser unmittelbarer Bedeutung. Alles übrige, das der uns übermittelte amerikanische Entwurf enthält, ist – wenigstens für die Schweiz – eher nebensächlich, ohne selbstverständlich bedeutungslos zu sein.

In Bezug auf den allgemeinen Vertragstext dürfte sich somit das für die Schweiz tatsächlich Wichtige auf die Meistbegünstigung beschränken. Dagegen enthält das amerikanische Entwurfschema eine Reihe von Anträgen, die in der vorliegenden Form jedenfalls für die Schweiz unannehmbar sind und von denen verschiedene zu langen Diskussionen Anlass geben können. Obschon einige dieser Fragen bei den Verhandlungen unvermeidlicherweise werden besprochen werden müssen, ob das Textschema zugrunde liegt oder nicht, kann man sich ernstlich fragen, ob die Schweiz nicht am besten täte, der amerikanischen Regierung vorzuschlagen, aus zeitökonomischen Gründen vorläufig auf einen allgemeinen Vertragstext zu verzichten und sich mit einer Form zu behelfen, wie sie ähnlich dem amerikanisch-belgischen Vertrag vom 27. Februar 1935 gegeben wurde. In der Note, die hier den Tarifvereinbarungen vorangestellt ist, lässt sich alles Wesentliche, worüber eine Vereinbarung getroffen werden muss, unterbringen. Nachdem mit Belgien bereits ein Präzedenzfall besteht, ist es vielleicht möglich, auf diese Weise die Verhandlungen etwas zu entlasten. Für den Inhalt eines solchen Notenwechsels könnte der amerikanisch-belgische Text weitgehend als Modell dienen; er enthält zweifellos das für beide Teile augenblicklich Wesentliche. Da es immerhin nicht ausgeschlossen ist, dass Amerika ein nicht unwesentliches Gewicht auf den Abschluss eines eigentlichen Handelsvertrages mit einem entsprechenden ausführlichen Text legt – und uns beim Eingehen auf diesen Wunsch gegebenenfalls weitergehende Konzessionen zu machen bereit ist – haben wir einen Gegenentwurf zu einem Vertragstext ausgearbeitet. Wir haben ihn mit den Vertretern von Industrie, Landwirtschaft, sowie der eidg. Oberzolldirektion eingehend besprochen und in Anlehnung an unsere neueren Handelsverträge entsprechend ausgearbeitet, wobei wir uns möglichst weitgehend des amerikanischen Vorschlages in Verbindung mit dessen neueren Verträgen mit Brasilien und Belgien bedienten.

2. Schweizerische Begehren zum amerikanischen Tarif. Auch diese Wünsche sind im engsten Einvernehmen mit dem Vorort des Schweiz. Handels- und Industrievereins, sowie dem Schweiz. Bauernverband ausgearbeitet worden und so gehalten, dass sie sich durchwegs im Rahmen der Roosevelt’sehen Vollmacht (Ermässigung von max. 50% der gegenwärtigen Zölle) bewegen. Einzig für Uhren haben wir einen Alternativ-Vorschlag gemacht, der, obschon im Durchschnitt ebenfalls auf ca. 50% Ermässigung lautend, sich doch nicht sklavisch an diese Formel hält und zudem auch wichtige Textänderungen vorsieht. Es wäre natürlich sehr zu wünschen, dass dieser Lösung, als unsern Bedürfnissen besser entsprechend, amerikanischerseits zugestimmt werden könnte. Unsere Begehrenliste bezieht sich im wesentlichen auf folgende Exportartikel: Chemische Produkte, Uhren, Elektrizitätszähler, gewisse Maschinen, Käse, Schokolade, Baumwoll- und Seidengewebe, Seidenbänder, Hutgeflechte, Stickereien und Schuhe.

3. Amerikanische Begehrenliste. Sie bewegt sich in dreifacher Richtung: a) Entsprechend der amerikanischen Einstellung zur modernen Handelspolitik wird für die wichtigsten amerikanischen Importartikel die Aufhebung des Bewilligungsverfahrens verlangt; b) für eine Reihe von Waren werden Zollermässigungen postuliert und c) für eine dritte Gruppe begnügt sich die amerikanische Regierung mit der Bindung des gegenwärtigen schweizerischen Gebrauchszolles. Dazu ist einmal zu bemerken, dass selbstverständlich keine Rede davon sein kann, unsere Kontingentierungs- und Kompensationspolitik nur gegenüber einem einzelnen Staat etwa aufheben zu wollen. Auch lassen sich die beiden in Kraft stehenden Zolltarife schlechterdings miteinander nicht wohl vergleichen, wenn wir bedenken, dass unser Gebrauchstarif zu den niedrigsten Zolltarifen überhaupt gehört, während der amerikanische Tarif mit Zöllen von 100 und mehr % ausgesprochen protektionistischen Charakter hat. Trotzdem glauben wir, dass eine Verständigung mit den U.S.A. nicht unmöglich sein sollte, nachdem sich doch bei den massgebenden Instanzen eine eigentliche Umkehr der handelspolitischen Anschauungen vollzogen hat. Wie wir bereits bemerkt haben, besteht für die Amerikaner gegenwärtig ein grösseres Interesse mit uns zu verhandeln und zu einer Verständigung zu gelangen und zwar dies nicht zuletzt mit Rücksicht auf die öffentliche Meinung der U.S.A. Da anderseits für unser Land im Falle eines Zustandekommens eines Vertrages sich interessante Exportmöglichkeiten für wichtige Industrie- und landwirtschaftliche Gruppen eröffnen, glauben wir, dass es sich hier für die Schweiz um eine vielleicht nicht so bald wiederkehrende Chance handelt, zu einer wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit den Vereinigten Staaten zu gelangen. Aus diesen Überlegungen haben wir die amerikanische Begehrenliste einer eingehenden Prüfung unterzogen, zusammen mit dem Bauernverband, dem Vorort, sowie der eidg. Oberzolldirektion.

[...]4

1
E 1004 1/352.
2
La loi du 12 juin 1934. Les négociations en cours. D’importantes industries suisses d’exportation sont frappées par le tarif douanier de 1930. La Suisse a donc fait savoir qu’elle était prête à négocier.
3
RO, 1857, vol. 5, pp. 189-213.
4
La proposition examine ensuite en détail les revendications américaines et les réponses que la Suisse pourrait leur opposer. En conclusion, le Conseil fédéral adopte la proposition du Département de l’Economie publique comme instruction à la délégation qui se rendra à Washington pour l’ouverture le 7 juin de lapremière étape des négociations etilnomme W. Stucki à la tête de la délégation.