Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 11, doc. 115
volume linkBern 1989
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E27#1000/721#19347* | |
Old classification | CH-BAR E 27(-)1000/721 4754 | |
Dossier title | Waffenausfuhrverbote, Waffenhandel (1881–1960) | |
File reference archive | 09.B.1.b |
dodis.ch/46036
Ich beziehe mich auf die mir erteilte Aufgabe die Angelegenheit betreffend Lieferung von Waffen nach Abessinien zu prüfen und kann darüber folgenden Bericht erstatten:
Noch vor einigen Jahren waren die Lieferungen von Waffen und sonstigem Kriegsmaterial nach Abessinien mit grossen Schwierigkeiten verbunden, da die an Abessinien grenzenden Hoheitsgebiete England, Italien und Frankreich der Durchfuhr von Waffen stets Schwierigkeiten bereiteten. Seit 1930 sind die Verhältnisse jedoch geregelt, indem in diesem Jahr ein Vertrag abgeschlossen wurde zwischen Abessinien einerseits und England, Frankreich und Italien anderseits3, wodurch Abessinien in die Lage versetzt wurde die für seine Landesverteidigung notwendigen Waffen und Ausrüstungsgegenstände ohne Schwierigkeiten einführen zu können. Der Vertrag liegt uns momentan nicht vor, ist aber beim Politischen Departement erhältlich. Wenn wir nicht irren, war in dem Vertrag festgelegt, dass nur Lieferungen direkt an die Regierungen zulässig seien und es ist ein Kontrollsystem vorgesehen, nach welchem z. B. für Lieferungen aus der Schweiz das Politische Departement ein Ursprungszeugnis ausstellen musste, wenn festgestellt war, dass die beabsichtigte Lieferung in Übereinstimmung mit dem erwähnten Vertrag sei. In den letzten Jahren sind verschiedentlich solche Lieferungen ausgeführt worden, allerdings nie in sehr grossem Mass und soviel wir wissen, haben sich die Geschäfte auf Grund des erwähnten Staatsvertrages ohne Schwierigkeiten abgewickelt, wobei die Einfuhr wohl in der Regel über den Hafen von Djibouti, d.h. über französisches Territorium erfolgte.
Ob neben diesen offiziellen Lieferungen auch solche gemacht worden sind, die man schmuggelte, wie das vor 1930 vorgekommen sein dürfte, können wir naturgemäss nicht feststellen, wir sind aber der Überzeugung, dass auf alle Fälle Schweizerfirmen zu einer solchen Speditionsart keine Veranlassung haben dürf
Was nun die gegenwärtige Situation anbetrifft, so haben wir uns bei den einzig in Frage kommenden Fabriken erkundigt und zwar bei der Schweiz. Industriegesellschaft Neuhausen, bei der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon und bei der Waffenfabrik Solothurn. Die erhaltenen Auskünfte sind folgende: S. I. G. Neuhausen. Seit Ende 1933 hat Neuhausen keine Waffenlieferungen mehr ausgeführt. Damals sind 50 leichte Maschinengewehre gleichzeitig mit 3000 Infanteriegewehren, die aber von der Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon geliefert worden waren, nach Abessinien abgeliefert worden. Die Industriegesellschaft hat heute keine Bestellungen hängig und es sind keine Unterhandlungen betreffend Waffenlieferungen im Gang. Werkzeugmaschinenfabrik Oerlikon. Ende 1934 erfolgte die Ablieferung von zwei Oerlikon-2 cm-Kanonen mit Munition. Ich habe auf der Kanzlei des E. M. D. feststellen können, dass damals die Ausfuhrbewilligung in normaler Weise beim Politischen Departement angesucht worden ist. Seither sind keine Waffen abgeliefert worden und es sind keine Bestellungen hängig. Vor ca. 14 Tagen hat Oerlikon eine Anfrage betreffend 20 gleiche Maschinenkanonen erhalten, die Zahlungsbedingungen waren aber derart, dass die Firma darauf verzichtet hat Offerte zu machen. Waffenfabrik Solothurn. Diese Firma hat noch nie nach Abessinien Lieferungen gemacht und es sind nur in letzter Zeit durch den Vertreter der Firma Offerten in allgemeinem Sinne unterbreitet worden, die aber bis jetzt zu keinerlei Bestellungen geführt haben. Herr Bundesrat Obrecht hat mir diese Verhältnisse noch ausdrücklich bestätigt.Was die mir vom Herrn Bundesrat mitgeteilte Anfrage einer ändern Macht anbetrifft, so scheint mir dieselbe etwas sonderbar und zwar hauptsächlich wegen der allgemeinen Form, denn der Vertrag von 1930 ist ja gerade auch von dieser Macht abgeschlossen worden. Ich vermute, dass hier wie man sagt auf den Busch geklopft werden soll, weil sich die Herren orientieren möchten, was eigentlich für Lieferungen noch im Gang sind, da sie vermutlich darüber nicht genügend orientiert sind oder weil sie nicht feststellen konnten, dass Lieferungen gemacht werden, weil eben gegenwärtig von den erwähnten drei Firmen keine im Gange sind, vermuten sie wahrscheinlich es werden Waffen geliefert, die sich ihrem Nachrichtendienst entziehen. Es ist auch nicht ausgeschlossen, dass es ein gewisses Misstrauen gegen den zweiten Vertragspartner betrifft, über dessen Hafen Djibouti die Einfuhr bis jetzt erfolgte. Es ist gar nicht ausgeschlossen, dass dieser Partner es ganz gern sieht, wenn Abessinien sich mit Kriegsmaterial besser ausrüstet. Ich habe die Auffassung, dass man ohne diese Angaben weiterzugeben, die im vorstehenden Schreiben enthalten sind, mit einer Rückfrage antworten sollte, um was für Lieferungen es sich eigentlich handle, über die man Auskunft haben möchte. Auf diese Weise müsste Farbe bekannt werden, ob es sich tatsächlich nur um lose Vermutungen handelt oder ob die ändern tatsächlich richtige oder falsche Angaben haben die sich unserer Kenntnis entziehen.
Tags
Geneva Disarmament Conference (1932–1934)