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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 7-II, doc. 291
volume linkBern 1984
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#11511* | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 30.03.-31.03.1920 (1920–1920) |
dodis.ch/44502
1179. Zusammengehen der neutralen Staaten
Der Bundesrat hat am 11. Dezember 19194 von einer Anregung des politischen Departements betreffend Anknüpfung regelmässigerer und intensiverer diplomatischer Beziehungen mit ändern während des Krieges neutral gebliebenen Staaten, namentlich den Niederlanden und den skandinavischen Staaten, Kenntnis genommen und die Angelegenheit der Delegation für Auswärtiges zum Vorbericht überwiesen.5
Zweck des gedachten Zusammengehens mit den genannten Ländern ist in erster Linie derjenige gegenseitiger Mitteilung der von ihnen zu unternehmenden Schritte in Angelegenheiten, in denen sie gleiche oder ähnliche Interessen im Verhältnis zu den übrigen Staaten haben. Der Umstand, dass die bisherigen Kriegführenden auch jetzt noch in manchen Beziehungen sich in einem Gegensatz zu den früheren Neutralen befinden, namentlich in ihrer Politik gegenüber ihren ehemaligen Gegnern, lässt es wünschbar erscheinen, dass die Neutralen wenn möglich eine übereinstimmende Haltung einnehmen, damit nicht der einzelne sich durch eine zu stark reservierte Haltung gegenüber den früheren Kriegführenden isoliere oder aber durch zu weitgehendes Entgegenkommen die übrigen Neutralen in eine schiefe Lage bringe. Die gegenseitige Fühlungnahme unter den bisherigen Neutralen ist um so wichtiger, als im Völkerbund die früher alliierten und assoziierten Mächte an Zahl und Bedeutung weit überwiegen und vorderhand dem Völkerbund voraussichtlich eine Richtung geben, die nicht in allen Beziehungen übereinstimmt mit derjenigen einer versöhnlichen und ausgleichenden neutralen Politik.
Auch innerhalb des Völkerbundes werden die bisherigen Neutralen nur durch eine einheitliche Haltung irgendwelchen Einfluss gewinnen können. Die von den Niederlanden nach dem Haag einberufene Konferenz zur Besprechung der bereits aktuellen Frage des durch den Völkerbund zu errichtenden internationalen Gerichtshofes6 ist ein erstes praktisches Beispiel solchen Vorgehens. Sie hat auch in dem gemeinsamen Entwurf der fünf beteiligten Staaten ein positives Ergebnis gezeitigt. Aber noch andere Fragen der Völkerbundspolitik lassen eine Aussprache unter den bisherigen Neutralen wünschbar erscheinen. So wird wohl die für die Nicht-Grossmächte äusserst wichtige und delikate Frage der Vertretung im Rat schon anlässlich der ersten Versammlung der Völkerbundsstaaten eine Lösung finden müssen. Weitere Punkte von grosser Bedeutung sind das Verhältnis zu den Zentralmächten und Russland sowie die Ordnung der Befugnisse der Versammlung und die Modalitäten der in Art. 16 des Paktes vorgesehenen wirtschaftlichen Zwangsmittel.
Fragen internationaler Natur, in denen das politische Departement in den letzten Monaten das Bedürfnis nach Fühlungnahme mit den Neutralen empfand, wären – abgesehen von der Frage des Beitrittes zum Völkerbund – folgende Angelegenheiten: Wiederinkraftsetzung von während des Krieges suspendierten internationalen Organisationen unter vorläufigem Ausschluss der zum Beitritt in den Völkerbund nicht eingeladenen Staaten (z.B. Association du Froid), Unterstellung bestehender internationaler Ämter unter den Völkerbund (Hygiene-Amt), Vertrag über die Kontrolle des Waffenhandels, Vertretung der neutralen Staaten bei den sogenannten Reparationskommissionen, speziell derjenigen für Österreich.
Das Interesse an einem solchen Zusammengehen besteht auch für den Fall, dass die Schweiz dem Völkerbund nicht beitritt.
Was die Form eines solchen Zusammengehens anbelangt, so kann es sich nur um eine ganz lose Verbindung, nicht um irgend etwas einer ständigen Organisation Ähnliches handeln, und es soll auch der Eindruck vermieden werden, als handle es sich um einen neutralen Block. Dagegen hat die Erfahrung gezeigt, dass durch einzelne Anfragen, z.B. von Bern aus durch unsere Gesandtschaften oder durch die fremden hier beglaubigten Gesandtschaften, eine genügend rasche Auskunftserteilung nicht erzielt werden kann und dass auf solche Weise ein gegenseitiger Meinungsaustausch nicht erreichbar ist. Ein solcher setzt voraus, dass die Anfragen und Mitteilungen durch eine Zentralstelle gehen. Als solche können am ehesten die diplomatischen Vertreter der neutralen Staaten, bezw. der auswärtigen Minister in Bern, im Haag oder in Stockholm in Betracht kommen; allenfalls auch die diplomatischen Vertreter dieser Staaten in Paris oder London.
Allerdings sind – im Gegensatz zu Paris und London – zurzeit in keiner der Hauptstädte der in Betracht kommenden Staaten diese sämtlich durch Gesandte vertreten; indessen fehlt in Stockholm nur noch der ständige schweizerische Gesandte.
Dadurch, dass die Vertreter an einem einzelnen bestimmten Platze regelmässig mit der Aufgabe der gegenseitigen Fühlungnahme unter den Neutralen betraut wären, könnte ihre Wirksamkeit über diejenige einer blossen Vermittlung von Anfragen und Antworten herausgehen.
Der Kreis der für diese gegenseitige Fühlungnahme auszuwählenden Staaten sollte nicht zu weit gezogen werden. Die ausser-europäischen bisherigen Neutralen haben von den unsrigen im allgemeinen zu verschiedene Interessen, und Spanien, das sich dermalen namentlich an die Grossmächte der bisherigen Entente anlehnt, hat sich auch während des Krieges gegenüber allen Bestrebungen für ein Zusammengehen unter den Neutralen sehr reserviert verhalten. Die Schweiz, die Niederlande und die skandinavischen Staaten stehen sich sozial und kulturell besonders nah; diese Homogenität bildet die Grundlage eines erspriesslichen Zusammenarbeitens. Auch sind nur aus den letztgenannten Staaten Anregungen im Sinne gegenseitiger Fühlungnahme uns bekannt geworden, und zwar auch wieder in allerletzter Zeit.
Auf Grund dieser Erwägungen wird beschlossen:
Durch die schweizerischen Gesandtschaften im Haag und in Stockholm, sowie durch die dänische und die norwegische Gesandtschaft in Bern sind den Regierungen dieser vier Staaten Eröffnungen im Sinne vorstehender Ausführungen zu machen.7
- 1
- Etaient absents: K. Scheurer, J.M. Musy.↩
- 2
- E 1004 1/274.↩
- 3
- Cette proposition a été rédigée par M. Huber; pour la version manuscrite et le dossier de cette question, cf. E 2001 (B) 8/24.↩
- 4
- Sur cette question, cf. aussi DDS 711, nos 19, 53, 59, 139, 152.↩
- 5
- Dans le compte-rendu de la séance du 22 mars 1920 de la Délégation du Conseil fédéral pour les Affaires étrangères, on lit: Au sujet de l’entente entre les puissances neutres, M. Huber lit un mémoire et ajoute quelques mots sur la communication verbale très confidentielle faite à M. Carlin par le Ministre de Suède à La Haye. M. Motta insiste sur l’opportunité d’une entente entre certains neutres (Etats du Nord, Pays-Bas, Suisse) au sujet de certaines questions relatives à la Société des Nations, telle celle de la représentation des Etats scandinaves au Conseil. – Il y a aussi la question de l’accession de l’Allemagne et de l’Autriche. – Faudrait-il agir? On constate un accord de principe, mais l’on admet qu’il est trop tôt pour passer à l’action. (E 9500. 183).↩
- 6
- Sur cette question, cf. no s 201, 204, 229, 241, 259, 301, 376, 355.↩
- 7
- Pour la suite de cette affaire, cf. no 301.↩
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Neutrality policy
Cooperation with the neutral States (1914–1923)