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Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 7-I, doc. 203
volume linkBern 1979
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
Segnatura | CH-BAR#E7350#1000/1104#4* | |
Titolo dossier | Frankreich (1914–1918) | |
Riferimento archivio | 1 |
dodis.ch/43948
Herr Craigie sprach heute bei mir vor und wünschte Auskunft über folgende Angelegenheiten:
1. Stand unserer Verhandlungen mit Belgien betreffend Lieferung belgischer Kohlen;
2. unsere Verhandlungen mit Frankreich betreffend Saarkohlen;
3. Kreditgewährung an Frankreich.
ad 1: Es interessierte Herrn Craigie hauptsächlich zu wissen, auf welchem Wege die belgischen Kohlen in die Schweiz gelangen sollen und wie es sich mit den von der Schweiz zu leistenden Kompensationen verhalte. Ich antwortete ihm, dass die Transportfrage zur Zeit in Paris diskutiert werde und dass die Kompensationsfrage noch offen sei. Ich fügte bei, dass die ersten Transporte auf dem Landwege erfolgen, weil die Rhein-Wasserstrasse noch nicht benützt werden könne und wir angesichts der in der Schweiz herrschenden Kohlenkrisis unbedingt darauf dringen müssen, sofort Kohlen zu erhalten, um noch weitergehendere Betriebseinstellungen zu vermeiden. Sobald die Rheinroute praktikabel sei, werde diese benützt werden. Ich verwies auch auf die uns von der englischen Regierung gegebene Zusicherung betreffend Lieferung von 30-40’000 Tonnen englischer Kohlen und sprach die Hoffnung aus, dass die Verhandlungen in Paris zu einem baldigen und günstigen Abschluss gelangen, damit auch mit der Lieferung der englischen Kohle begonnen werden könne.
ad 2: Herr Craigie teilte mit, die englische Regierung habe ein grosses Interesse daran, über die französischen Kohlenlieferungen nach der Schweiz orientiert zu sein, weil die Kohlen, welche uns Frankreich liefere, vermehrte englische Kohlenlieferungen an Frankreich nach sich ziehen, indem Frankreich seinen Kohlenbedarf selbst nicht zu decken vermöge, sondern für den Bezug des Defizites auf England angewiesen sei. Es habe daher die englische Regierung überrascht, dass die Schweiz wegen der Saarkohlen ausschliesslich mit Frankreich verkehrt habe. Ich wies darauf hin, dass Frankreich von sich aus verschiedene, die Ausfuhr aus Elsass-Lothringen und dem Saargebiet betreffende Fragen mit der Schweiz diskutiert habe, und dass wir ohne weiteres vorausgesetzt hätten, Frankreich führe diese Verhandlungen im Namen und Einverständnis seiner Alliierten. Herr Craigie gab ohne weiteres zu, dass wir zu dieser Annahme berechtigt waren.
ad 3: Herr Craigie teilte mit, er habe sich auf Grund der Ausführungen von Herrn Heer, wonach die Schweiz weitere Kredite unter keinen Umständen mehr bewilligen könne, da sie am Ende ihrer finanziellen Leistungsfähigkeit angekommen sei, bei der englischen Regierung persönlich dafür eingesetzt, dass England seine Kreditbegehren fallen lasse. Die englische Regierung hätte auf die Kredite verzichtet, weil sie der Schweiz nichts Unmögliches zumuten wollte. Der Umstand, dass im Washingtoner-Abkommen die Schweiz sich grundsätzlich verpflichtet habe, Frankreich Kredite zu gewähren, versetze ihn nun persönlich in eine etwas eigentümliche Situation, indem man es in England nicht ohne weiteres verstehe, dass die Schweiz für Frankreich Geld habe, aber für England keines. Ich wies zunächst darauf hin, dass wir uns bei den Verhandlungen in Washington alle erdenkliche Mühe gegeben hätten, um Frankreich zu der gleichen entgegenkommenden Haltung zu veranlassen, wie sie von England hinsichtlich der Kreditfrage eingenommen worden sei. Da aber der französische Delegierte gemäss den Weisungen seiner Regierung unter allen Umständen darauf bestand, in das Washingtoner-Abkommen wenigstens eine grundsätzliche Bestimmung über die Kreditgewährung an Frankreich aufzunehmen, hätten wir, um den Abschluss des Abkommens nicht noch länger zu verzögern, schliesslich in die Aufnahme einer solchen Bestimmung eingewilligt, nachdem wir auch mit unserm zweiten Vorschläge, die Kreditfrage gänzlich den Pariser-Verhandlungen vorzubehalten, nicht durchgedrungen seien. Im übrigen sei durch die im Abkommen enthaltene allgemeine Bestimmung über die Höhe des Kredites gar nichts gesagt. Es könne sich auf jeden Fall nur um sehr bescheidene Summen handeln. Von einer weitern Kreditgewährung im bisherigen Umfange sei nicht die Rede.
Endlich machte ich darauf aufmerksam, dass der englische Delegierte bei den Washingtoner-Verhandlungen keineswegs den Standpunkt eingenommen habe, dass die Schweiz entweder beiden Ländern oder gar keinem Kredite einräumen müsse. Nach Meldungen, die uns aus Washington zugekommen seien, hätte der englische Delegierte vielmehr erklärt, dass die Schweiz, nachdem England nun von weitern Kreditbegehren Umgang nehme, eher in der Lage sein dürfte, den französischen Wünschen entgegenzukommen. Diese letztere Mitteilung interessierte Herrn Craigie ganz besonders, und er bat mich, ihm dieselbe noch zu bestätigen, nachdem ich aus den Akten festgestellt hätte, dass mich meine Erinnerung in diesem Punkte nicht täusche. Tatsächlich hat uns Herr Minister Sulzer mit Telegramm vom 9. Januar folgendes berichtet (Telegramm No. 27): «Art. 11 und 12: Der Abgeordnete Frankreichs erklärt, er habe Weisung, an der Kreditforderung, deren monatlicher Betrag 15 Millionen nicht übersteigen soll, festzuhalten. Wenn diese Kredite Frankreich bewilligt werden, so ist England bereit, auf das von ihm gestellte Kreditbegehren vollständig zu verzichten.»
- 1
- EVD Zentrale 1914-1918/10-11. Paraphe: KW. Remarque manuscrite en tête du document: An Herrn Henri Heer zur Zeit in Paris zur gefälligen Kenntnisnahme. 25.11. Bleuler.↩
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Negoziati economici e finanziari con gli Alleati (Prima Guerra mondiale)
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