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Documents Diplomatiques Suisses, vol. 7-I, doc. 30
volume linkBern 1979
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Archives | Archives fédérales suisses, Berne | |
▼ ▶ Cote d'archives | CH-BAR#E2001B#1000/1501#358* | |
Ancienne cote | CH-BAR E 2001(B)1000/1501 7 | |
Titre du dossier | Grenzverkehr Basel - Elsass (1918–1919) | |
Référence archives | B.11.225.1 |
dodis.ch/43775 Le Président du Conseil d'Etat de Bäle-Ville, A. Imhof, au Président de la Confédération, F. Calonder1
Von der Basler Handelskammer ist Ihnen unterm 25. November 1918 eine Eingabe unterbreitet worden, welche auf die von den französischen Behörden im Eisass getroffenen und gegen Basel gerichteten Absperrungsmassnahmen aufmerksam macht.2 Wir beehren uns, diese Eingabe auf das Nachdrücklichste bei Ihnen zu unterstützen und Sie um Ihre Intervention zu ersuchen.
Zu Ihrer Orientierung bemerken wir zunächst folgendes. Die Absperrung wird in der Weise durchgeführt, dass das französische Konsulat die Pässe für die Uberschreitung der elsässischen Grenze verweigert. Es handelt sich dabei, soweit wir die Sache überblicken können, darum, den reichsdeutschen Einfluss im Eisass abzuschneiden. Die hiesigen Bandfabriken, die Betriebe in der elsässischen Nachbarschaft besitzen, sind bisher von den Massnahmen nicht betroffen worden. Diese richten sich vielmehr einerseits gegen Reichsdeutsche, deren Interessen die Schweiz Frankreich gegenüber nicht zu vertreten hat, andrerseits aber auch gegen schweizerische Geschäftshäuser, deren Inhaber oder Direktoren ursprünglich Deutsche waren oder von Deutschen abstammen. Ferner ist festgestellt worden, dass Schweizern, welche im Eisass wohnen, die aber in Basel bei Deutschen beschäftigt sind, die Überschreitung der Grenze verwehrt wird. Wir lassen diese Angelegenheit aber vorläufig auf sich beruhen, da laut den Mitteilungen der Handelskammer Beschwerden in dieser Hinsicht bisher bei ihr nicht eingelaufen sind. Ganz neuerdings erfahren wir, dass eine Reihe von Schweizerärzten von der Praxis in der elsässischen Nachbarschaft, wo jetzt die Grippe herrscht und wo sie deshalb überaus nötig wären, ausgeschlossen worden sind.
Wir wissen wohl, dass es der Schweiz schwer fallen wird, diejenigen ihrer Bürger gegenüber Frankreich zu vertreten, welche deutscher Herkunft sind; haben wir doch zulassen müssen, dass im Verkehre mit Frankreich selber in dieser Hinsicht Unterscheidungen gemacht werden. Unseres Erachtens darf aber eine Intervention in der gegenwärtigen Frage nicht unterbleiben, weil für die Betroffenen zu grosse Interessen auf dem Spiele stehen. Es geht offenbar nicht an, dass die Betriebe im Eisass ohne Schutz und Aufsicht bleiben, ganz abgesehen davon, dass Frankreich selbst ein Interesse daran hat, den Bewohnern der elsässischen Ortschaften, in denen sich solche Betriebe befinden, die Möglichkeit des Erwerbes und ärztliche Pflege zu erhalten. Es ist sodann nicht zu übersehen, dass Basel von jeher mit der elsässischen Nachbarschaft in der engsten wirtschaftlichen Verbindung stand, einer Verbindung, die sogar die deutschen Behörden während des Krieges veranlasste, eine Zone der Schweizergrenze entlang in gewissem Masse zu neutralisieren. Wir wünschten nicht, dass eine ähnliche Massnahme auch jetzt getroffen würde, sondern erwähnen das nur, um zu zeigen, wie empfindlich die plötzliche Absperrung wirken muss.
Gelingt es nicht, die Massnahmen gegen Schweizer rückgängig zu machen, so wäre jedenfalls dringend erwünscht, zu erfahren, ob die Aufrechterhaltung dieser Politik beabsichtigt sei, oder ob die Massnahme nur als vorübergehend betrachtet werden dürfe, und jedenfalls wäre bis zur Aufhebung der Massnahme auf das Bestimmteste der Schutz der betroffenen elsässischen Etablissemente zu verlangen, damit nicht noch weiterer Schaden entstehe.
Wir legen Gewicht darauf, mit den französischen Behörden, falls sie nun unsere Nachbarn werden, in guten Beziehungen zu stehen und unsern traditionellen freundschaftlichen Verkehr mit dem Eisass aufrecht zu erhalten. Dieser Wunsch besteht auch in unserer Bevölkerung, und seine Erfüllung würde ausserordentlich erleichtert, wenn Frankreich bei der Regelung des Überganges zu den neuen Verhältnissen den Schwierigkeiten unserer Lage Rechnung tragen wollte. Wir wären Ihnen daher für die beförderliche Weiterleitung der Angelegenheit sehr verbunden.
- 1
- Lettre: E 2001 (B) 1/7.↩
- 2
- Selon la demande de la chambre de commerce bâloise du 25 novembre les mesures prises par les autorités françaises concernaient: [...] 1.) Alle Reichsdeutschen, die im Eisass oder in der Schweiz wohnen, 2.) Schweizer und Elsässer, in St. Louis wohnhaft, die bei Reichsdeutschen in der Schweiz arbeiten und umgekehrt, 3.) Schweizer und Elsässer, in Basel wohnhaft, die bei Reichsdeutschen in St. Louis arbeiten. 4.) Den Reichsdeutschen gleichgeachtet scheinen alle diejenigen Firmen zu sein, die wegen deutschfreundlicher Gesinnung bekannt sind. Dabei werden namentlich auch schweizerische Neubürger der 10 bis 20 letzten Jahre aufs Korn genommen. Es trifft aber auch altangesessene Unternehmungen. Die Betriebe solcher Neubürger in St. Louis sind dadurch mit einem Male stillgelegt und werden dadurch an der Wurzel bedroht. Es scheint hier ein Vorgehen eingeschlagen zu werden, das mit dem gegenwärtigen Zwischenzustande des Waffenstillstandes schwerlich vereinbar sein dürfte, und wir möchten Sie hiemit dringend um Ihre Intervention ersuchen. (E 2001 (B) 1/7).↩
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