Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 6, doc. 231
volume linkBern 1981
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2200.19-01#1000/1707#4* | |
Old classification | CH-BAR E 2200.19-01(-)1000/1707 1 | |
Dossier title | Propositions et interventions en faveur de la paix. (1916–1916) | |
File reference archive | I.C.2 |
dodis.ch/43506
Die Antwort auf die Fragen, welche mir Ihr Brief vom 14. d.M.2 stellt, liegt in meinen politischen Berichten vom 13. und 14. d.M. Nr. 843 und 854.
Ich habe dort ausgeführt, dass und weshalb ich Herrn Sonnino gegenüber als blosser «Übermittler» und nicht als «Vermittler» aufgetreten sei, und die Antwort, die mir Sonnino gab, sowie die Form, in welcher er der Kammer von meinem Schritt Kenntnis gegeben hat, bewiesen mir, dass mein Vorgehen den Wünschen des Ministers entsprach.
Ich habe aber anlässlich jener Unterredung ausdrücklich erklärt, dass ich selbstverständlich ganz zur Verfügung des Ministers stehe, falls er wünschen sollte, dass ich irgendwie weitergehe.
Bis heute hat er mir keine dahinzielenden Mitteilung zugehen lassen, und ich schliesse daraus, dass weitere Auskunft vorderhand nicht gewünscht wird.
Wenn ich nun neuerdings zu Sonnino gehen und mit ihm im Sinne Ihrer Anregung sprechen würde, so müsste dies den Eindruck machen, als sei inzwischen in der Haltung des Bundesrates eine Änderung eingetreten, und dieser Eindruck würde der Sache kaum förderlich sein.
Ich glaube deshalb in Ihrem Sinne zu handeln, wenn ich vorderhand auf jede weitere Initiative verzichte.
Wenn die Zeitungsberichte richtig sind, steht man auch in Washington und in Spanien auf dem gleichen Standpunkte.
Die Haltung der hiesigen Presse deutet darauf hin, dass die italienische Regierung mehr und mehr der Ansicht ist, dass man den Vorschlag der Zentralmächte nicht kurzerhand ablehnen solle, sondern verlangen müsse, dass vor Erteilung einer Antwort die Zentralmächte sich offiziell über ihre Friedensbedingungen aussprechen.
Letzter Tage hörte ich durch einen Angehörigen der hiesigen englischen Botschaft, dass der Einfluss Sonninos sich bei der Beratung über die Form und den Inhalt der zu erteilenden Antwort sehr stark fühlbar mache. Ich schliesse daraus, dass Sonnino, im Gegensatz zu seinen Kollegen in Frankreich und England, darauf dringt, dass wenigstens der Schein gewahrt werde.
Anderseits glaube ich nicht, dass man den Wunsch hat, die Bedingungen der Zentralmächte kennenzulernen und auf eine Erörterung derselben einzugehen. Vielmehr dürfte der Zweck der Politik Sonninos nur darauf gerichtet sein, die Zentralmächte in die Notwendigkeit zu versetzen, offiziell zu erklären, ob sie bereit seien, ihre Bedingungen zu eröffnen. Man nimmt an, dass einem solchen Verlangen nicht entsprechen werden wolle, und man hofft auf diese Weise den moralischen Effekt zu paralysieren, welchen der erste Schritt der Zentralmächte unzweifelhaft hervorgerufen hat. Wenn die Entente nicht von allen guten Geistern verlassen ist, schliesst sie sich diesem Standpunkt wohl an.
Leider ist zu konstatieren, dass der neueste Misserfolg der Deutschen an der Voevre, der vielleicht in der Presse der Entente stark aufgebauscht ist, die Friedenstendenzen der Masse wieder stark abgedämpft hat. Man zieht aus diesem Erfolge der Franzosen den Schluss, dass die Deutschen schliesslich doch überwunden werden können, und man will deshalb «das Weitere» abwarten.
Wenn Sie trotz der vorstehenden Erwägungen der Ansicht sein sollten, dass ich einen Fühler bei Sonnino ausstrecke, so bitte ich, mir nach Erhalt dieses Berichtes zu telegraphieren. Wenn Sie mir «ja» telegraphieren, würde ich annehmen, dass Sie den Schritt wünschen. Ich würde dann selbstverständlich nur in meinem persönlichen Namen handeln und die Frage ganz unverfänglich stellen.
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