Sprache: Französisch
17.9.1915 (Freitag)
Proposition du chef du Département politique, A. Hoffmann
Trust
Antrag (P)
Le DPF soumet les actes constitutifs de la SSS à l'approbation du Conseil fédéral.

Également: 1) Statuts de la SSS 2) Règlement interne de la SSS Annexe de
Zitierempfehlung: Kopieren

Abgedruckt in

Jacques Freymond et al. (Hg.)

Diplomatische Dokumente der Schweiz, Bd. 6, Dok. 151

volume link

Bern 1981

Mehr… |
Zitierempfehlung: Kopieren
Cover of DDS, 6

Aufbewahrungsort

dodis.ch/43426
CONSEIL FÉDÉRAL1

Proposition du chef du Département politique, A, Hoffmann

[...]2

Fragen wir uns nun zum Schlüsse, ob den im Vorstehenden besprochenen Vorlagen die endgültige Genehmigung erteilt und damit die Einfuhr-Organisation auf der gekennzeichneten Grundlage geschaffen werden soll, so müssen wir betonen, dass wir auf Grund der gemachten Erfahrungen die in unserem Berichte vom 11. Mai3 eingenommene grundsätzliche Haltung zum projektierten Einfuhrtrust auch jetzt noch als zutreffend erachten. Die Lage hat sich durch den Eintritt Italiens in den Krieg wohl noch etwas verschärft. Wir müssen tatsächlich damit rechnen, dass uns die Alliierten alles dasjenige, was wir nicht von den Zentralmächten beziehen können, vorenthalten, beziehungsweise nur in dem Umfange und unter den Bedingungen zukommen lassen können, die sie selbst als angemessen erachten.

Nicht dass wir glauben würden, dass Frankreich und Italien je daran dächten, uns wirtschaftlich vollständig einzukreisen und uns gegenüber eine Aushungerungspolitik zu betreiben. Das hiesse ja einfach uns in das Lager ihrer Gegner hinüberzutreiben. Allein das wirtschaftliche Leben unseres Landes kann auch ohne solche Gewaltmassnahmen aufs schwerste geschädigt werden, genügt es doch bei der Ausstellung der Ausfuhrbewilligungen, durch Winke und Weisungen an Schiffahrtsgesellschaften betreffend Ablehnung der Frachtaufträge für schweizerische Rechnung, durch Massnahmen betreffend Ausland in den Häfen und Verladung der Waren, durch all die Zollschikanen und sonstigen administrativen Anordnungen, um welche eine erfinderische Bürokratie nie verlegen ist, so viele Schwierigkeiten zu schaffen, dass es tatsächlich einem Aus- und Durchfuhrverbote gleichkommt, wiewohl nach aussen das grösste Entgegenkommen zugesichert wurde. Eine Reihe von schweizerischen Industrien haben es in den letzten Monaten erfahren müssen, wie schwer ein solcher inoffizieller Druck lasten kann. Es ist hohe Zeit, dass wir ihnen beispringen, und wir haben die Überzeugung, dass wir in unserem Bestreben, eine grundsätzliche Lösung herauszuziehen, bis an die Grenze des Zulässigen gegangen sind.

Die Zumutungen, die uns von den Alliierten gemacht werden und die in den Ihnen vorgelegten Entwürfen zum Ausdruck gelangen, müssen wir auch heute noch als rechtlich nicht begründet bezeichnen. Man begreift es, dass die einzelnen Staaten die Ausfuhr ihrer eigenen Rohstoffe und Fabrikate an die Bedingung knüpfen, dass sie nicht nach Feindesland gelangen und dass sie für die Erfüllung dieser Bedingung strenge Garantien verlangen. Genau dasselbe verlangen auch Deutschland und Österreich-Ungarn. Man wird es dagegen nicht billigen können, dass auch die aus neutralen Ländern stammenden und lediglich durch die Länder der Alliierten transitierenden Waren dem gleichen Regime unterworfen werden. Handelte es sich dabei ausschliesslich um absolute Konterbandeartikel, oder um relative Konterbande, bezüglich welcher die Bestimmung für einen Kriegführenden nachgewiesen oder wahrscheinlich gemacht wäre, so könnte man ja vielleicht von einer analogen Anwendung der Seerechtsgrundsätze auf den Landtransport sprechen und eine Verhinderung des letztem rechtfertigen. Allein die Beschränkung wird uns zugemutet ohne Rücksicht auf den Charakter der Ware als absolute oder relative Konterbande, ja auch für Ware, die nach völkerrechtlichen Grundsätzen ausdrücklich als Nichtbannware zu erklären ist.

Auf der ändern Seite muss ja nun freilich zugestanden werden, dass es auch eine nicht kleine Zumutung für einen Kriegführenden bedeutet, seine Häfen, seine Transporteinrichtungen einem Neutralen zur Verfügung zu stellen, mit der Gewissheit, dass die transportierte Ware über das Gebiet des Neutralen hinaus direkt dem Feinde zugeführt würde.

Dieser Gesichtspunkt darf nicht übersehen werden, wenn die ganze Frage vom Standpunkte der Billigkeit beurteilt werden soll. Sei dem nun aber wie ihm wolle, so steht fest, dass die Alliierten nicht bloss die Meere beherrschen, sondern auch ausschliesslich die für uns in Betracht kommenden Häfen und Transitlinien im Besitz haben; sie haben also die Macht, und damit war und ist unserseits zu rechnen.

Der Bundesrat hätte sich nun darauf beschränken können, die sich bildenden privaten Einfuhrgesellschaften mit den Regierungen der Alliierten in Verbindung zu setzen und diplomatisch nach Möglichkeit zu unterstützen. Solche Gesellschaften sind denn auch in der Zeit, als die offiziellen Verhandlungen über die S. S. S. nicht zu einem Resultate zu kommen schienen, wie Pilze aus dem Boden geschossen. Allein es hat sich sofort gezeigt, dass das nur eine recht mangelhafte Lösung wäre. Einmal kommt bei einem Teile dieser Projekte der spekulative Charakter sehr deutlich zum Ausdruck, sodann müssten und würden sich solche Gesellschaften allen Anforderungen einer scharfen Kontrolle unterziehen, auch wenn diese keineswegs ausschliesslich oder auch nur vorwiegend nationalen Charakter hätten. Weiterhin hätten derartige Privatgesellschaften keine Mittel in Händen, um zu verhindern, dass bald dieses, bald jenes Geschäft als unzuverlässig vom Warenbezug ausgeschlossen würde und dass sich dann zwei Gruppen von Importeuren herausbilden würden, genehme, die alles, nicht genehme, die nichts erhalten würden. Endlich - und das ist wohl die Hauptsache - würden solchen Privatgesellschaften nicht die weitgehenden Konzessionen gemacht werden, die uns mit Bezug auf den Verkehr schweizerischer Industrien mit den Zentralmächten zugestanden worden ist.

Was endlich unser Verhältnis zu den Zentralmächten anbelangt, so war es unsere stete Sorge, die Verhandlungen mit den Alliierten auf einem Boden zu erhalten, der unsere neutrale wirtschaftliche Stellung nicht gefährdete. Zwar richtet sich, wie wir schon in unserem Berichte vom 11. Mai l.J. ausführten, die Gründung der S. S. S. in erster Linie gegen die Zentralmächte, denn es soll ja verhindert werden, dass die aus den verbündeten Ländern und über See eingeführten Rohstoffe und aus ihnen erstellten Produkte nach Deutschland und Österreich-Ungarn hinausgehen. Die Ausnahmen, die von diesem leitenden Grundsätze zugestanden werden, sind es ausschliesslich im wirtschaftlichen Interesse der Schweiz, die in ihrem Verkehr auch auf die Zentralmächte angewiesen ist. Genauso richten sich die Massnahmen, die Deutschland und Österreich-Ungarn bezüglich der Warenimporte in die Schweiz getroffen haben und die in der Organisation der Treuhandstelle Zürich und der pharmazeutischen Zentrale Bern (Direktion des Gesundheitswesens) ihren Ausdruck gefunden haben, gegen die Alliierten, denn es soll ja verhindert werden, dass die aus Deutschland und Österreich-Ungarn eingeführten Rohstoffe und Fabrikate nach den Ländern der Verbündeten hinausgehen. Dass es sich im Verhältnis zu den Alliierten auch um aus neutralen Ländern stammende Waren handelt, im Verhältnis zu den Zentralmächten dagegen nicht, liegt in der allgemeinen Situation. Aber deswegen kann in unserem Verhalten noch kein Einbruch in die Neutralitätspflichten erblickt werden.

Das ist denn auch von den Zentralmächten stets so aufgefasst worden, aber damit war es noch nicht getan. Es musste vorgebeugt werden, dass diese in ihrem Verkehre mit der Schweiz allzu beengende Vorschriften aufstellen, oder wohl gar in ihren Lieferungen an die Schweiz zu weit gehende Einschränkungen verfügen könnten. Wir haben bei jeder Gelegenheit hervorgehoben, in wie hohem Masse unsere Industrie von Deutschland abhängig ist. Wir haben denn auch unsere Bemühungen darauf gerichtet, eine befriedigende Rückendeckung gegenüber Deutschland und Österreich-Ungarn zu erreichen. Diesem Zwecke dienten unsere Absprachen mit Deutschland vom 26. Mai, mit Deutschland und Österreich von 5./18. August. und mit Deutschland vom 11. d.M., die Sie sukzessive gutgeheissen haben. Wir geben uns nicht der Illusion hin, dass damit alle Schwierigkeiten für die Zukunft behoben seien. Die wenig rücksichtsvolle Art und Weise, mit welcher noch vor kurzem von Deutschland der Versuch gemacht wurde, uns «den Rücken gegen die Alliierten zu stärken», hindert uns, in dieser Beziehung allzu optimistisch in die Zukunft zu blicken. Wir können aber immerhin darüber beruhigt sein, dass die im Wurfe liegende Einfuhr-Organisation an unsern vortrefflichen Beziehungen mit den Zentralmächten nichts ändern wird und dass diese der beste Schutz gegen allfällige künftige wirtschaftliche Schädigungen von dieser Seite sein und bleiben werden.

Gestützt auf diese Ausführungen stellen wir den Antrag,

1) der Bundesrat wolle den nachfolgenden Entwürfen seine Genehmigung erteilen:

a) Statuten der «Société suisse de surveillance économique»4.

b) Règlement intérieur5.

c) Lettre confidentielle6.

d) Statuten der «Association suisse pour l’importation de métaux»7.

2) Der Entwurf der beigeschlossenen Verbalnote an die Regierungen von Frankreich, Grossbritannien und Italien sei zu genehmigen8.

1
E 1001 1/EPD 1915.
2
La première partie du rapport a trait au déroulement des négociations concernant la S.S.S. depuis juin 1915.
3
Cf. https://dodis.ch/43398.
4
Reproduit en Annexe 1.
5
Reproduit en Annexe 2.
6
cf. no 154.
7
Non reproduit. Cf. E 2001 (B) 1, 92c.
8
cf. no 153.