Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 6, doc. 126
volume linkBern 1981
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001B#1000/1501#3257* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(B)1000/1501 92b | |
Dossier title | Errichtung der SSS, II und III (1914–1916) | |
File reference archive | C.21.11.4 |
dodis.ch/43401
L XVII. A. 15
Unter Bezugnahme auf Ihr mir heute zugekommenes Schreiben v. 18. l.M.2 beehre ich mich mitzuteilen, dass Sir F. Oppenheimer auf mein Ansuchen hin die Freundlichkeit hatte, mich soeben zu besuchen, so dass ich Gelegenheit hatte, die Frage des Transits durch Frankreich mit ihm zu besprechen. Er hält mit Ihnen dafür, dass es voraussichtlich möglich sein werde, zu einem Einverständnis mit Frankreich zu kommen, für Waren, die durch Vermittlung des Trusts bezogen würden; aber eine Anmeldung der Transporte zum Zwecke der Kontrolle werde wahrscheinlich auch in diesem Falle notwendig sein. Sir Francis erklärte sich gerne bereit, die Sache in Paris, anlässlich seiner Rückreise in die Schweiz, zur Sprache zu bringen. Was er jedoch fürchtet, ist, dass in Paris der ganze Trust-Entwurf auf Widerstand stossen könnte; sollte dies geschehen und müsste man auf das System der individuellen Garantien für jede einzelne Sendung greifen, so würde natürlich auch die Transitfrage sich schwieriger gestalten; denn, wenn es auch richtig sei, dass die britischen und französischen Interessen identisch sind und dass Waren, deren Ausfuhr aus Grossbritannien gestattet wurde, ipso facto auch zum Transit durch Frankreich zugelassen werden sollten, so sei es doch andererseits zu verstehen, dass beide Regierungen auf eine Transitkontrolle nicht verzichten möchten, denn ohne eine solche wäre es z.B. einem schweizerischen Hause möglich, die gleiche Ware aus England im Transit durch Frankreich und aus Frankreich selbst zu beziehen und dadurch die Quantitätskontrolle unmöglich zu machen.
Die hiesige Regierung hat den Trustentwurf noch immer nicht endgültig gutgeheissen, was zum Teil davon herrühre, dass die Auskünfte, die der schweizerische Spinner-, Zwirner- und Weberverein Sir F. Oppenheimer durch ihre und meine Vermittlung zukommen liess (vgl. Ihre Depesche vom 15. Mai3), nicht ausgiebig genug waren und keine genügenden Antworten auf alle von Sir Francis gestellten Fragen enthielten. Jedenfalls hat Sir F. Oppenheimer die Hoffnung aufgegeben, noch vor den Pfmgstferien seine hiesigen Arbeiten zu Ende zu führen.
Was die Regelung der Ausfuhrverhältnisse in der Zwischenzeit bis zum Inkrafttreten des Trusts anbelangt, konnte mir leider Sir Francis keine grossen Hoffnungen machen. Betreffend Kautschuk sagte er, es bestehe für dieses Produkt ein eigenes Komitee, das zugleich über das Zinn entscheide. Nun habe der Vorfall Zinn Jäger (S. mein Schreiben an Sie vom 14. Mai, XV, B. 734)das Misstrauen dieses Komitees erweckt und es veranlasst, alle Gesuche um Ausfuhrsbewilligungen, auch für Kautschuk, nach der Schweiz abschlägig zu bescheiden. Sie wissen aus meinen früheren Mitteilungen, dass ich alles menschenmögliche tue, um dieses Misstrauen zu beseitigen und die Regierung zu veranlassen, auf die abgewiesenen Gesuche zurückzukommen, ob mir dies aber gelingen wird, ist eine andere Frage.
Auch mit Bezug auf Baumwolle waren die Äusserungen Sir Francis’ sehr unerfreulich. Man sei hier mehr und mehr von der Notwendigkeit durchdrungen, zu verhindern, dass Baumwolle oder deren Produkte, sofern letztere zu Kriegszwecken Verwendung finden könnten, in «Feindesland» gelangen. Sir Francis habe sich überzeugt, dass wir noch für zwei bis drei Monate Vorräte an ägyptischer und indischer Baumwolle hätten und diese Sorten könnten in vielen Fällen die amerikanische Baumwolle ersetzen. Dazu komme, dass man sich hier darüber aufgehalten habe, dass zwei bedeutende Schweizerfirmen Sir F. Oppenheimer erklärt hätten, sie wollten sich in keiner Weise binden, ihren Export nach «Feindesland» einzustellen; sie würden vorziehen, nach Erschöpfung ihres Stocks die Fabrikation aufzuhören. Ich werde nicht ermangeln, unter diesen Umständen mit doppeltem Nachdruck im Auswärtigen Amt auf das dringende Bedürfnis hinzuweisen, das wir in der Schweiz nach amerikanischer Baumwolle empfinden.
Tags
Economic and financial negotiations with the Allies (World War I)