Vertraulich und persönlich
London, 1. April 1915
Meine vorläufige Antwort auf Ihren Brief vom 24. März2, datiert des 27. v. M.3 wird richtig in Ihre Hände gelangt sein.
Nachdem ich vorgestern vergebens versucht hatte, meinen hiesigen niederländischen Kollegen zu sprechen, konnte ich ihn heute morgen sehen. Ich setzte ihm Ihre Auffassung der Sachlage auseinander und ersuchte ihn, seine Regierung in ganz vertraulicher Weise zu sondieren. Er versprach mir, es zu tun, unterliess aber nicht zu bemerken, dass die Antwort voraussichtlich ablehnend lauten würde. Jedenfalls würde er, wenn er noch Minister des Äussern wäre, auf unsere Anregung nicht eingehen. Er sei überzeugt, dass von einer Vertretung der neutralen Staaten an den künftigen Friedens Verhandlungen keine Rede sein könne. Die jetzt Krieg führenden Staaten würden die jedenfalls sehr schwierigen Verhandlungen nicht dadurch noch erschweren wollen, dass sie «Unberufene» zuliessen. Höchstens könnte man nachher, d. i. nach erfolgtem Friedensschlüsse, untersuchen, inwiefern in einer spätem Konferenz die Rechte der Neutralen klarer als bisher festgestellt und gewahrt werden könnten.
Es entspricht dies meiner eigenen Auffassung der Sachlage, und mit einer «späteren» Konferenz käme man wieder in das Fahrwasser der «Friedenskonferenzen», deren praktischen Wert gerade die gegenwärtigen Feindseligkeiten ins Licht rücken, indem sich kein Mensch an die schönen 1899 und 1907 im Haag getroffenen Vereinbarungen hält.
Was die skandinavischen Staaten anbelangt, so meint Herr van Swinderen, wie ich, dass sie für ausser ihrem Verbände stehenden Länder schwer zugänglich sich erweisen dürften.
Ich bedauere lebhaft, dass die Aussichten für die Verwirklichung Ihres allen Neutralen so nützlichen Planes so wenig erfreuliche sind; aber die allergrösste Vorsicht ist am Platze, will man es nicht riskieren, nicht nur einem Misserfolge entgegenzugehen, sondern Schritte zu unternehmen, die gefährlichen Missdeutungen ausgesetzt sein könnten.
Sobald ich von Herrn van Swinderen wieder etwas höre, werde ich mich natürlich beeilen, weiter zu berichten.