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Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 5, doc. 209
volume linkBern 1983
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#9933* | |
Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 21.12.-23.12.1907 (1907–1907) |
dodis.ch/43064
Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 21. Dezember 19071
6551. Haager Konferenz
Das politische Departement unterbreitet dem Bundesrat:
1) den Text der Vereinbarungen2, welche am Schlüsse der Haager Konferenz, d. h. am 18. Oktober 1907, von den Vertretern der Mehrzahl der Mächte unterzeichnet worden sind.
Die Schweiz und andere Staaten (Deutschland, Grossbritannien, Österreich-Ungarn, Italien und die Türkei) haben diese Vereinbarungen noch nicht unterzeichnet. Nach den Bestimmungen der Schlussakte kann dies im Haag bis zum 30. Juni 1908 geschehen. Die Zeichnung soll dann so angesehen werden, als ob sie am Tage des Schlusses der Konferenz erfolgt wäre;
2) den Schlussbericht der schweizerischen Delegation über den Verlauf und die Ergebnisse der Konferenz3.
Es wird beschlossen:
I. Herr Minister Carlin wird beauftragt, folgende Vereinbarungen unter Ratifikationsvorbehalt zu unterzeichnen:
1) Die Übereinkunft über die friedliche Schlichtung internationaler Streitigkeiten, unter dem Vorbehalt des Art. 53, Ziff. 2;
2) die Übereinkunft über die Eröffnung der Feindseligkeiten;
3) die Übereinkunft über die Gesetze und Gebräuche des Landkrieges;
4) die Übereinkunft über die Rechte und Pflichten neutraler Mächte und Personen im Landkriege:
5) die Übereinkunft über die Behandlung feindlicher Handelsschiffe bei Ausbruch eines Krieges;
6) die Übereinkunft über die Umwandlung von Handelsschiffen in Kriegsschiffe;
7) die Übereinkunft über die Legung unterseeischer selbstätiger Kontaktminen;
8) die Übereinkunft über die Beschiessung offener Häfen und Plätze durch eine Kriegsflotte;
9) die Übereinkunft über die Anpassung der Grundsätze der Genfer Konvention an den Seekrieg;
10) die Übereinkunft über gewisse Beschränkungen des Beuterechtes im Seekriege;
11) die Übereinkunft über die Errichtung eines internationalen Prisengerichtshofes;
12) die Übereinkunft über die Rechte und Pflichten neutraler Mächte im Seekriege;
13) die Erklärung betreffend das Verbot, Geschosse und Explosivstoffe aus Luftschiffen zu werfen.
II. Die Übereinkunft über die Anwendung von Gewalt zur Eintreibung vertragsmässiger Schulden ist nicht zu unterzeichnen.
Dieser Vertrag bestimmt in zwei Artikeln - fünf weitere enthalten nur formelle Vorschriften - folgendes:
Für die Eintreibung von vertragsmässigen Schulden, die ein Staat als einem seiner Staatsangehörigen geschuldet von einem ändern Staat fordert, soll Waffengewalt nicht angewandt werden. Doch soll dieser Grundsatz in folgenden Fällen nicht gelten:
1) wenn der Schuldnerstaat ein ihm gemachtes Angebot des Schiedsverfahrens ablehnt oder nicht beantwortet;
2) wenn er nach Annahme des Schiedsverfahrens die Errichtung des Schiedsvergleichs (compromis) unmöglich macht;
3) wenn er sich einem gefällten Schiedsspruch nicht unterwirft.
Die Schweiz kann eine Abmachung nicht annehmen, welche Streitigkeiten privatrechtlicher Natur den ordentlichen Gerichten entzieht, um sie einem Schiedsgericht zu überweisen.
Das war der Grund - und kein anderer -, warum der Bundesrat seine Delegation im Haag angewiesen hat, den Antrag Porter abzulehnen, was im Huber’schen Berichte nicht scharf genug hervorgehoben ist. Aus dem gleichen Grunde ist zu Art. 53, Ziffer 2, der Übereinkunft über die friedliche Schlichtung internationaler Streitigkeiten ein Vorbehalt zu machen.
III. Den schweizerischen Delegierten ist von diesem Beschlüsse Kenntnis zu geben (Herrn Carlin unter Anschluss einer Vollmacht).
Es ist ihnen gleichzeitig der Empfang ihres Schlussberichtes zu bestätigen und der Dank des Bundesrates für die Art und Weise auszusprechen, wie sie ihre schwierige und mühevolle Mission erfüllt haben.
An Herrn Carlin, schweizer. Gesandten in London (mit Vollmacht) und mit dem Bemerken, dass bei der Unterzeichnung der Übereinkunft über das «Règlement pacifique des conflits internationaux», Art. 53, Ziffer 2, vorzubehalten sei.
An Hrn. Dr. Eugen Borei, Professor der Rechte, in Genf.
An Hrn. Dr. jur. Max Huber, Professor der Rechte, in Zürich4.
- 1
- E 1004 1/230.↩
- 2
- AS 1910, NF 26, S. 250ff.↩
- 4
- Vgl. Botschaft des Bundesrates an die Bundesversammlung betreffend die Ergebnisse der im Jahre 1907 im Haag abgehaltenen zweiten internationalen Friedenskonferenz, vom 28. Dezember 1908 in BBl 1909, I, S. 1. Die Genehmigung durch die eidgenössischen Räte erfolgte diskussionslos. Bundesbeschluss vom 4. April 1910 in AS 1910, NF 26, S. 243 ff.↩
Relations to other documents
http://dodis.ch/63158 | cf. | http://dodis.ch/43064 |
Tags
Hague Peace Conferences (1899 and 1907)