Darin: Schweizerische Erklärung zum Antrag Porter. Annex vom 9.10.1907
Darin: Schweizerische Erklärung zur ablehnenden Haltung in der Frage eines ständigen Schiedsgerichtshofes. Annex vom 9.10.1907
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 5, doc. 200
volume linkBern 1983
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
▼ ▶ Segnatura | CH-BAR#E2001A#1000/45#559* | |
Vecchia segnatura | CH-BAR E 2001(A)1000/45 47 | |
Titolo dossier | Nr. 479. Berichte der schweizerischen Delegation (1907–1907) | |
Riferimento archivio | B.231-2 |
dodis.ch/43055
Wir beehren uns, Ihnen im Nachfolgenden Bericht zu erstatten über die gestrige Sitzung der I. Kommission, in welcher folgende Geschäfte zur Behandlung kamen:
I. Vermittlungsantrag Martens betr. den Weltschiedsgerichtsvertrag. Die Proposition, deren Text in separater Verpackung folgt, besteht darin, dass die mit einer Majorität von 30 gegen 9 Stimmen votierten Artikel in eine Spezialkonvention (acte additionnel) zusammengefasst und als solche in der Hauptkonvention erwähnt werden sollen. Die Minorität würde zwar hiedurch zu nichts verpflichtet, aber sie müsste sich dazu hergeben, zu konstatieren, dass eine Majorität einen weitergehenden, dem Hauptvertrag angeschlossenen Nebenvertrag abgeschlossen hat. Obwohl dieser Antrag aus formellen Gründen gestern nicht debattiert und auf heute verschoben worden ist, kann doch kein Zweifel bestehen, dass Deutschland und Österreich den russischen Antrag mit ausgesprochener Feindseligkeit aufnehmen. Die Stimmung ist jetzt durch die seit Wochen von beiden Seiten bekundete, uns unverständliche Intransigenz eine so gespannte geworden, dass eine Verständigung kaum mehr möglich ist. Politische und persönliche Animositäten, die am Anfang der Konferenz sich nie zeigten, haben jetzt die Oberhand und das Resultat der I. Kommission wird nicht nur ein vollständiges Fiasco, sondern überdies eine Verstimmung zwischen den Mächten sein.
Wir hatten gestern eine längere Unterredung mit Bourgeois, der, wie auch andere Persönlichkeiten der Majorität, jetzt endlich zugiebt, dass unser Antrag der Majorität erlaubt, ihren Wunsch im Rahmen der Konvention zu verwirklichen, ohne dass die Minorität irgend eine Verpflichtung übernimmt oder ein Princip opfert. Wir werden aber in Anbetracht der herrschenden Stimmung keine weiteren Schritte thun, sofern nicht die maassgebenden Delegationen der Majoritäten dies wünschen und wir gewiss sind, dass die Minorität auf eine Vermittlung eingeht.
II. Proposition Porter.
Der Ihnen bereits früher im Text mitgeteilte amerikanische Antrag betreffend die Voraussetzungen der gewaltsamen Geltendmachung von Geldforderungen gegen Staaten wurde mit 37 Stimmen bei 6 Enthaltungen angenommen. Venezuela nahm nur das erste Alinea (Verbot von Zwangsmaassregeln) an, schloss aber die Alinea 2 und 3 aus, was natürlich unannehmbar ist, weil unvereinbar mit dem Grundgedanken und Zweck des ganzen Antrages.
Es wurden auch sonst noch eine Reihe von Reserven seitens südamerikanischer Staaten gemacht, die indessen völlig irrelevant sind, indem das Abkommen nur Bedeutung für die Grossmächte hat, da es für gewisse Fälle die Monroedoktrin ausschaltet.
Gemäss Ihren Instruktionen gab unsere Delegation die diesem Bericht im Text beigefügte Deklaration ab2. Wie der rumänische Delegierte noch ausdrücklich konstatierte, wird der Beschluss als besonderes Abkommen redigiert, sodass das, was wir von Anfang an angeregt und verlangt haben, schliesslich angenommen worden ist.
III. Cour de justice arbitrale.
In der Generaldebatte über diesen Gegenstand gab, entsprechend Ihren Instruktionen, unsere Delegation die Erklärung ab, deren Text dem Berichte3 beigefügt ist. Diese ablehnende Haltung nicht nur gegen das Projekt als solches, sondern auch gegen das blosse vorgeschlagene «Vœu»4 ist umsomehr gerechtfertigt, als nachträglich Berichtigungen zu dem Bericht des Comité B ausgegeben worden sind, nach welchen in dem Artikel 1, der sich auf die Zusammensetzung des Gerichts bezieht, nachträglich die Worte «basée sur l’égalité juridique des Etats» gestrichen worden sind (!).
Ausser uns sprachen noch gegen das Projekt Dänemark, Rumänien und Belgien. Dafür sprachen Mexico, San Domingo, Russland, Norwegen, China und Persien, letztere drei aber unter ausdrücklicher Wahrung der Gleichheit der Staaten. Brasilien erklärte, als Vermittlung, die britische Resolution anzunehmen, wonach die Mächte lediglich eingeladen werden durch die Konferenz, das Projekt, unter Ausschluss der auf die Zusammensetzung des Gerichts bezüglichen Artikel, anzunehmen. Barbosa schloss dieser Erklärung eine hochpolitische, gegen die Anmaassungen der Grossmächte gerichtete Rede ein, welche nicht angetan ist, die herrschende Stimmung zu verbessern. Uruguay erklärte sich zu enthalten und kam auf sein früheres, unmögliches Projekt einer Union zur Erzwingung des Weltfriedens zurück.
Heute wird in die artikelweise Beratung eingetreten, in der wir uns, weil das ganze Projekt unter allen Umständen verwerfend, zu enthalten gedenken, um in der Gesamtabstimmung natürlich nein zu stimmen.
- 1
- Schreiben: E 2001 (A), Archiv-Nr. 479. Nr. 496 I. Kommission obligat. Schiedsgerichte Antrag Porter Gerichtshof.↩
- 2
- Annex 1.↩
- 3
- Annex 2.↩
- 4
- Der Entwurf dieses Wunsches lautet: La Conférence recommande aux Puissances signataires l’adoption du projet voté par Elle pour l’établissement d’une Cour de justice arbitrale, et sa mise en vigueur dès qu’un accord sera intervenu sur le choix des juges et la constitution de la Cour (E 2001 (A), Archiv-Nr. 471).↩
Tags
Conferenze di pace all'Aia (1899 e 1907)