Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 5, doc. 194
volume linkBern 1983
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001A#1000/45#559* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(A)1000/45 47 | |
Dossier title | Nr. 479. Berichte der schweizerischen Delegation (1907–1907) | |
File reference archive | B.231-2 |
dodis.ch/43049
Wir beehren uns, auf unsere Berichte über das obligatorische Schiedsgerichtswesen, namentlich auf die vom 2. 1. Mts., No. 423, und vom 5. 1. Mts., No. 427, zu verweisen2.
Die Angelegenheit wird vermutlich im Laufe der Woche vom 16. bis 21. September in der Kommission zur Verhandlung kommen. Der Bundesrat dürfte also Zeit haben, die Sache einer nochmaligen Prüfung zu unterwerfen und uns auf Grund unserer Eingangs erwähnten Berichte definitive Instruktionen zu erteilen.
1. Entspricht es wirklich den Absichten des Bundesrates, dass wir uns gegen alle Fälle unbedingt obligatorischer Schiedssprechung, wie sie unter Ziffer 1-8 unserer Depesche No. 427 vom 5. 1. Mts., aufgezählt sind, also gegen das dort niedergelegte Princip selbst, ablehnend verhalten, obschon eine Majorität von 32-35 gegen 8-9 Staaten voraussichtlich in der Kommission zu Gunsten des Princips sich erklären wird?
2. Bei der im Laufe der Konferenz oft betonten Neigung Italiens für gewisse Fälle obligatorische Schiedssprechung anzunehmen und in Anbetracht der starken Mehrheit, die diesem Princip zustimmt, ist es fraglich, ob Graf Tornielli seinen Vermittlungsantrag aufrecht erhalten wird. Sollen wir dann, in Ermangelung der Tornielli’schen Proposition, für den Merey’schen Resolutionsvorschlag3 stimmen, und zwar im Gegensatz zu dem weitergehenden, wenigstens eine eventuell bindende Verpflichtung schaffenden System, wie dasselbe zuerst in unserm eigenen Antrag (unter Ziff. 3) vorgesehen war?
3. Es darf in der Tat nicht übersehen werden, dass wir diesen Antrag mit Zustimmung des Bundesrates (Telegramm des Politischen Departements vom 12. August4 und unser Bericht vom 13. gl. Mts. No. 3795)
eingebracht hatten6. Er wurde zwar in der Sitzung des Prüfungsausschusses vom 29. August verworfen, aber nicht als solcher, sondern nur weil ihm von der Mehrheit nur subsidiärer Charakter zuerkannt werden wollte und weil er in Artikel 16 d. der britischen Proposition bereits Aufnahme gefunden hatte und votiert worden war (vgl. unsern Bericht No. 415 vom 29. August7).
Tatsächlich und von der Liste obligatorischer Schiedsgerichtsfälle abgesehen, haben sich alle im Comité vertretenen Staaten, mit einziger Ausnahme Österreich-Ungarns, mit dem Princip unseres Antrages einverstanden erklärt: ein Grad faktischer Übereinstimmung, wie er sonst im Comité nicht erzielt wurde.
Nun könnte sich ereignen, dass die Majorität, um auf die Minderheit, in welcher sich Deutschland und Österreich-Ungarn befinden, keinen unliebsamen Druck auszuüben, doch zu einem Vermittlungsantrag die Hand bieten würde. Dürfen wir in diesem Falle annehmen, dass wir ermächtigt sind, wieder auf unsern Antrag hinzuweisen, eventuell einem ähnlichen, wie er in Art. 16 d. der votierten britischen Proposition enthalten ist, unsere Zustimmung zu geben? Oder haben wir auch in diesem Falle Instruktion, den Entwurf des Comités nicht nur «en bloc», sondern auch partiell - Art. 16 d. - zu verwerfen und dem Tornielli’schen, bezw. dem Merey’schen Antrag den Vorzug zu geben?
4. Wir wünschen über diese Punkte ganz bestimmte Instruktionen des Bundesrates, da die bisher erhaltenen schwer mit einander in Einklang zu bringen sind. Auch müssen wir darauf halten, dass in dieser nach aussen hin wichtigsten, der Konferenz vorliegenden Frage unsere Verantwortlichkeit voll gedeckt sei.
Dies umso mehr, als wir persönlich keine Bedenken hätten, gewisse Punkte unbedingter Schiedsgerichtsbarkeit anzunehmen, und uns fragen müssen, ob eine, die obligatorische Schiedsgerichtsbarkeit in jeder positiven Form zurückweisende Haltung Ihrer Delegation von der öffentlichen Meinung unseres Landes nicht einer scharfen Kritik unterworfen werden würde.
Es wäre uns in hohem Masse erwünscht, wenn möglich bis Ende der laufenden Woche Ihre gefällige Antwort auf die aufgeworfenen Fragen zu erhalten8.
- 1
- Schreiben: E 2001 (A), Archiv-Nr. 479.↩
- 2
- E 2001 (A), Archiv-Nr. 479.↩
- 3
- Der österreichisch-ungarische Resolutionsvorschlag ging dahin, dass die Regierungen die Frage der Einführung der verbindlichen Schiedsgerichtsbarkeit prüfen und binnen einer bestimmten Frist der niederländischen Regierung mitteilen sollten, für welche Materien sie bereit wären, die obligatorische Schiedssprechung anzunehmen.↩
- 4
- E 2001 (A), Archiv-Nr. 471.↩
- 5
- E 2001 (A), Archiv-Nr. 479.↩
- 6
- Zum Schweiz. Antrag siehe Nr. 190, Annex.↩
- 7
- E 2001 (A), Archiv-Nr. 479.↩
- 8
- Siehe Nr. 195.↩
Tags
Hague Peace Conferences (1899 and 1907)