Classement thématique série 1848–1945:
X. QUESTIONS FINANCIÈRES ET COMMERCIALES
1. Monnaie
1.2. Union monétaire latine
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 4, doc. 399
volume linkBern 1994
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E12#1000/36#254* | |
Old classification | CH-BAR E 12(-)1000/36 38 | |
Dossier title | Zusatzvertrag vom 4. November 1902 zur lateinischen Münzunion: Ermächtigung der Schweiz zur Prägung eines ausserordentlichen Kontingents von Silberscheidemünzen (1901–1903) |
dodis.ch/42809
Unterm 25. März abhin hat der Bundesrat nach Entgegennahme2 eines Berichts über den Stand der Verhandlungen in Paris betreffend die Frage der Nationalisierung der Silberscheidemünzen das Finanzdepartement ermächtigt, Herrn Minister Lardy dahin zu instruieren, dass der Bundesrat geneigt sei, sein ursprüngliches Begehren bezüglich der Einberufung einer Konferenz der Münzunionsstaaten zurückzuziehen, sofern unsere Münzalliierten uns ein Separatabkommen auf folgenden Grundlagen zugestünden:
1. Bewilligung eines ausserordentlichen Kontingents im Betrage von 15 Millionen Franken, wobei jede Umprägung von schweizerischen Fünffrankenstükken ausgeschlossen ist.
2. Ablehnung des Verzichts schweizerischerseits auf die 1885 zugestandene Umprägung von Fünffrankenstücken ältern Gepräges.
3. Verteilung der neuen Prägung in folgender Weise; 4 Millionen im ersten Jahre (unter Berücksichtigung der Anlage einer ständigen Reserve), 3 Millionen im zweiten Jahre und je 2 Millionen in den folgenden Jahren mit Ubertragungsrecht der Restanzen auf die folgenden Jahre.
4. Verpflichtung der Schweiz jeden Prägungsgewinn dem Münzreservefonds zuzuwenden.
Gestützt auf die französischerseits im Verlaufe der frühem Verhandlungen gemachten Zusagen, glaubten wir zur Annahme berechtigt zu sein, dass man in Paris die obigen Bedingungen in der Hauptsache acceptieren werde und erwarteten lediglich noch einen Anstand mit Bezug auf die Ziffer von 15 Millionen Franken, welche die Franzosen als zu hoch bezeichnet hatten.
Mittlerweile war aber der Abbruch der schweizerisch-italienischen Beziehungen erfolgt3, und die Pariser Regierung glaubte diesen Zwischenfall möglichst ausnützen zu wollen, indem man uns nicht nur das uns zu bewilligende neue, ausserordentliche Kontingent auf 10 Millionen d. h. um volle 5 Millionen reduzieren wollte, sondern sogar auf 2 Forderungen zurückkam, die wir hoffen durften, definitiv beseitigt zu haben, nämlich den Verzicht auf das Recht der Umprägung der alten schweizerischen Fünffrankenthaler und die Umwandlung der noch bestehenden alten Fünffrankenstücke in Silberscheidemünzen. Dabei liess man ferner durchblicken, man lege auf dem französischen Finanzministerium, entgegen den Anschauungen des Ministeriums des Auswärtigen, der Beibehaltung der lateinischen Münzunion keine grosse Bedeutung mehr bei und sehe einer Kündigung derselben seitens der Schweiz ziemlich ruhig entgegen. (Vide Schreiben des Herrn Minister Lardy vom 19. April 1902, Beilage l).4
Die Nutzlosigkeit neuer Konzessionen unsererseits einsehend und nicht gewillt, die mühsamen Unterhandlungen nochmals aufzunehmen, erklärte das Finanzdepartement in seiner Antwort vom 30. April an Herrn Lardy, zu der ursprünglichen Forderung der Konferenz und der Nationalisierung der Silberscheidemünzen aller Unionsstaaten zurückkehren zu wollen, nachdem es darauf hingewiesen hatte, dass man in Paris dem schweizerisch-italienischen Konflikt eine viel zu grosse Bedeutung beimesse, dass es wohl möglich sei, dass man im französischen Finanzministerium und in den Kreisen der Bank von Frankreich die Ansichten über die lateinische Münzunion teilweise geändert habe, dass man aber sich wohl hüten werde, durch die Begünstigung der Aufhebung dieses Vertrages politische Erfolge wie z. b. die Annäherung Italiens an Frankreich preiszugeben (Beilage 2).5
In einer Zuschrift vom 10. Mai (Beilage 3)6, die uns zu keiner Rückäusserung veranlasste, teilte uns unsere Gesandtschaft in Paris mit, dass sie den zuständigen Behörden unsere frühere Forderung der Einberufung einer Konferenz zur Kenntnis gebracht habe.
Es hat nun dies die von uns gewünschte Wirkung gehabt, indem endlich unterm 31. Mai das französische Ministerium des Auswärtigen in einer Note an Herrn Lardy, von welcher uns dieser mit Schreiben vom 2. dies eine Abschrift übermittelt, feste Gegenvorschläge machte. (Beilagen 4 und 5).7
Dieselben lauten folgendermassen:
Der Schweiz wird ein nachträgliches, aus Barren zu prägendes Kontingent von 12 Millionen Franken Silberscheidemünzen bewilligt, wovon im ersten Jahre 4, in den darauffolgenden Jahren höchstens je 2 Millionen ausgemünzt werden sollen, in dem Sinne jedoch, dass keine Restanzen auf die folgenden Jahre übertragen werden können. Der zu erzielende Prägungsgewinn soll ausschliesslich zur Instandhaltung der schweizerischen Münzen verwendet, mit ändern Worten in den Münzreservefond gelegt werden.
Die französische Regierung wünscht den Zusammentritt einer Münzkonferenz zu vermeiden und möchte die Angelegenheit auf dem Wege der diplomatischen Korrespondenz erledigen. Für den Fall, als die Schweiz auf der Einberufung von Delegierten der Münzunionsstaaten beharren wollte, würde Frankreich entschieden dagegen Stellung nehmen, dass die Frage der Nationalisierung der Silberscheidemünzen die Grundlage der Verhandlungen bilde.
Man hat also endlich auf die Prägung einer gewissen Quote Silberscheidemünzen aus Fünffrankenthalern verzichtet. Man hat ferner die Forderung der Sistierung der Umprägung von alten schweizerischen Fünffrankenstücken (sitzende Helvetia) in solche neuen Gepräges fallen gelassen. Dagegen hat man den Betrag des neuen Kontingents um drei Millionen reduziert und will uns nicht zugestehen, allfällige Restanzen von Jahresbetreffnissen zu übertragen.
Was die Reduktion von 15 auf 12 Millionen Franken anbetrifft, so glauben wir uns damit einverstanden erklären zu sollen. Obschon wir natürlich lieber den höhern Betrag acceptiert hätten, so können wir uns auch mit der kleinern Summe begnügen, welche voraussichtlich unsern Bedarf für eine Reihe von Jahren decken wird. Wir hatten erwartet, dass man uns nicht die 15 Millionen bewilligen würde, aber nichtsdestoweniger diesen Betrag verlangt, um circa 12 Millionen zu erhalten. Es bedeutet dies immerhin eine Vermehrung unserer Quote um circa Fr. 4 per Kopf der Bevölkerung.
Warum man uns die Übertragung eines nicht ausgemünzten Jahresbetreffnisses nicht gestatten will, ist uns nicht recht begreiflich. Wir hatten ja die Versicherung abgegeben und unsere ganze Münzpolitik in der Vergangenheit bürgt dafür, dass wir auch nicht einen Franken über unsere wirklichen Bedürfnisse hinaus prägen würden. Dadurch, dass der in einem Jahre nicht ausgemünzte Betrag dahinfällt, wird man uns voraussichtlich um so eher wieder nötigen, bei unsern Münzverbündeten vorstellig zu werden. Immerhin haben wir es in der Hand, aus den für das erste Jahr nach Inkrafttreten des neuen Abkommens gestatteten vier Millionen eine grössere Reserve anzulegen und endlich ist anzunehmen, dass, nachdem uns einmal das neue Kontingent von 12 Millionen zugesprochen worden ist, man uns im Notfälle auch bezüglich der Ausprägung von allfälligen Restanzen keine besonderen Schwierigkeiten in den Weg legen wird. Eine solche nachträgliche Bewilligung dürfte jedenfalls viel leichter zu erhalten sein als die Gewährung eines neuen Kontingents.
Gegen die Erledigung der Angelegenheit auf dem Wege der internationalen Korrespondenz haben wir nichts einzuwenden. Es kann uns vollständig gleichgültig sein, auf welche Weise die neue Vereinbarung zustande kommt. Wir hätten an dem Zusammentritt einer Konferenz nur dann ein Interesse gehabt, wenn Frankreich uns ungenügende Konzessionen hätte machen wollen; denn in diesem Falle durften wir hoffen, in offener Aussprache mit unsern Münzalliierten mehr zu erreichen.
Es ist ja schon richtig, dass wir nun unsern ursprünglichen Antrag auf Nationalisierung der Silberscheidemünzen, der eine grundsätzliche und endgültige Lösung der Frage der Silberscheidemünzen bedeutet hätte, haben preisgeben müssen. Bei dem Widerstande Frankreichs, dem sich jedenfalls Belgien zugesellt hätte, war es von Anfang an sehr unwahrscheinlich, dass wir mit unserm erwähnten Vorschlag auf einer Konferenz durchgedrungen wären, und der Zeitpunkt des Austritts aus der Münzunion, der im Falle einer Ablehnung unseres Vorschlags hätte in Betracht fallen können, scheint uns noch nicht gekommen zu sein. Die stattgefundenen Verhandlungen haben aber aufs schlagendste bewiesen, dass es taktisch richtig war, zuerst die Nationalisierung der Silberscheidemünzen zur Sprache gebracht zu haben; denn dadurch wurde die französische Regierung schliesslich zur Aufstellung eines acceptabeln Gegenvorschlages gezwungen. Hätten wir von Anfang an bloss eine Erhöhung unseres Kontingents verlangt, so wäre das Resultat wohl ein ähnliches gewesen wie 1897, wo wir mit Mühe und Not drei Millionen erlangten, während z. B. Frankreich eine unverhältnismässig grosse Erhöhung seiner Quote durchdrückte. Der von uns verfolgte Zweck, die Beseitigung des Mangels an Silberscheidemünzen, wird durch das neue in Aussicht genommene Abkommen, an dessen Zustandekommen unter dem Beistände Frankreichs kaum zu zweifeln ist, erreicht, und es kann somit das Ergebnis unserer Unterhandlungen dennoch als ein schöner praktischer Erfolg unsererseits betrachtet werden.
Auch Herr Minister Lardy empfiehlt die Annahme der französischen Propositionen. Er glaubt, dass wir auf einer Konferenz höchstens zwei bis drei Millionen mehr und jedenfalls nur nach langwierigen Unterhandlungen erhalten würden. Er macht ferner auf den wahrscheinlich bevorstehenden Personalwechsel in den französischen Ministerien des Auswärtigen und der Finanzen aufmerksam, der sich vielleicht nicht nur auf die Inhaber der Portefeuilles, sondern auch auf die obersten Chargen der beiden Verwaltungen erstrecken wird. Es sei deshalb angezeigt, die Vorschläge sofort anzunehmen, ansonst man, wenn einmal die neuen Würdenträger ihr Amt angetreten hätten, riskieren müsste, die Unterhandlungen wieder von vorn anfangen zu müssen.
Das Finanzdepartement stellt denAntrag:
Der Bundesrat beauftragt das Finanzdepartement, den schweizerischen Gesandten in Paris, Herrn Minister Lardy, zu ermächtigen, die im Schreiben des Ministeriums des Auswärtigen der französischen Republik an diesen letztem vom 31. Mai abhin enthaltenen Gegenvorschläge betreffend Bewilligung eines neuen ausserordentlichen Kontingents von 12 Millionen Silberscheidemünzen an die Schweiz anzunehmen, und das weitere behufs Abschluss eines internationalen Münzabkommens auf den Grundlagen dieser Gegenvorschläge durch die Vermittlung Frankreichs auf dem Wege der diplomatischen Korrespondenz besorgen zu lassen.8
Tags
Monetary issues / National Bank
Multilateral relations Latin Monetary Union (1880–1905)