Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 4, doc. 299
volume linkBern 1994
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| Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
| Archival classification | CH-BAR#E1004.1#1000/9#8901* | |
| Dossier title | Beschlussprotokoll(-e) 03.03.-06.03.1899 (1899–1899) |
dodis.ch/42709 CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 3 mars 18991 876. Anti-Anarchistenkonferenz in Rom
Procès-verbal de la séance du 3 mars 18991
Nach Einsicht des Berichtes des Justiz- und Polizeidepartements und des Mitberichts des politischen Departements über die Vorschläge der internationalen Konferenz gegen den Anarchismus wird vom Bundesrat beschlossen:
1) Anarchisten, welche in Anwendung des Art. 70 der Bundesverfassung aus dem Gebiete der Eidgenossenschaft ausgewiesen werden, sind an die Grenze des Heimatstaates zu verbringen, und es sind die Polizeibehörden des letztem in nützlicher Zeit von der verfügten Ausweisung in Kenntnis zu setzen.2
2) Werden von einem auswärtigen Staate ausgewiesene Anarchisten zum Zwecke des Transites in ihre Heimat an die schweizerische Grenze geführt, so sind dieselben, unter Vorbehalt des Gegenrechts, auf Kosten des Bundes in der Regel ohne weiteres an die Grenze des Heimatstaates zu verbringen.
3) Von dem Vorschläge der Konferenz, für alle Staaten ein einheitliches Signalement der Verbrecher, das «portrait parlé» einzuführen, ist den Kantonen in angemessener Weise Mitteilung zu machen.
Ein oder zwei Beamte des Justiz- und Polizeidepartements oder der Bundesanwaltschaft sind nach Paris zu senden, um das von der Anti-Anarchisten-Konferenz empfohlene Verfahren zur Feststellung der Identität von Verbrechern zu studieren, dessen Einführung in den Kantonen anzustreben ist.
4) Das eidg. Justiz- und Polizeidepartement ist mit der Vollziehung der Beschlüsse ad 1), 2) und 3) beauftragt,
5) Die Bundesanwaltschaft wird beauftragt, mit den Centralpolizeibehörden der ändern Staaten in direkten Verkehr zu treten und ermächtigt, mit Bezug auf die Anarchisten alle nützlich erscheinenden Aufschlüsse zu erteilen.3
6) Das Justiz- und Polizeidepartement wird eingeladen, zu untersuchen und darüber Bericht zu erstatten, ob nicht die Aufsicht über die Anarchisten besser organisiert und intensiver gestaltet werden könnte, insbesondere nach der Richtung hin, dass in der Schweiz lebende Anarchisten fortwährend der Beaufsichtigung unterstellt werden und dass die kantonalen Polizeibehörden stets unter sich und mit der Bundesanwaltschaft in Kontakt bleiben und sich sofort gegenseitig benachrichtigen sollen, wenn ein Anarchist von einem Ort zum ändern zieht.
7) Es sei an die italienische Regierung bis zum 21. März nächsthin eine Note zu richten, worin der Standpunkt, den der Bundesrat den Vorschlägen der antianarchistischen Konferenz gegenüber einnimmt, präzisiert und erklärt wird: der Bundesrat stimme sämtlichen unter III. A.B.C.D und F.4 vorgeschlagenen Administrativ-Massnahmen zu und treffe die zu deren Ausführung nötigen Anordnungen. Von der in Vorschlag III, E dem ausweisenden Staat eingeräumten Befugnis werde er aus principiellen Gründen keinen Gebrauch machen.
Mit Bezug auf die übrigen Postulate sei unter näherer Begründung auseinanderzusetzen, inwieweit wir sie als durch unsere Gesetzgebung bereits verwirklicht ansehen und inwieweit wir sie nicht berücksichtigen können.
Das Justiz- und Polizeidepartement sei beauftragt, den Entwurf einer solchen Note vorzulegen.
In der an die italienische Regierung zu richtenden Note soll ausgesprochen werden, dass die Erklärung des Bundesrates als ein autonomer Akt und nicht als eine vertragliche Verpflichtung zu betrachten sei, und dass sich der Bundesrat Vorbehalten müsse, jederzeit von derselben zurückzutreten, sofern die Umstände oder eine Änderung in der Gesetzgebung es ihm angezeigt erscheinen lassen sollten.
Das politische Departement erklärt sich auf geäusserten Wunsch bereit, durch die schweizerischen Gesandtschaften in Paris und London bei den dortigen Regierungen in vertraulicher und unauffälliger Weise darüber Erkundigungen einzuziehen, was diese der italienischen Regierung antworten werden.
Die beiden Gesandtschaften sind zu ersuchen, ihre Berichte sobald als möglich – wenn thunlich vor dem 16. März – einzusenden.
- 1
- E 1004 1/196.↩
- 2
- Cf. aussi le PVCF du 31 mars 1899: Ein Antrag, auf den Beschluss vom 3. März zurückzukommen und unter Ziffer 1 die Worte «in der Regel» aufzunehmen und somit zu sagen: «Anarchisten, welche in Anwendung des Art. 70 der Bundesverfassung aus dem Gebiete der Eidgenossenschaft ausgewiesen werden, sind in der Regel an die Grenze des Heimatstaates zu verbringen» etc., wird mit 3 gegen 3 Stimmen durch den Stichentscheid des Präsidenten abgelehnt.↩
- 3
- Le 31 mars 1904 le Conseil fédéral signa aussi le protocole germano-russe contre les menées des anarchistes, cf. E 2001 (A) /83.↩


