Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
23. Uruguay
23.1. Expulsion du Ministre Nin
Pubblicato in
Documenti Diplomatici Svizzeri, vol. 4, doc. 220
volume linkBern 1994
Dettagli… |▼▶Collocazione
Archivio | Archivio federale svizzero, Berna | |
Segnatura | CH-BAR#E1004.1#1000/9#8599* | |
Titolo dossier | Beschlussprotokoll(-e) 12.09.-18.09.1896 (1896–1896) |
dodis.ch/42630
CONSEIL FÉDÉRAL
Procès-verbal de la séance du 19 septembre 18961
4419. Angelegenheit Nin
Procès-verbal de la séance du 19 septembre 18961
Mit Schreiben vom 16. September2 beklagt sich Herr Alberto Nin, Gesandter der Republik Uruguay, darüber, dass Herr Bundesrat Frey, Chef des Militärdepartements, ihn am gleichen Tage von dem Manöverfelde des III. Armeekorps hat wegweisen lassen, und verlangt, dass ihm der Bundesrat für diese ihm angethane Beleidigung sofortige Genugthuung gebe.
Nach dem Berichte des Herrn Bundesrat Frey3 ist zum vollen Verständnis der Vorgänge in erster Linie auf einen Zwischenfall zurückzugreifen, der sich während den Herbstübungen des 1. Armeekorps im verflossenen Jahre ereignete. Diesen Herbstübungen des 1. Armeekorps folgte mit Bewilligung des Chefs des Militärdepartements u.a. auch Herr Minister Nin in der Uniform und Eigenschaft (wie er ihm mitteilte) eines Obersten der Armee von Uruguay. Unter den anwesenden fremden Offizieren hatte der deutsche General von Jansen, als der höchste im Range, den Vortritt. Durch diesen Umstand fühlte sich Minister Nin verletzt; es kam zu ärgerlichen Scenen, welche die fremden Offiziere (inkl. die französische Mission) veranlasste, Hrn. Bundesrat Frey durch den damaligen Oberstlieutenant von Tscharner, welcher ihnen als Begleiter beigegeben war, ersuchen zu lassen, gegen Herrn Nin einzuschreiten.
Nach reiflicher Prüfung der Vorgänge entschloss sich Herr Bundesrat Frey, dem Begehren zu entsprechen. Dieser stellte Herrn Nin zur Rede; seine eigenen Auseinandersetzungen bestätigten die gegen ihn erhobenen Beschwerden in vollem Masse; seine Ansprüche beruhten auf einer krankhaften Eitelkeit und auf einer vollständigen Unkenntnis der elementarsten militärischen Vorschriften und Gebräuche. Herr Bundesrat Frey suchte ihn hierüber zu belehren, sprach die Erwartung aus, dass er sich gegen General von Jansen keine weitern Unhöflichkeiten zu Schulden werde kommen lassen, und sah sich schliesslich genötigt, ihm weitere Schritte in Aussicht zu stellen, falls er durch sein Benehmen fernerhin Anstoss erregen sollte.
Das Benehmen des Herrn Nin wurde damals ausnahmslos verurteilt, und er machte allgemein den Eindruck eines krankhaft ehrsüchtigen, händelsüchtigen und mit den militärischen und diplomatischen Gepflogenheiten gänzlich unvertrauten Mannes.
Mittelst Schreiben vom 8. Juli d. J.4 zeigte Herr Nin dem Militärdepartement an, dass er auch den diesjährigen Manövern zu folgen wünsche, dass er aber, um seine Person gegen abermalige Erörterungen über Etiquettefragen zu schützen («de mettre tout à fait ma présence aux manœuvres à l’abri de questions d’étiquette, qui peuvent se soulever une autre fois, parmi la corporation des officiers étrangers») zwar in militärischer Kleidung erscheinen, aber sich den übrigen fremden Offizieren nicht beigesellen werde. Dagegen sprach Herr Nin den Wunsch aus, es möchte ihm während den Manövern ein Offizier zur Verfügung gestellt werden.
Dieses Begehren charakterisiert die Eigenartigkeit des Hrn. Minister Nin. Es wurde ihm in der That vom Militärdepartement erwidert, dass er sich den bestehenden Gebräuchen entsprechend den übrigen fremden Offizieren anzuschliessen habe, falls er in Uniform den Übungen zu folgen wünsche. Sollte er dagegen es vorziehen, in bürgerlicher Kleidung zu erscheinen, so erklärte sich das Departement bereit, ihm ein Pferd zur Verfügung zu stellen nebst den täglichen Befehlen und den nötigen Karten. Herr Nin verdankte die Eröffnung des Departements, ohne indessen sich zu erklären, ob er in Uniform oder in bürgerlicher Kleidung teilnehmen werde.
Auch in der Folge liess Herr Nin nichts von sich hören. Dagegen erschien derselbe am ersten Tage der Manöver von Division gegen Division, Freitag den 11. dies, auf dem Manöverfelde mit zweien seiner Kinder, alle drei beritten. Er begegnete Herrn Bundesrat Frey zu verschiedenen Malen, sah ihn ruhig an, unterliess es aber, sich ihm vorzustellen oder ihn sonst zu grüssen. Es war kein Zweifel, dass er dessen Gegenwart mit Absicht und mit allem Vorbedacht ignorieren wollte.
Herr Minister Nin ist bei der schweizerischen Eidgenossenschaft als Gesandter eines fremden Staates accreditiert, und er kann sich dieses Charakters, namentlich bei öffentlichen Gelegenheiten, keinen Augenblick willkürlich entledigen. Als Gesandter ist er es einem Mitgliede des Bundesrates schuldig, ihm, namentlich bei öffentlichen Anlässen, die übliche Höflichkeit zu erweisen. Unterlässt er dies in einer offenbar demonstrativen Art und Weise, so macht er sich eines Vergehens gegen die Verpflichtungen schuldig, die ihm den Mitgliedern des Bundesrates gegenüber obliegen.
Als Herr Minister Nin dieses Benehmen auch am zweiten Tage fortsetzte und dabei soweit ging, dass er seinen Feldstecher in der auffälligsten Weise minutenlang auf Hrn. Bundesrat Frey richtete, obgleich er nicht weiter als 10 Schritte von ihm entfernt war, sandte Herr Frey seinen Adjutanten, Hrn. Oberstlieutenant Staubli, zu ihm mit dem Aufträge, ihm zu sagen, dass Hr. Frey auf dem Manöverplatze anwesend sei und wünsche, dass er sich ihm vorstelle. Hr. Bundesrat Frey empfahl Herrn Staubli, dem Herrn Nin diesen Auftrag in ruhiger und höflicher Weise auszurichten und ihm, falls er sich weigern sollte, seinem Wunsche zu entsprechen, weitere Entschliessungen seinerseits in Aussicht zu stellen.
In der That weigerte sich Herr Nin in der bestimmten Weise, dieser Einladung Folge zu geben, und es sah sich daher Hr. Staubli veranlasst, sich das zweiten Teiles des Auftrages zu entledigen, indem er Herrn Nin vorstellte, dass seine Weigerung für ihn unangenehme Folgen haben würde. Herr Nin antwortete hierauf mit einer abermaligen Ablehnung.
Herr Minister Nin thut von diesem ganzen Vorgänge in seiner Beschwerdenschrift keinerlei Erwähnung. Es ist auch diese Thatsache sehr charakteristisch.
Herr Bundesrat Frey bemerkt, dass, wenn Herr Nin ihn in höflicher Weise hätte bitten lassen, ihn davon zu dispensieren, dass er sich ihm vorstelle, er (Hr. Frey) der Sache keine weitere Folge gegeben hätte.
Auch so beschloss er, an diesem Tage (Samstag) von einem weiteren Vorgehen Umgang zu nehmen. Er hoffte, Hr. Nin werde sich an den fernem Manövern nicht mehr beteiligen, und behielt sich lediglich vor, dem Bundesrat nach seiner Rückkehr von dem Vorgänge Kenntnis zu geben und diesem dann zugleich zu beantragen, es sei bei der Regierung von Uruguay die sofortige Abberufung des Herrn Nin als Gesandten zu verlangen.
Es kam aber anders. Herr Nin erschien am Mittwoch abermals auf dem Manöverfelde und hielt mit seinen zwei Kindern zu Pferde etwa 10 Schritte von Herrn Bundesrat Frey und zwar im unmittelbaren Bereiche der Truppenaufstellung. Als Herr Frey sich wiederholt davon überzeugt hatte, dass Herr Nin seine Anwesenheit bemerkte, schickte jener nunmehr Herrn Oberstlieutenant Staubli mit dem Aufträge zu ihm, ihm zu eröffnen, dass wenn er sich ihm (Hrn. Frey) nicht vorstelle, er ihn von dem Manöverfelde wegweisen werde. Der Auftrag wurde ausgerichtet; Herr Nin weigerte sich, dieser Aufforderung Folge zu leisten und erklärte, dass er weiteres gewärtigen wolle.
Auf dieses hin erteilte Herr Bundesrat Frey einem an Ort und Stelle anwesenden berittenen Landjägerhauptmann, seines Wissens in sehr ruhiger Weise, den Befehl, dem Herrn Nin zu eröffnen, dass er das Manöverfeld zu verlassen habe. Herr Nin leistete der Weisung sofortige Folge.
Aus diesem Berichte geht hervor, dass Herr Nin wissentlich und absichtlich und mit der denkbar grössten Ausdrücklichkeit einem Mitgliede des Bundesrates bei öffentlichem Anlasse wiederholt die Achtung und Höflichkeit verweigert hat, die er ihm schuldig ist. Er hat sich ausserdem erlaubt, dem Bundesrate eine Beschwerde einzureichen, die die thatsächlichen Verhältnisse wesentlich gefälscht darstellt.
Herr Bundesrat Frey beantragt daher:
1. Es sei die Regierung von Uruguay (durch Vermittlung der schweizerischen Gesandtschaft in Buenos-Aires) telegraphisch zu ersuchen, den Hrn. Minister Nin als Gesandten bei der schweizerischen Eidgenossenschaft abzuberufen;5
2. es sei Minister Nin hievon Kenntnis zu geben mit dem Bemerken, dass seiner Beschwerde sowohl wie seinem Satisfaktionsbegehren keinerlei Folge gegeben werden könne.6
Herr Bundespräsident Lachenal erklärt sich mit diesem Antrage einverstanden, und es wird derselbe vom Bundesrate zum Beschlüsse erhoben.
Tags