dodis.ch/42326 Protokoll der Sitzung des Bundesrates vom 1. Juli 18871 3429. Auslieferungsvertrag mit Österreich-Ungarn
Justiz- und Polizeidepartement. Antrag vom 22. Juni 1887 Politisches Departement. Antrag vom 25. Juni 1887
Mit Depesche vom 17. Juni2 abhin hat der k. und k. österr.-ungarische Geschäftsträger einen von seiner Regierung ausgearbeiteten Entwurf eines zwischen der Schweiz und der österreichisch-ungarischen Monarchie abzuschliessenden Statsvertrages wegen gegenseitiger Auslieferung von Verbrechern mit dem Ersuchen vorgelegt, es möchte dieser Entwurf einer eingehenden Prüfung unterstellt und eine baldige Rükantwort gegeben werden.
Indess wünscht Graf Brandis vor Allem aus die Ansicht des Bundesrates zu kennen über den Artikel III dieses Entwurfes, welcher wie folgt lautet:
«In Ansehung der politischen Verbrechen und Vergehen besteht keine Verpflichtung zur Auslieferung.
Auf Grund dieser Bestimmung wird aber die Auslieferung nicht verweigert werden, wenn die strafbare Handlung, welche dem Auslieferungsbegehren zu Grunde liegt, nach dem Gesez des um die Auslieferung angegangenen States den Tatbestand eines gemeinen Deliktes begründet.
Die Beurteilung und Entscheidung darüber steht dem State zu, von welchem die Auslieferung gewährt werden soll und welcher berechtigt ist, von dem reklamirenden State alle hiefür erforderlichen Aufklärungen und Nachweise über den Tatbestand zu verlangen.
Obwohl die Auslieferung nur wegen der im vorigen Artikel spezifizirten gemeinen Verbrechen stattfindet, so wird doch der Auslieferung der gemeiner Verbrechen Beschuldigten der Umstand nicht entgegentreten, dass sie auch politischer Delikte schuldig sind; jedoch können sie in diesem Falle nur wegen den ersteren gerichtlich verfolgt oder bestraft werden.»
Auf den gemeinsamen Antrag des politischen und des Justiz- und Polizeidepartements wird beschlossen, der Gesantschaft zu erwidern, dass sich der Bundesrat mit der Redaktion des Artikels III einverstanden erklären könne, falls dessen viertes Alinea einen Zusazfolgenden Inhaltes erhalte: «auch darf die Connexität mit einem politischen Delikte nicht als Verschärfungsgrund angesehen werden.» – und ferner ein fünftes Alinea aufgenommen werde, folgenden Inhalts: «Die daherigen Gerichtsverhandlungen sind öffentlich.»