Language: ns
1936-1939
BAR; E 1050.7(A)1984/53/, 57; Geschäftsprüfungskommission (GPK) Nationalrat (Ruggero Dollfus)
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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Grundsätzlich: Zahlreiche Protokolle fehlen. Vollständig erhalten sind bloss die Protokolle der Diskussionen über die Geschäftsberichte des BR.

An der Sitzung vom 24.9.1935 ist Dollfus noch nicht Mitglied der GPK. Die Session vom 13. bis 15. Mai ist die erste GPK-Sitzung (mit erhaltenem Protokoll), an der Dollfus teilnimmt

Session der GPK vom 13.-15.5.1936 zum Geschäftsbericht für das Jahr 1936

Hinweis, dass Dollfus Mitglied der (wohl nichtständigen) nationalrätlichen Kommission für wirtschaftliche Notmassnahmen ist.
  • Siehe hierzu Quelle 1: Dollfus referiert zur Finanzverwaltung des Finanz und Zolldepartementes: Bemerkenswert an dieser Debatte ist in erster Linie, dass sich mit Ausnahme von Dollfus keine bürgerlichen Parlamentarier daran beteiligen, sondern nur Sozialisten, Demokraten und LdU.
    Zentraler Punkt der Auseinandersetzung ist die Frage nach dem Hypozins. Dollfus führt aus, dass trotz gewissen Anstrengungen von BR und SNB der Hypozins ansteige. «Malgré ces efforts l'on doit constater un resserrement et un renchérissement du crédit hypothécaire, contre lequel il est difficile de combattre étant donné que l'épargne, la formation de nouveau capital deviennent toujours plus difficiles, ensuite de l'aggravation de la fiscalité, de la crise économique et des fortes pertes subies par le capital suisse à l'étranger. Nous devons nous contenter de constater que l'on a pu éviter une vraie déroute sur le marché hypothécaire moyennant les mesures citées plus haut et moyennant la centrale ficuciaire fondéae par les associations de constructeurs et de propriétaires d'immeubles et de terrains sous les auspices de la Confédération.» Für diese Aussagen wurde Dollfus von NR Surbeck (Soz), Gadient (Dem), Schmidlin (Soz) und Kägi (Soz, Präs. GPK) angegriffen. Diese verlangten, dass die «Missbilligung der Erhöhung des Hypothekarzinses trozt gegenteiliger Versprechungen nachdrücklich zum Ausdruck» gebracht werde (Surbeck). Dollfus erwiderte darauf, dass natürlich «die Ansichten der Anhänger der Inflation und die der Deflation niemals in Einklang» gebracht werden könnten. Damit wird der ideologische Hintergrund der Debatte auch deutlich.
    Dollfus verlangt in seinem Votum ferner, dass Abgängsentschädidungen für entlassene Beamte zurückhaltender ausgeteilt werden sollten und moniert, dass gewisse ältere Beamte vor der Pension oft lange Zeit krankheitshalber nicht mehr arbeiten würden, jedoch trotzdem angestellt blieben. Dies geschehe einzig zum Zweck, die Pension zu verbessern. Er fordert denn auch, dass solche Leute eher zu entlassen seien. Längere Krankheitsurlaube seien wenn schon bei jüngeren Leuten angezeigt.
    -> Diese Ausführungen zeigen das Wirtschaftsverständnis von Dollfus relativ gut auf.



Sitzung vom 1. und 2.6.1937
An beiden Sitzungen ist Dollfus entschuldigt. Es geht hierbei auch um die Frage der Anerkennung der italienischen Souveränität in Abessinien.


Sitzung vom 10.6.1937
Keine wichtigen Geschäfte.


Session vom 22. bis 25.5.1938 zum Geschäftsberichtes 1937
NR Billieux (Freisinn, BE) referierte zum Politischen Departement. Dabei formulierte er moderate Kritik an den totalitären Staaten:
«Votre commission relève vec satisfaction que nos relations avec les Etats voisins et avec d'autres Etats sont bonnes. Il est évident que les régimes politiques qui les dominent rendent parfois les tractations délicates et mettent à une rude épreuves les qualités diplomatiques de nos représentants à l'étranger.» In Bezug auf die politische Tätigkeit deutscher nationalsozialistischer Personen und Organisationen meinte er: «Cette immixtion d'agents diplomatiques dans la vie politique, pour ne pas dire plus, de citoyens allemands habitant la Suisse nous inquiète.» Bezüglich pressepolitischen Problemen führte Billieux aus: «Malgré de multiples interventions auprès des gouvernements allemands et italiens, il n'a pas été possible de trouver une solution satisfaisante. L'absolutisme politique de ces deux pays en matière de contrôle de la presse ne permet pas d'espérer pouvoir aboutir à la consclusion d'un accord. Des mesures de rétorsion n'auraient pour conséquence qu'une aggravation de la situation, mais elles nes sauraient être exclues sans autres. Si respectueux que nous soyons des régimes politiques des autres pays, nous devons pourtant prétendre à un minium de compréhension et de réciprocité.
[...]
Il y a là une telle différence de traitement que la situation risque de devenir intolérable.
[...]
Le fonds et le ton des articles publiés par la presse des Etats totalitaires sont souvent des modèles d'absence d'objektivité et de courtoisie à l'égard des pays démocratiques auxquels nous ommes cependant fiers d'appartenir.»

Trotz dieser verhältnismässig moderaten Kritik wendete Dollfus prompt ein:
«Dr. Dollfus fragt sich, ob die Kommission den Bericht des Referenten unverändert genehmigen könne. Dadruch, dass er im Nationalrat öffentlich verlesen wird, bekommt er schliesslich einen offiziellen Anstrich. Nach unserm Taktgefühl schickt es sich nicht und ist den Umständen nicht angemessen, im Parlament sich über einen Nachbarstaat, mit dem wir gute Beziehungen unterhalten wollen, so zu urteilen, wie es der Berichterstatter tut. Gewisse Stellen in seinem Bericht sollten weggelassen werden.»

Die Stellungnahmen der anderen Mitglieder folgen keinem einheitlichen Muster: Surbeck  und Kägi (SP) wollen klare Kritik, Schmidlin (SP) kann mit einer etwas unverfänglicheren Kritik leben und Perret (SP) ist der Meinung, dass der Bericht in aller Form gemildert werden müsse. Bemerkenswert ist, dass sich Bürgerliche kaum zu Wort melden.

[In der GPK sind: Jakob Kägi (SP), Paul Billieux (FDP), Ruggero Dollfus (KK), Andreas Gadient (D), Ernst-Otto Graf (FDP), Alfred Held (BGB), Henri Perret (SP), Pierre Rochat (FDP), Louis-Samuel Roulet (BGB), Karl Muheim (FDP), Fritz Schmidlin (SP), Fritz Stähli-Siebnen (KK), Willy Stäubli (LdU), Johann Surbeck (SP), Karl Wick (KK). Später Bringolf für Surbeck und Condrau für Stähli-Siebnen.
SP: 4, FDP: 4, KK: 3, BGB: 2, D: 1, LdU: 1)]

Ansonsten kaum wichtige Diskussionen und sehr wenig Voten von Dollfus.


Session vom 8. bis 10.5.1939 zum Geschäftsberichtes 1938
Bringolf referiert über die Polizeiabteilung. Sein Referat ist vor allem deskriptiv und beschreibt die Umstände und Art & Weise der Flucht vornehmlich jüdischer Menschen in die Schweiz: «Die Steigerung der Judenverfolgung in Deutschland in den Monaten Juni und Juli löste einen weiteren Flüchtlingsstrom in alle demokratischen Länder und deshalb erklärlicherweise auch nach der Schweiz aus. Einen Höhepunkt erreichte die Zahl der zuströmenden Flüchtlinge, die fast alle schwarz über die Grenzen kamen, im Monat August [1938].» Die politische Bewertung folge am Schluss: «Wir sind einverstanden damit, wenn die Grenzkontrolle strenge gehandhabt wird und nur Einreisebewilligungen noch erteilt werden, wenn die Weiterrreise nach einem vorübergehenden Aufenthalt gesichert ist. In dieser Beziehung unterstützen wir die Bemühungen der Fremdenpolizei. Gegenüber den politischen und jüdischen Emigranten jedoch, die sich bereits im Lande befinden, ist Toleranz und Verständnis am Plazte im Geiste der Grundsätze der Humanität, die einen wesentlichen Bestandteil unserer Demokratie ausmachen.»
Trotz diesen relativ klaren Äusserungen von Bringolf (keine Aufnahmen mehr. In der Diskussion wurde Bringolf dann noch deutlicher: «Bringolf erklärt, dass die in der Schweiz ansässigen Juden selber Wert darafu legen, dass die unerwünschte Judeneinwanderung zurückgedämmt werde. Wir haben in der Tat kein Interesse, dass die Zahl der Juden in der Schweiz ansteige.») reagierte Dollfus entschieden: «Dollfus ist im allgemeinen mit den Ausführungen des Referenten einverstanden. Doch dürfen wir die grossen Schwierigkeiten, die den Kantonsregierungen durch die Grenzübertritte einer wahren Flut politischer Flüchtlinge erwuchsen, nicht ausser acht lassen. Ausländer, die schwarz über die Grenze zu uns kommen, müssen wir schlechterdings wieder abschieben, wenn wir nicht in arge Verlegenheit kommen wollen.


In die Debatte um das Militärdepartement mischt sich Dollfus nicht ein (obwohl oder vielleicht auch weil er in der Subkommission der GPK war, welche das EMD vorbereitete).


Im Rahmen der Debatte um das EVD/Handelsabteilung ergibt sich eine kurze Diskussion rund um den erschwerten Zahlungsverkehr mit Deutschland: Dollfus äussert sich folgendermassen: «Dollfus möchte zur Klarstellung der FRage darauf aufmerksam machen, dass für uns eine Verpflichtung zum Kauf deutscher Waren nur insofern besteht, als wir wünschen, die Zinsen der Deutschland gewärten Kredite einzunehmen. Waren, die wir ohnehin einführen müssen, können wir beziehen von wo wir wollen, ohne dadurch unsere eigene Wirtschaft zu schädigen. Für uns ist es ohne Zweifel ein Vorteil, wenn wir wenigstens die Zinsen des Deutschland geborgten Geldes erhalten können. Ob ein Boykott deutscher Waren uns Nutzen bringen würde, ist eine andere Frage.»


Im Rahmen der Debatte zum EPD wiederholt Dollfus seine bereits im vergangenen Jahr gemachte Bemerkung, mehr Rücksicht auf die totalitären Staaten zu nehmen: «Ohne zweifel wiederspiegeln die Ausführungen des Referenten über die politischen Verhältnisse in unsern Nachbarstaaten im Norden und Süden die öffentliche Meinung in der Schweiz. Es fragt sich nur, ob es nicht vorzuziehen wäre, die bezichtigten Känder nicht mit Namen zu nennen.» Dollfus wird in der Folge sogar vom Freisinnigen Rochat zurückgepfiffen: «Rochat glaubt nicht, dass sich die Kommission die von Dollfus verlangte Zurückhaltung in der Beurteilung der Diktaturstaaten aufzuerlegen brauche.»


Session vom 1. bis 2.6.1939
Siehe Ausführungen von Hotz und Frage von Dollfus auf der beiliegenden Kopie (Quelle 2).


Sitzungen vom 7. und 8.6.1939
Keine (protokollierten) Wortmeldungen von Dollfus. Dies ist die letzte Sitzung mit Protokoll von Dollfus in der GPK.
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