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1952-1953
SBV / Interhandel I b
Info Commission Indépendante d'Experts Suisse-Seconde Guerre Mondiale (CIE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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SBV / Interhandel I b
870.003.001/3



Zeitlich sich mit Ia überschneidendes Dossier, das ebenfalls sehr vollständig alle abgelegten Akten enthält: Briefe, Protokollnotizen, Zeitungsartikel zum Thema der Konflikte um die Interventionen Anfang 50er Jahre.

Beginn mit einer Serie vervielfältiger Zirkulare von Schoop, Reiff & Co., das erste 5.1.1952, An die Teilnehmer unserer Schutzaktion betr. Interhandel (gez. Gut, Zehnder). Man erkennt hier recht deutlich einen Teil der Motivation, man hofft nämlich, durch Teilauszahlung des GAF-Anteils an die Aktionäre, die der Vereinigung angeschlossen sind, eines Teils des Kapitals habhaft zu werden.«Es spielt unseres Erachtens eine ganz untergeordnete Rolle, ob bei einer kompromissmässigen Einigung die Interhandel mit ihren alten Ansprüchen an der General Aniline and Film Corporation beteiligt bleibt oder ob diese Ansprüche durch eine angemessene freie Dollar-Zahlung abgegolten werden. Im letzteren Falle werden u.E. die Aktionäre der Interhandel, nicht deren Verwaltung, darüber zu bestimmen haben, was mit dem derart erzielten Dollar-Erlös zu geschehen hat. Jede nennenswerte Neuanlage von frei gewordenen Geldern, die aus der entscheidenden amerikanischen Beteiligung stammen, bedeutet nach unserem Dafürhalten eine Änderung des Gesellschaftszwecks, der nur durch die Aktionäre beschlossen werden kann.» (1 f.)
Im übrigen erfährt man hier, dass die US-Anwälte eine Beteiligung an jedem Kursgewinn beziehen, der über einen «Basiskurs» von Fr. 900 hinausgeht; beim gegenwärtigen Kurs von 1300 Fr., einen Anteil von 16% an der Differenz von Fr. 400, d.h. 64 Fr. pro Aktie.

3.5.1952, Schoop, Reiff an Teilnehmer d. Schutzaktion. Mit dem Erfolg im Fall Kaufman habe man wesentlichen Erfolg errungen und darauf versucht, «unser Schutzkomitee dadurch entscheidend zu erweitern, dass wir die massgebenden schweizerischen Grossbanken einluden, sich nunmehr aktiv für die Weiterverfolgung der bisher durch unser Komitee verfolgten Bestrebungen einzusetzen. Im Zuge einer solchen Entwicklung sollte unter Führung eines prominentesten schweizerischen Anwaltes die Konstituierung eines erweiterten Komitees erfolgen, dem neben unserem Hause je ein Vertreter dieser Grossbanken angehören sollte.» Dieser Einbezug der Grossbanken sei bedauerlicherweise nicht gelungen, so dass man allein weitermachen müsse.

3.5.1952, Curator AG, Rundschreiben betr. unabhängige Interhandel-Aktion (gez. Vogel, Zweifel). Kündigt eigenes Vorgehen an.

8.8.1952, Roesle/SBVg an S. Schweizer. Suche nach einem prominenten Leiter eines gemeinsamen Interhandel-Komitees, Vorschlag von Pilet-Golaz habe Bedenken wach gerufen, weil «die Verumständungen des seinerzeitigen Rücktrittes von Herrn Pilet-Golaz ihm heute die Aufgabe gegenüber den amerikanischen Stellen erschweren könnten», was eine nette Umschreibung darstellt. Neuer Vorschlag richtet sich auf alt Bundesrichter Hasler, der nicht ganz abgeneigt wäre, m.W. auch dies ein hartgesottener rechtsbürgerlicher Protagonist.

19.9.1952, Besprechung bei der SBVg. (2 S.) Bisher seien ca. 50% der Aktionäre einem Komitee angeschlossen, nämlich 25% bei Schoop, Reiff, 25% bei Pestalozzi und nur ganz wenige bei Curator, so teilt Roesle mit. Man will Koordination anstreben, nicht aber selbst via SBVg als Intervenient in den US-Prozessen in Erscheinung treten.

11.3.1953, S. Schweizer an Roesle. Wie man erfährt, wurde nunmehr a.Bundesrichter Bolla als Leiter des überparteil. Komitees gewonnen.

23.3.1953, Telephon Dr. Linder/SKA mit S. Schweizer. SKA schlägt nunmehr ihren anfragenden Kunden vor, sich «der Gruppe Pestalozzi anzuschliessen». «Die Kreditanstalt möchte nicht die Leute an Schoop Reiff verweisen, da die Gruppe Schoop Reiff zwar durch einen guten Anwalt, Herrn Moskovitz, vertreten ist, sich aber anderseits hauptsächlich aus Spekulanten zusammensetzt.»

NZZ, 711, 27.3.1953, meldet Verkauf der Besitzansprücher der IH an GAF an Blair Rollins & Co., für 60 Mio. Dollar, für den Fall einer Freigabe der GAF. NZZ findet das bemerkenswert, weil der Wert der Firma auf mindestens 100 Mio. geschätzt werde und zudem die SBVg zur Zeit Vergleichsverhandlungen anstrebe. «Es wird interessant sein zu erfahren, wie seitens der Interhandel-Verwaltung diese für den Aussenstehenden einer Verschacherung nahekommende Transaktion begründet wird.» Blair Rollins ist übrigens ein Teil der Blair Holdings, einem Konglomerat, das u.a. Pepsi Cola kontrolliert.

9.4.1953, Interhandel. Interessenlage der Aktionärgruppen, von Dir. Dr. Stockmann (Rechtsbüro SBV). Stockmann untersucht das Verhältnis von Vorzugs- und Stammaktien und die Verteilung der Stimmenzahl in einer Weise, die aufschlussreiches Licht auf die Kräfteverhältnisse Anfang der 50er Jahre wirft.
1944 (Aktienkapital 135 Mio.), 100'000 Vorzugsaktien à 100 Fr., dh. 10 Mio., einbezahlt 2 Mio., mit 100'000 Stimmen; 250'000 Stammaktien, davon 83'716 der GAF gehörend, verbleiben in Umlauf 166'284 Stimmen.
1949 (Aktienkapital 126,708 Mio.), unv. 100'000 Vorzugsaktien, neben erworbenen 22'000 eigenen Stammaktien verbleiben im Umlauf 127'700 Stimmen.
1952 (Aktienkapital 117,208 Mio.), davon 100'000 Vorzugsaktien, 214'416 Stammaktien, von letzteren gehen ab: die unverändert 83'716 der GAF gehörenden, 3'000 «für sogenannte Härtefälle erworbene eigene Aktien» (vermutlich für verspäteten Umtausch ehem. Inhaber- in Namenaktien), insgesamt 86'716, bleiben im Umlauf 127'700 Stimmen.
«Aus der Umtauschaktion der Norsk Hydro erhielt die Verwaltung 21'405 eigene Stammaktien, die an eine befreundete Gesellschaft mit Rückkaufsoption übertragen wurden. Da es sich hier formell nicht mehr um eigene Aktien handelt, kann das Stimmrecht dieser Stücke ausgeübt werden, natürlich nur im Sinne der Interhandel-Verwaltung. Verbleiben an Stammaktien im Umlauf 106'295. Anderseits wächst nun die Stimmkraft der Vorzugsaktionäre um 21'405 auf total 121'405 Stimmen an.» - Welches mag die «befreundete Gesellschaft» sein - evtl. die Bank Hofmann?! Stockmann hängt noch folgenden Kommentar an:
«Interesse der Vorzugsaktionäre am Zustandekommen des Verkaufs der GAF an die Blair Holdings Corp.
Formell müsste es den Vorzugsaktionären gleichgültig sein, ob der Verkauf der GAF-Interessen zustande kommt oder nicht. Die Dividende der Vorzugsaktien ist auf 6% beschränkt (§ 31), und bei der Liquidation werden die Vorzugsaktien mit 110% (Fr. 2'200'000) vorweg zurückbezahlt. Der ganze Rest fällt an die Stammaktien (§ 35).
Auch wenn die sämtlichen GAF-Interessen der Interhandel entzogen würden, wären reichlich Aktiven vorhanden, um die Vorzugsaktien gemäss den Statuten zurückzubezahlen.
Materiell ist dagegen das Interesse der Vorzugsaktionäre am Zustandekommen des Vertrages ausserordentlich gross. Gemäss dem publizierten Vertrag mit der Blair Holdings ist die Durchführung der Transaktion u.a. von der Freigabe der vom OAP gesperrten Interhandel-Aktion abhängig. Diese 83'716 Stücke würden demnach der Gesellschaft zufallen, womit die Verwaltung über 205'121 Stimmen gegenüber 106'295 Stimmen des übrigen Streubesitzes verfügen würde. Rechnet man noch die 3000 für Härtefälle zurückgestellten Stücke dazu, so erreicht die Verwaltung praktisch nicht nur die zwei Drittel-Grenze der Aktienstimmen, sondern verfügt auch über 50% der Stimmen einer Sonderversammlung der Stammaktionäre.
Die Vorzugsaktionäre sind aber auch, abgesehen vom Stimmrecht, am Zustandekommen des Vertrags mit der Blair Holdings interessiert, weil voraussichtlich gerade die der Verwaltung nahestehenden Aktionäre bei der Interventionsklage Schwierigkeiten begegnen werden. Wenn die Gesellschaft als Enemy tainted betrachtet werden sollte, so würden folgerichtigerweise wohl in erster Linie die der Verwaltung nahestehenden Aktionäre im wesentlichen als feindlich angesehen. Dies ist auch der Grund, weshalb es für unser Institut riskant ist, den Kunden zu empfehlen, sich der Gruppe Attenhofer/Pestalozzi anzuschliessen, da die der Interhandel-Verwaltung nahestehenden Persönlichkeiten sich bei dieser Gruppe befinden und diese Interventionsklage von der Interhandel angeregt und selbst finanziert wird.»

9.4.1953, Rundschreiben an die Direktionen der Sitze. Antwort auf erneute Anfragen, was man fragenden Kunden raten soll: Anschluss an eines der bestehenden Komitees ja, aber eine bestimmte Präferenz solle man nicht angeben, ausser dass Curator AG nicht zu empfehlen sei. (was vermutlich nur mit deren geringer Grösse zusammenhängt.)

Notiz Juni 1952. Über Aktienverteilung, Hinweis, dass an der letzten GV der SBV nur rund 900 Aktien vertreten hat; insges. liegen im Depot des SBV 1471 Stück.
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