Lingua: ns
1939-1944
BArch Berlin, R 901 [Bd. 20], 68758
Info Commissione Indipendente d'Esperti Svizzera-Seconda Guerra Mondiale (CIE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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Nr. 68758 (Handakten Clodius)

(71 Bl.)
u.a.
  • Wortlaut des französisch-belgisch-luxemburgischen Abkommens v. 11.12.1939 und 1.3.1940 sowie des am 1.3.1940 abgeschlossenen Sonderabkommens betr. Phosphat, Superphosphat, Thomasmehl und Flachs
  • Aufzeichnung über deutsch-italienische Zusammenarbeit zur Durchführung des Wirtschaftskrieges gegen England
  • Schreiben des Deutschen Generalkonsulats in Istanbul, 26.2.1941, betr.: Tätigkeit der United Kingdom Corporation und britische "Schwarze Liste"
  • Anlage zum Bericht der Wirtschaftsabteilung der britischen Botschaft in Shanghai v. 29.5.1941
  • Angaben zur Erzverschiffung nach England , November 1941
  • Bl. 68: Aufzeichung MD Clodius Nr. 113: "In Ergänzung meiner Aufzeichung vom 21. April über die Haltung Schwedens und der Schweiz gegenüber einem wirtschaftlichen Druck der Feindmächte führe ich noch folgendes aus:
    Nach den bisher vorliegenden Nachrichten haben Schweden und die Schweiz bisher dem Druck der Feindmächte nicht nachgegeben und ihre bereits seit Jahren betriebene Politik, nach Möglichkeit die Beziehungen nach beiden Seiten aufrechtzuerhalten und jedenfalls den Wirtschaftsverkehr mit Deutschland nicht stören zu lassen, durchgesetzt. Trotzdem erscheint es erforderlich, dem Druck der Feindmächte unsererseits ständig entgegenzuwirken. Vor allem muss verhindert werden, dass wir schliesslich vor ein fait accopmli gestellt werden oder erst dann diplomatisch eingreifen, wenn die beiden Regierungen sich bereits der Gegenseite gegenüber gebunden haben.
    Um unseren diplomatischen Vorstellungen in Stockholm und Bern mehr Nachdruck zu geben, müsste ein besonderer Deligierter der Reichsregierung entsandt werden. Ich schlage hierfür den Gesandten Schnurre vor. Dieser müsste in den beiden Hauptstädten im Auftrage der Deutschen Regierung nachdrücklich und mit grossem Ernst darauf hinweisen, dass wir uns mit irgendeinem Nachgeben dieser Staaten gegenüber dem wirtschaftlichen Druck der Feindmächte in keinem Fall abfinden würden. Er müsste darlegen, dass Deutschland jederzeit in der Lage ist, Schweden und die Schweiz von der Welt abzuschnüren. Die beiden Regierungen sind also in der Lage, den englischen und den [?] amerikanischen Vorstellungen mit dem sehr wirksamen Argument zu begegnen, dass sie sich wirtschaftlich völlig in deutscher Hand befinden. Den beiden Regierungen müsste weiter gesagt werden, dass sie für den Fall, dass die Feindmächte ihnen die überseeischen Zufuhren abschneiden, selbst trotzdem immer noch gut daran sind, wenn sie nicht gleichzeitig auch mit Deutschland brechen und sich einer völligen Sperre aussetzen, sondern statttdessen den Warenaustausch mit Deutschland fortsetzen und sogar weiter aufbauen.
    Beide Länder sind z.B. - auf längere Sicht gesehen - auf die deutschen Kohlelieferungen von mehreren Mio to jährlich unbedingt angewiesen. Auch die Stockung des Absatzes ihrer Ausfuhr in Deutschland würde zu ernsten Schwierigkeiten auf dem Arbeitsmarkt beider Länder führen. Es wäre vom Standpunkt dieser Länder ein Wahnsinn, sich von aussereuropäischen Staaten in einen Wirtschaftskrieg mit Deutschland hineindrängen zu lassen, der in erster Linie ihrer eigenen Volkswirtschaft schaden würde und bei dem die Engländer und Amerikaner als unbeteiligte lachende Dritte zuschauen würden. Herr Schnurre müsste mit beiden Ländern in vorbeugenderweise auch bereits die Frage erörtern, wie sich ihre Volkswirtschaft bei Wegfall der überseeischen Zufuhren gestalten würde. Ich verweise hierzu auf die Ausführungen Abschnitt II meiner Aufzeichung vom 21. April.
    Zusammenfassend ist zu sagen, dass der Auftrag des deutschen Delegierten in erster Linie der sein müsste, den Widerstandswillen der schweizerischen und schwedischen Regierung gegen englische und amerikanische Vergewaltigungsversuche durch wirtschaftliche, politische und militärische Argumente zu stärken. Der Zeitpunkt dafür ist jetzt gegeben, weil die Ereignisse in der Türkei gezeigt haben, wie gefährlich der Feinddruck auf die Neutralen werden kann. Andererseits ist es günstig, dass wir mit Schweden und der Schweiz noch für einige Zeit gültige Verträge haben, sodass also eine derartige Demarche bei den genannten Regierungen nicht unter Pression unmittelbar bevorstehender Entscheidungen stehen würde.
    Hiermit dem Herrn Reichsaußenminister vorzulegen.

    Wien, den 23.4.1944 [21.4.1944]
                                    gez. Clodius"

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