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1940-1942
BAR E 4260 (C) 1969/1946, Bd. 7 Protokolle der Polizeidirektorenkonferenz
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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Polizeidirektorenkonferenz in in St. Gallen 13. und 14.9.1940
Protokoll (Kopie)
Traktandum 3: Änderung der Vorschriften über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechtes
Referat von Dr. M. Ruth, Adjunkt der eidgenössischen Polizeiabteilung
- Kompetenz zwischen Bund und Kanton
- Verfahrensänderung: Bund solle nur noch diejenigen Fälle behandeln müssen, die auch eine Chance auf Einbürgerung haben und demzufolge die Fälle dann begutachten, wenn sie für den Kanton "spruchreich" sind.
- Ausbürgerung als Strafe erachtet Ruth nicht als sinnvoll, da nur Zwischenstaatliche Probleme mit sich bringt. Aber als neuer Nichtigkeitsgrund wird in Art. 2 Abs. 2 die sogenannte Scheinehe eingeführt.
- Wenn Doppelbürgerschaft von der Schweiz nicht anerkannt wird, kann der Zweitstaat die Einbürgerungspolitik mitbeeinflussen. Daher sei eher davon abzusehen.

BR Baumann: Thematisiert Art. 44, der besagt, dass ein Kind ausländischer Eltern von seiner Geburt an Schweizerbürger sei, wenn die Mutter ursprünglich Schweizerbürgerin gewesen ist und wenn die Eltern zur Zeit der Geburt des Kindes in der Schweiz wohnen. Sein Kommentar: "Bei dieser Regelung würde ein solches Kind von Geburt an automatisch Schweizerbürger, in einem Zeitpunkte, wo man noch gar nicht wissen kann, wie es sich entwickeln wird. Das wäre Zwangseinbürgerung, bei der das Moment der Assimilation ausser Betracht fallen würde. Es wäre möglich, dass sich das Kind schlecht entwickeln oder unter dem Einflusse des Vaters mehr zu Ausländer als zum Schweizer erzogen würde."

Im Anschluss daran verschiedene Voten von Regierungsräten zu den Verfahren zwischen Bund und Kanton.

Referat von Rothmund zur Fremdenpolizeilichen Fragen
-
Inlandkontrolle und Behandlung der Ausländer im allgemeinen:
Meldepflicht müsse noch besser durchgesetzt werden; die "anständigen" Ausländer hätten nichts zu befürchten, aber "unerwünschte Gäste" müsse man "beim Ohr nehmen können"; Zahlreich seien die Klagen von in der Schweiz lebenden Deutschen, die schickaniert würden; deshalbe habe sein Departement und die Bundesanwaltschaft mittels Kreisschreiben die Kantone auf diese Umstände aufmerksam gemacht. Rothmund referiert ein Beispiel: "Trotz Abratens der Eidgenössischen Fremdenpolizei hat ein Kanton einen untadeligen deutschen Arbeiter weggewiesen aus dem einfachen Grunde, weil es Ortsgruppenleiter der NSDAP war. der Mann gelangte an die obersten Parteilstellen, die dafür sorgten, dass Deutschland den angesehenen Präsidenten der Schweizer Kolonie in Berlin aus Deutschland auswies. Der Kanton hat den Fehler nachträglich eingesehen. Nach langen Wochen und schwierigen Verhandlungen kann jetzt die Sache wieder eingerenkt werden. In der aussergewöhnlichen heiklen Situation, in der wir uns heute Deutschland gegenüber befinden, ist es ganz besonders wichtig, dass uns kein Ausländer, namentlich kein Emigrant, durch eine unvorsichtige Äusserung oder gar durch Zeitungsartikel oder sonstige Hetze gegnüber diesem Lande politische Schwierigkeiten bereitet." Er führt weiter aus, dass der Zustrom von weiteren Flüchtlingen verhindert werden müsse. "So paradox es klingen mag: um unser Asylrecht zu retten, dürfen wir heute keine neuen Asylbewilligungen erteilen!"

- Emigranten:
Positive Wertung der Internierung: "Wir dürfen mit Sicherheit darauf rechnen, die in Arbeitslagern geschulten und körperlich ertüchtigten Emigranten für die Kolonisation nach Übersee bringen zu können."

Polizeidirektorenkonferenz in Bern 19.5.1941
Protokoll (Kopie)
"Bisherige Praxis in der Anwendung des Bundesratsbeschlusses vom 20.12.1940 über Änderungen der Vorschriften über Erwerb und Verlust des Schweizerbürgerrechts"

Ruth führt aus, dass die Option der Nichtigkeitserklärung der Einbürgerung v.a. in Sinne einer Drohung verwendet werden soll. Die unterbreiteten Fälle von Scheinehen seien verhältnismässig gross. Ruth führt zwei Beispiele von Prostituierten an.


Rothmund thematisiert die Mitteilung an den bisherigen Heimatstaat über erfolgte Einbürgerungen: Füher hielt man dies für "inoppurtun". Neue Anfrage aus Deutschland mit der Begründung, dass deutsche Konsulate Mitteilungen an bei ihnen registrierten Personen weiterreichen. Diese Personen schrieben dann oft erbost zurück, sie seien längst keine Deutsche mehr und wollten nichts mehr mit der deutschen Botschaft zu tun haben.
Es sei aber in der heutigen Zeit wichtig, für die kriegsführenden Staaten zu wissen, wer sich wo einbürgern lasse und zwar wegen der Wehrpflicht. Für die Schweiz sei es auch wichtig geworden, zu wissen, welche Schweizer eine Doppelbürgerschaft erwerbe.
BR von Steiger findes es wichtig, die Möglichkeit einer Entlassung aus dem Bürgerrecht bei Doppelbürgern noch weiter auszubauen.

Emigrantenfragen:
M. le Conseiller d'Etat Vodoz fragt, ob das Geld aus dem Solidaritätsfonds nur an die jüdische Flüchtlinge ging. Rothmund stellt richtig, dass es einen Verteilschlüssel gebe. Ruth stellt fest, dass von der Solidaritätsabgabe relativ wenig Nichtjuden betroffen sind, und die nichtjüdischen Flüchtlingsorganisationen vom Ertrag aber mehr erhalten, als es proportional die nichtjüdischen Emigraten treffen würde. Die Taxierung der Abgabepflichtigen sei oftmals zu hoch. Ca. 500 Rekurse. Ruth meldet Vorbehalt gegenüber dem Verteilschlüssel: "Der bisherige beruhte auf andern Voraussetzungen. Man wollte die seinerzeit gesammelten Gelder bewusst nicht zu sehr den Juden zur Verfügung stellen. Für die Solidaritätsabgabe aber wird der Verteiler etwas zugunsten der Juden geändet werden müssen.

Ausserordentliche Polizeidirektorenkonferenz in Lausanne 28.8.1942
Offiziell wurde kein Protokoll erstellt. Von der Polizeidirektion Bern wurde ein Bericht erstellt. (KOPIE)
Thema: Verfügung vom 13.8.42 zur Grenzschliessung. Die Weisung der PA habe bereits Erfolg gezeigt, weil viel weniger Flüchtlinge überhaupt versuchten die Grenze zu überqueren und das sei schliesslich "human". Die Kantone kritisierten die Weisung, weil sie über die Absicht der PA schlecht informiert seien. ZH, Basel-Stadt und Bern seinen der Ansicht, einmal eingelassene Flüchtlinge seine schwierig wieder auszuschaffen. Zudem begreife das Volk diese Ausschaffung nicht. Neuenburg und Waadt begrüssen die Massnahmen der PA. Genf pocht auf Sonderstellung. Genf komme für Flüchtlinge nur als Transitland vor. Für die Absperrung der Grenze müssen mehr Leute aufgeboten werden und der BR habe sich deshalb an den General gewendet. "Es war die Rede von einer Kompagni. Sofort wurde aber erwidert, dass diese Hilfe völlig ungenügend sei. Anderseits hat Bundesrat von Steiger Bedenken, Soldaten für diese selbst eingefleischten Polizisten nicht sehr angenehme Aufgabe zu verwenden, weil damit die ganze Diskussion der Flüchtlingsfrage in die Truppe getraghen werden kann." Die Kantone werden aufgefordert ihre Kapazität für die Unterbringung von Flüchtlingen zu überprüfen.

Polizeidirektorenkonferenz in Altdorf 19.5.1941
Protokoll (KOPIE)
"Ergänzende Ausführungen zur Frage der Eindämmung des Zustromes ausländischer Zivil- und Militärflüchtlinge." Rothmund berichtet über die Situtation der Flüchtlingspolitik. Um Zustrom zu verhindern, müssen unbedingt die Grenzen abgeriegelt werden. Hinweis auf Frankreich, wo sich die Lage zuspitze für die Juden; Einiges zur Internierung
Briner (Präsident der SFZ und Polizeidirektor ZH) betont, wie schwierig es sei einmal eingelassene Flüchtlinge wieder auszuschaffen und umso wichtiger sei es deshalb die Grenze zu schliessen. Alte Leute, Leute mit besonderer Bindung an die Schweiz und anerkannte Kulturträger sollten erleichtert Aufenthalt erhalten. Weitere Diskussion zw. den Polizeidirektoren über Asylrecht.
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