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UBS AG; Archiv Basel; Bestand SBV. 600'010. Basler Handelsbank, Basel. Protokolle des Verwaltungsrates. [Bankgeheimnis/Steuerbetrugsaffäre Paris 1932]
Information Unabhängige Experkommission Schweiz-Zweiter Weltkrieg (UEK) (UEK)
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UBS AG CHA. Bestand SBV. 600'010. Basler Handelsbank, Basel. Protokolle des Verwaltungsrates. [Bankgeheimnis/Steuerbetrugsaffäre Paris]

  • 17.11.1932. Protokolle über die 8. Sitzung des Verwaltungsrates der Basler Handelsbank vom Donnerstag, den 17.11.1932, nachm. 5 Uhr.
  • Präsenz: die Herren Dr. Alfred Wieland, Präsident, Henry Oswald und E. Sarasin-Vondermüll, Vizepräsidenten, Dr. M. Brugger, R. de Haller und A. Morel-Vischer, Delegierte, K. Geigy-Hagenbach, Rob. la Roche, E. Müry-Dietschy, H. Sarasin-Koechlin und J.J.E. Vischer.
  • [Im Zuge der Steuerbetrugsaffäre in Paris wurden neben den festgenommen Direktoren der BHB, Berthoud, Renaud und Joly auch Dr. Brugger und A. Morel-Vischer einvernommen. Die Französischen Behörden verlangen Akteneinsicht über Korrespondenzen und Kontoauszüge namhafter französischer Kunden, entweder durch die BHB selbst oder durch eine dafür von den französischen Behörden speziell autorisierte Amtsperson. Nach Einholung eines Rechtsgutachtens bestimmt der Verwaltungsrecht, dem Begehren der französischen Behörden nicht zu entsprechen sowie, dass auch weder Vizepräsidenten noch Delegationsmitglieder zu jeglichen diesbezüglichen Auskünften gegenüber den französischen Behörden verpflichtet sind. Die BHB macht dafür vier Gründe an]
  • "1.) Nach schweizerischem Zivil-Recht für Behörden einer Bank in Bezug auf den Geschäftsverkehr mit ihren Klienten eine durch das Bundesgericht festgestellte Schweigepflicht besteht, deren Verletzung die handelnden Personen, wie das durch sie vertretene Bankinstitut, pflichtig zum Schadenersatz und zur Leistung von Genugtuung machen kann. Der Verwaltungsrat stützt sich dabei auf Urteile des schweizerischen Bundesgerichts aus den Jahren 1919, 1931 und 1932. Das Bundesgericht hat sich in diesen Urteilen wiederholt ausgesprochen, dass Stillschweigen über die Beziehungen mit den Kunden zu den Verpflichtungen einer Bank gehört und dass ein Bankkunde grundsätzlich Anspruch auf die Geheimhaltung seiner Beziehungen zur Bank hat.
  • 2.) Dass nach dem für die Basler Handelsbank und ihre Behörden massgebenden Strafgesetzbuch des Kantons Basel-Stadt die das Bankgeheimnis verletzende Personen eine mit Strafe bedrohte Handlung begehen. Es ergibt sich dies aus §162 des zitierten Strafgesetzes, das die Verletzung fremder Geheimnisse ausdrücklich unter Strafe stellt.
  • 3.) Dass nach dem eidgenössischen Zivilprozessrechte, wer schweigepflichtig ist, auch nicht als Zeuge einvernommen werden darf. Art. 133 des Bundesgesetzes über das Verfahren bei dem Bundesgericht in bürgerlichen Streitigkeiten: "Geistliche, Ärzte, und Rechtsbeistände sollen über Geheimnisse, welche ihnen vermöge ihres Amtes oder Berufes anvertraut worden sind, nicht einvernommen werden".
  • Dieses Verbot der Einvernahme in Bezug auf Berufgeheimnisse muss analog auch auf Banken und ihre Behörden Anwendung finden, nachdem das Bundesgericht den Kreis der zum Schweigen verpflichtenden Personen auch auf die Banken ausgedehnt hat.
  • 4.) Dass nach dem eingeholten Rechtsgutachten die Verletzung des Bankgeheimnisses zu einer allgemeinen öffentlichen und privaten moralischen Ächtung der handelnden Personen führen müsste. speziell den Behörden einer Bank, die die nach Zivil- und Strafrecht bestehende Rechtspflicht zur Geheimhaltung des Geschäftsverkehrs nicht respektieren würden, kein Vertrauen mehr entgegengebracht werden würde. Keine Person kann aber, wenn die im Rechtsleben geschützten Persönlichkeitsrechte, die einen Bestandteil der allgemeinen Menschenrechte bilden, überhaupt noch einen Sinn haben sollen, gezwungen werden, sich selbst zu diffamieren und sich der allgemeinen öffentlichen, wie privaten Missachtung und Ächtung auszusetzen."

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