Language: ns
1938-1947
BAR; E 7160-07 (-) 1968/54/, 1083. Schweizerische Verrechnungsstelle: Spezialfall Nr. 63 Bankhaus von Ernst & Cie. Bern
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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Aufgrund von Verdächtigungen, bei Arbitragegeschäften mit Schweden Affidavits gefälscht und in der Schweiz deutsches Fluchtkapital getarnt zu haben, wird die Bank von Ernst & Cie Bern am 30.10.1945 auf die Statutory List gesetzt.
Das Dossier beinhaltet zum einen zwei Dokumente betreffend die Arbitragegeschäfte mit der Enskilda-Bank Stockholm und zum anderen einen Revisionsbericht vom 13.2.1947, in dem die SVSt die Vorwürfe der Alliierten überprüft und schliesslich die Zertifizierung der schweizerischen Vermögenswerte der Bank von Ernst & Cie in den USA vorschlägt [alle Akten kopiert].
Nachdem sich der frühere Teilhaber ? Losinger Burgdorf aus "Angst vor der schwarzen Liste" zurückgezogen hat, sind 1947 folgende Personen am Gesellschaftskapital von Fr. 150'000.-- beteiligt: Walter E. Rüegg (mit Fr. 70'000), Dr. E. Schucany Zürich (mit Fr. 50'000.--), Edmund von Ernst und Dr. A. Caminneci (je mit Fr. 15'000.--).

A. Bereits vor dem Krieg tätigen von Ernst & Cie mit Schweden Arbitragegeschäfte, indem sie an Schweizer Börsen schwedische Titel kaufen und diese anschliessend an der Stockholmer Börse wieder verkaufen. Als die schwedische Regierung nach Kriegsausbruch den Transfer der Verkaufserlöse nach der Schweiz einschränkt, bestimmt die Bank für jede Titelsendung einen Bankkunden als Verkäufer. Dadurch kann sie die Erlöse in Schweizer Franken in einem grösseren Umfang als sonst in die Schweiz transferieren. Die Affidavits stellt die Bank bis 1944 selbst aus. Als ab 1.1.1945 vorgeschrieben ist, dass die Kunden die Affidavits selber auszufüllen haben, sucht das Bankhaus Personen, die auf Rechnung der Bank schwedische Titel kaufen.
Edi Hof, ein in Frankfurt lebender Schweizer und einer dieser Kunden, macht in der Folge dem amerikanischen Generalkonsulat in Zürich Angaben über die Transaktionen. Die anschliessenden Untersuchungen des englischen Kontrollbüros und der Neutra Treuhand AG Zürich entlasten die Bank von Ernst jedoch, indem sie zeigen, dass in keinem einzigen Fall die Titel aus Deutschland stammten und durch von Ernst und Cie mit Affidavits versehen wurden oder die Bank Kunden zur Unterzeichnung von Affidavits veranlasst hat.

B. Gemäss dem Revisionsbericht haben von Ernst & Cie während des Krieges in Deutschland Reichsmark gekauft, die in die Schweiz transferiert worden sind. Als eines Tages ein Paket mit deutschen Banknoten in Bern halb offen eintraf, klärten die Bundesanwaltschaft und die Nationalbank den Tatbestand Mithilfe bei der Verschiebung deutschen Fluchtkapitals ab, konnten aber die Bank rehabilitieren.

C. Ein weiterer Grund zur Versetzung auf die Schwarze Liste bestand darin, dass die Alliierten Hinweise erhielten, dass Thyssen-Lametal Aktien (Argentinien) zur Tarnung treuhänderisch auf die Soteria AG Maienfeld übertragen werden sollten. Die Bank von Ernst ist insofern in diesen Transfer involviert, als die Soteria AG mehrheitlich der Themis-Finanzgesellschaft Zug gehört und die Themis-Aktien wiederum im Besitz der Transintra AG Chur ist, die dem Bankhaus von Ernst gehört.
Max Hofstetter Chur, Jakob Klauser und Walter E. Rüegg gründeten die Transintra AG Chur am 3.5.1944 zur Durchführung von Transitgeschäften. Hofstetter und Rüegg handeln als Generalbevollmächtigte der Firma. Das Aktienkapital von Fr. 50'000.-- stellen hingegen Rüegg (1/5) und die Bank von Ernst & Cie (4/5) zur Verfügung. Nachdem die beiden Kapitalgeber auf die Schwarze Liste gesetzt worden sind, verkaufen sie 4/5 der Aktien mit einer Rückkaufoption an Ernst Buchser Zürich, Erna Candrian Zürich und an den Inhaber des Corso-Betriebes, Max Rüttimann Zürich.
Ein Hauptauftrag der Revision war nun, den Kauf der Themis-Aktien durch die Transintra AG zu untersuchen. In die komplizierte Transaktion, bei der das Aktienpaket von einer Gesellschaft in die andere geschoben worden ist, sind neben dem Bankhaus von Ernst als Geldgeber, Rechtsanwalt Dr. E. Schucany, ein Herr Honigmann, Direktor und Mitinhaber der Firma Wodan, Rotterdam als Garant und die Transintra AG Chur als Käufer involviert.

D. Gemäss Revisionsbericht herrschte sowohl in der breiten Öffentlichkeit als auch bei der SVSt der Eindruck vor, dass die Bank von Ernst & Cie unter starkem deutschem Einfluss stehe, da die Namen der deutschen Kunden der Bank immer wieder bei den Behörden (so auch bei der SVSt) in verschiedenen Angelegenheiten auftauchten und Dr. A. Caminneci "zum mindesten nicht deutschfeindlich eingestellt ist". Die Revision hat deshalb schliesslich auch zum Zweck, die Beziehungen der Bank von Ernst zu deutschen Personen und Firmen zu überprüfen. Folgende Kundenbeziehungen wurden untersucht:
1. Handelsanstalt Interna Vaduz, Handelsanstalt ACO Vaduz: Die Gesellschaften gehörten ursprünglich der Bank von Ernst und dienten als Effekten-Sammelstellen. Die Interna wurde von Graf Alexander Rehbinder, Vertreter der Transintra in Schweden übernommen. Die AOC befindet sich 1947 in Liquidation.
2. ? Teissier Paris und Burmann Voorburg: Beziehungen im Zusammenhang mit den beabsichtigten Transitgeschäften.
3. Nummern- und Pseudonymkonti: Separat-Konto Nr. 2186, Depot-Konto "Bern", Konto "Paulding (II.)", Konto der Gesellschaft Karibia in Liquidation: von Ernst & Cie erteilen befriedigende Aufklärungen.
4. Karl Deichmann, Eduard Wätjen Ascona, Erika Gallon: Deichmann diente während des Krieges als Vermittler eines beabsichtigten und von Wätjen geleiteten Transitgeschäftes zwischen Deutschland und der Türkei und als Überbringer von Geld an Erika Gallon.
5. Dietmar Finkler und Caspar Hilger, beide in Luzern lebende Deutsche: Die Guthaben der Finklers und Hilders bei von Ernst & Cie stimmen mit den Anmeldungen der Bank überein.
6. Nidag GmbH Zürich, 1947 Neographik GmbH Zürich: Die SVSt sperrt die Neographik 1946, da diese mehrheitlich der Arobiga AG Zug gehört. Die Arobiga Zug ist im Besitz der Fides AG Zug, die wiederum Carlo von Wedekind, einem Deutschen in Zug gehört. Die Arobiga und die Fides werden ebenfalls blockiert. Minderheitsteilhaber an der Neographik GmbH sind von Ernst & Cie sowie die beiden Schweizer S. Hallauer und W. Groppengiesser, beide in Zürich.
7. Erdöl-Produktionsgesellschaft GmbH Wien; Wintershall AG Kassel; Remisia AG Luzern: Im Auftrag der Remisia finden von Ernst & Cie 1938 für Schweizer Besitzer von Anteilscheinen an der Erdöl-Produktionsgesellschaft GmbH Wien die Standard Oil-Gruppe als Käufer. Die Anteile werden ohne Wissen der Remisia und der von Ernst & Cie an die Wintershall AG Kassel verkauft, welche in der Folge der Bank von Ernst eine Provision bezahlen muss.
8. Paul Klaiber GmbH Luzern; Dr. A. Riedweg Luzern: Riedweg übergibt Klaiber 1944 eine zu Gunsten von Klaiber ausgestellte Bürgschaftsverpflichtung eines H. D. Finkler, Luzern. Dabei handelt es sich gemäss SVSt um eine fiktive, aus Steuergründen vorgenommene Angelegenheit.
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