dodis.ch/46820
Le Ministre de Suisse à
Paris,
W. Stucki, au Chef du Département de l’Economie publique, H.
Obrecht1
BERICHT ÜBER DIE BESPRECHUNG MIT ARBEITSMINISTER A. DE MONZIE BETR. PIPELINE VON LA ROCHELLE NACH DER SCHWEIZ
Nach Empfang Ihres Schreibens vom 30. März habe ich mich sofort mit Herrn Minister de Monzie in Verbindung gesetzt und wurde heute von ihm empfangen. Ich habe ihm im Sinne Ihrer Instruktionen zunächst das schweizerische Interesse an der Einführung unseres Systems der automatischen Zugssicherung dargelegt. Er erklärte, meine Ausführungen mit Interesse gehört zu haben und sie nach Möglichkeit berücksichtigen zu wollen.
Was die Frage der «pipe line» von La Rochelle nach der Schweiz anbelangt, so muss, wenn ich mich gelinde ausdrücken soll, ein «Missverständnis» vorliegen, das mir einmal mehr zeigt, wie richtig es war, in dieser Sache vorsichtig zu sein: Herr de Monzie liess mich nicht zu Worte kommen, sondern kam mir zuvor mit der Erklärung: «Ich bin vollständig einverstanden, dieses Projekt der schweizerischen Regierung mit allen Mitteln zu fördern und habe bereits entsprechende Weisungen gegeben, wie Vorbereitung von Expropriationen, etc. Ich bin bereit, die offiziellen Verhandlungen darüber im einzelnen in circa 10 Tagen aufzunehmen!» Ich habe, im Sinne Ihrer vollständig klaren Instruktionen, sofort darauf aufmerksam gemacht, dass es sich keineswegs um ein Projekt der schweizerischen Regierung und um offizielle Verhandlungen handle und dass ich überrascht sei, dass man bereits von Expropriationen spreche. Es handle sich um ein rein privates Unternehmen, dem die schweizerische Regierung aus Gründen, die ich darlegte, Interesse und Sympathie entgegenbringe, um mehr nicht. Herr de Monzie war äusserst erstaunt, da ihm die ganze Angelegenheit vollkommen anders dargestellt worden sei und man ihm auch behauptet habe, ich hätte in der Frage einen offiziellen Schritt im Ministerium für Auswärtiges vorgenommen, was selbstverständlich nicht zutrifft. Der Minister fügte bei, dass sich für ihn damit die Frage wesentlich anders stelle, da er nun lediglich die für private Projekte vorgesehene Prozedur, nicht aber das rasche und sogar etwas brutale Verfahren des «intérêt public» anwenden könne. Selbstverständlich werde er bei dieser veränderten Sachlage mit Rücksicht auf meine Erklärungen dem Projekt nicht nur keine Schwierigkeiten bereiten, sondern es nach Möglichkeit zu fördern versuchen, die ausserordentlichen Staatsmittel aber könne er nun nicht einsetzen. An dieser seiner Stellungnahme würde meines Erachtens nur dann etwas zu ändern sein, wenn ich gestützt auf einen Budesratsbeschluss beauftragt würde, im Ministerium des Auswärtigen einen ganz offiziellen Schritt zu unternehmen, in dem Sinne, dass die rasche Erstellung dieser Linie für die Schweiz eine Lebensnotwendigkeit sei. Meines Erachtens hätte dabei der Bundesrat die Frage auch vom Standpunkt unserer Neutralitätspolitik aus zu beurteilen.