Sie erinnern sich gewiss, dass bei der Übernahme meines hiesigen Postens die Stimmung Frankreichs gegenüber der Schweiz nicht in allen Teilen befriedigend war. Ich habe es als meine Aufgabe betrachtet, hier wenn möglich eine Änderung herbeizuführen und deshalb gerne verschiedene Gelegenheiten benutzt, um etwas Propaganda für unser Land zu treiben. Diese Gelegenheiten haben sich in den letzten Wochen in reichem Masse geboten und zwar auf den verschiedensten Gebieten:
A. Auf wirtschaftlichem Gebiet: Die Schweizerische Handelskammer in Paris feierte ihren zwanzigjährigen Geburtstag durch ein glänzendes Bankett, welches zu einem vollen Erfolge wurde. Ich gestatte mir, Ihnen die Rede zu übermitteln2, die ich bei diesem Anlass gehalten habe.
B. Auf künstlerischem Gebiet: Die Eröffnung der Ausstellung französischer Malereien des 19. Jahrhunderts im Besitze schweizerischer Museen und schweizerischer Privatpersonen wurde zu einem bedeutsamen Anlass. Die ausgestellten Werke sind wirklich ganz hervorragend und es hat die Tatsache, dass sich so viele der herrlichsten Schöpfungen der französischen Malerei des letzten Jahrhunderts in schweizerischem Besitz befinden, sehr grosses und aufrichtiges Erstaunen erregt.
C. Auf sportlichem Gebiet ist der Wettkampf im Kunstturnen zu erwähnen, der durch den hiesigen schweizerischen Turnverein anlässlich seines 75 jährigen Jubiläum im grossen Stadium Pierre de Coubertin zwischen den besten Mannschaften der beiden Länder durchgeführt wurde. Auch er und das nachfolgende Bankett zeigten die allerherzlichste Stimmung.
D. Auf dem Gebiete der Politik und Presse: Schon vor Wochen hatte mich der Präsident des Syndikates der regionalen Presse Frankreichs, Herr Soustelle, den Sie kennen, aufgesucht, um mich zu einem Mittagessen einzuladen. Da Herr Soustelle gegenwärtig auch Präsident des Gesamtverbandes der französischen Presse ist und da die Provinzpresse, die vollständig im genannten Syndikat vertreten ist, in jeder Hinsicht für uns bedeutsam scheint, glaubte ich, Zusagen zu sollen. Herr Daladier hat dann spontan den Wunsch geäussert, an diesem Bankett teilzunehmen. Es hat, wie Sie wohl bereits aus der Presse ersehen haben, vorgestern stattgefunden und war, glaube ich, für die schweizerisch-französischen Beziehungen recht nützlich. Der Empfang, der mir sowohl von der Presse, wie auch durch die Herren Daladier und Marchandeau bereitet wurde, war überaus herzlich, und der Ministerpräsident sowohl als Herr Soustelle fanden ungewöhnlich warme Worte des Verständnisses und der Sympathie für unser Land. Herr Daladier hat mich in seiner Rede ausdrücklich gebeten, Ihnen seine Grüsse und freundschaftlichen Empfehlungen zu übermitteln. Mit Rücksicht darauf, dass die französische Presse über meine Ausführungen im allgemeinen zwar unvollständig aber nicht unrichtig berichtet hat, dass dagegen der «Petit Parisien» eine durchaus unrichtige Darstellung gab, möchte ich mir erlauben, Ihnen ebenfalls das Stenogramm meiner Ausführungen3 zur Kenntnisnahme zu übermitteln. Ich habe selbstverständlich nicht gesagt, wie das Blatt des «Quai d’Orsay» behauptet: «Nous comptons sur vous pour nous aider à conserver nos libertés». Ohne ein eigentliches Dementi zu verlangen, habe ich den «Quai d’Orsay» auf diese offenbare Unrichtigkeit aufmerksam gemacht. Die Ausführungen des Herrn Daladier finden Sie ebenfalls in der Beilage4.
Ich möchte mir gestatten, Ihnen, sehr verehrter Herr Bundesrat, bei diesem Anlass für den glänzenden Erfolg in Genf meine herzlichsten Glückwünsche zu entbieten5.