Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 10, doc. 242
volume linkBern 1982
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001C#1000/1533#2344* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(C)1000/1533 99 | |
Dossier title | Affaire Firstermacher Alberto (1932–1933) | |
File reference archive | B.46.12.2 • Additional component: Italien |
dodis.ch/45784
Wir werden in der nächsten Zeit uns im Bundesrate über die Motion Walther2 und die ihr zu gebende Folge aussprechen müssen. Wenn der Bundesrat dazu gelangt, Ausarbeitung eines Spezialgesetzes zu beschliessen, wird eine lebhafte Diskussion einsetzen die sich namentlich draussen in der Öffentlichkeit nicht auf die Linksparteien beschränken wird. Dazu wird mutmasslich eine Pacciardi ^Interpellation kommen. Diese letztere wird die Parallele zur Erledigung des Falles Firstermacher und Konsorten ziehen und weidlich ausschlachten - wenn wir nicht in der Lage sind darzutun, dass hier mit Recht keine unzulässige Parallele gezogen werden darf. Berufen können wir uns wie bisher darauf, dass der Bundesrat gegen Firstermacher. und Konsorten3 Klage erheben wollte und dass er auch beabsichtigt, in einer allfälligen Novelle einen neuen Straftatbestand zu umschreiben, der dem Richter kein Ausweichen vor dem Hindernis mehr gestattet. Wir sind aber in allen bisherigen Besprechungen einig gewesen, dass dies alles nicht genügt, sondern dass wir auch - und zwar namentlich auch unsern bürgerlichen Anhängern gegenüber, welche die Unabhängigkeit der Schweiz über alles stellen - gezwungen sind darzutun, dass wir der italienischen Regierung gegenüber alles vorgekehrt haben, um eine Wiederholung der unleidlichen Schritte ihrer Agenten und Helfer zu verhindern. Die richtige Erledigung wäre natürlich eine unzweideutige Erklärung der italienischen Regierung, dass sie die Machenschaften eines Firstermacher, Sertorio4, Zamboni5 usw. nicht billigt, und dass sie ihre Sicherheitspolizei anweist, auf derartige Spitzeltätigkeit zu verzichten und jedenfalls verbrecherische Missbräuche abzustellen. Dass wir das nicht erreichen werden, ist heute schon mit Sicherheit festzustellen6. Die Entlarvung Firstermachers geht, wenn wir nicht irren, auf den Monat Oktober zurück7. Der Auftrag des Bundesrates an Ihr Departement, in Rom vorstellig zu werden, wurde unseres Erinnerns gleichzeitig mit dem Ausweisungsbeschlusse gegen Firstermacher, also anfangs November zum mindesten vorgesehen und im Dezember auf Ihre eigene Initiative definitiv erteilt8. Obwohl dieser Auftrag von Ihnen sofort weitergegeben und in der Folge auch ausgeführt wurde, haben wir bis auf den heutigen Tag keine auch nur einigermassen befriedigende Erklärung der italienischen Regierung oder ihrer Vertreter erhalten, die wir auch unserer Öffentlichkeit bekanntgeben dürften. Wir werden auch sowenig als im Falle Cesare Rossi eine solche erhalten9. In Sachen Sicherheitspolizei regiert eben auch im fascistischen Staate der neue Fouché und nicht der neue Napoleon; das hängt mit dem System natürlich zusammen. Also werden wir auch hier wie im Falle Rossi diejenige Form wählen müssen, über die wir selbst zu bestimmen haben, und das ist die Abgabe einer von uns redigierten Protestnote. - Wir werden uns in der nächsten Sitzung des Bundesrates erlauben, eine solche zu beantragen. Ein weiteres Zuwarten hat schon deshalb keinen Sinn, weil sonst namentlich in Rom der Eindruck des tatsächlich begangenen Unrechtes immer mehr verblasst. Es ist auch nötig, dass vor dem 27. März10 die Abgabe der Note erfolgt sei, unserer Öffentlichkeit mitgeteilt werden könne und dass auch die Besprechung derselben in der Presse vor der Bundesversammlung stattfinden könne. Wenn wir diese politische Notwendigkeit unterstreichen, so möchten wir damit nicht etwa den ganzen Komplex auf die Bedeutung einer blossen Prestigefrage herunterdrücken sondern ausdrücklich erklären, dass diese Erledigung für uns eine Sache der Überzeugung bedeutet11. Wir haben bei allen mündlichen Besprechungen feststellen können, dass auch Sie auf diesem Boden stehen, dass Sie aber die Modalitäten der Ausführung bisher unserer Gesandtschaft anheimgestellt haben. Von jetzt ab werden aber diese Modalitäten und das Tempo zur Hauptsache und müssen bei der heutigen Sachlage von Ihnen selbst und vom Bundesrate bestimmt werden.
- 1
- Lettre: E 2001 (C)3/99. Remarque marginale de Motta: Je suis aussi d’avis que nous devons obtenir du Gouvernement italien une déclaration satisfaisante. Il faut en avertir immédiatement M. Wagnière. 3.3.33.↩
- 2
- Du 21 décembre 1932. Elle invitait le Conseil fédéral à proposer aux Chambres, pour la session de printemps, des mesures législatives corrigeant l’insuffisance de la législation en matière de protection de l’ordre public et à indiquer en même temps quelles autres mesures il se propose de prendre dans la même direction. Cf. Bull. stén. de l’Assemblée fédérale, 1933, session de printemps, pp. 144-162 et 255-285.↩
- 3
- Cf. no 204.↩
- 4
- Cf. annexe au no 205.↩
- 5
- Expulsé par le Conseil fédéral, le 16 décembre 1932, en même temps que Firstermacher et Sertorio, pour avoir participé au service d’information clandestin. Cf. E 2001 (C) 3/99.↩
- 7
- Cf. no 204 et no 205.↩
- 8
- Cf. no 223.↩
- 9
- Remarque marginale de Motta: ?. Sur l’affaire Rossi cf. DDS vol. 9, Index.↩
- 10
- Début de la session de printemps des Chambres fédérales. Cf. n.2 ci-dessus.↩