Language: ns
1943-1944
AfZ; Handakten Homberger; 10.11.5.1.2.2. Korrespondenz; "Teilnahme und Aufgabe der Schweiz beim Wiederaufbau", Referat H. Niesz vom 9.12.1943; "UNRRA"; Postulat Moeschlin (Einsetzen einer Expertenkommission zur Prüfung der wirtschaftlichen Nachkriegsprobleme und die künftige Gestaltung der zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen), 1943-44
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
________________________

* Vortrag Niesz vor waadtländer Industrieverband (?) am 21.11.1944, in: "Journal des Associations patronales suisses" Nr. 49 vom 8.12.1944:

* Postulat Moeschlin vom 28.9.1943: Schaffung Expertenkommission zum Studium der weltwirtschaftlichen Nachkriegsprobleme und Vorbereitung der Stellungnahme der Schweiz gegenüber den von den kriegsführenden Mächten entworfenen Pläne für künftige Gestaltung der zwischenstaatlichen Wirtschaftsbeziehungen. Mitunterzeichner: Andres, Bärtschi, Baumgartner, Bircher, Eugster, Gadient, Gfeller-Basel, Graf, Maag, Muschg, Pini, Rappard, Rittmeyer, Rusca-Locarno, Schmid-Zürich, Schyder, Stäubli, Walder. (18 Abgeordnete)
Gleichzeitig Interpellation Bachmann über Nachkriegsfragen des Handels- und Zahlungsverkehrs in der Vollmachtenkommission des Nationalrates vom 16.10.1943.


* Hotz an BR Stampfli, 23.10.1943: keine Expertenkommission nötig. In Vorkriegszeit übernahm die Zollexpertenkommission, im Krieg die Kommission betr. Ein- und Ausfuhr. Zusammenarbeit jetzt zwischen Ämtern und Spitzenverbänden der Wirtschaft geeignet. Einstweilen jedoch Hauptaufgabe die Sichtung des Materials. "Erst wenn einmal konkrete definitive Projekte vorliegen, muss dazu auch vom schweizerischen Standpunkt aus Stellung bezogen werden." Dr. Georg Wander habe wohl recht gehabt, wenn er sagte, dass die schweizerische zukünftige Wirtscahftsordnung zum grossen Teil von den Grossmachts-Abmachungen beeinflusst wird, "und wir müssen unsern Haushalt, ja unser ganzes Leben und Streben, der kommenden Weltordnung einfach anzupassen suchen." In der Handelsabteilung beschäftigten sich neben der Direktion mit Nachkriegsfragen 1. Prof. Keller mit den angelsächsischen Projekten, 2. Vizedirektor Werthmüller mit innerwirtschaftlichen handelspolitischen Fragen, 3. Adjunkt Vollenweider mit Problemen der internationalen Handelspolitik und 4. Adjunkt Dr. Probst in Verbindung mit der SVSt mit den Clearingproblemen. Es könnten auch Wissenschaftler der Nationalwirtschaft beigezogen werden.

* Zipfel (Delegierter für Arbeitsbeschaffung) an Handelsabteilung, Vorort und OSEC, 28.10.1943: Schickt Abschrift eines Exposés von G. Bauer, Finanzdirektor der Stadt Neuchatel zum Problem der methodischen Vorbereitung der Schweiz für den Wiederaufbau Europas. Aktuelles Problem und wird in der Presse oft behandelt. Verschiedene Eingaben auch von Arbeitnehmer-Seite, die Studien und Massnahmen fordern. "Persönlich bin ich der Auffassung, dass solche Studien einen gewissen Wert haben, wobei man sich aber bewusst sein muss, dass die Mitarbeit der Schweiz am Wiederaufbau Europas nur im Rahmen handelsvertraglicher Abmachungen möglich ist. Mitentscheidend wird sein, ob und zu welchen Bedingungen die Wirtschaft oder der Staat Kredite zu gewähren in der Lage sind." Trotzdem wertvoll wenn Untersuchungen gemacht werden, vor allem sind psychologische und innerpolitische Ueberlegungen dazu massgebend. "Man sollte unseren Behörden nicht vorwerfen können, irgend eine Massnahme der Arbeitsbeschaffung unterlassen zu haben." Bauers Vorschläge ähnlich sind schon Bestrebungen im Gang: Verschiedene Bauunternehmungen und Architekten haben Pläne für Erstellung von Wohnungen, Massenquartieren, Kantinen usw. ausgearbeitet. Fast alle sehen Herstellung von transportablen Bauelementen. Koordination dieser Bestrebungen durch den Schweizerischen Gewerbeverband. Weitere Pläne in Wirtschaft

* ? (Kriegs-Ernährungs-Amt) an Homberger, 29.10.1943: Homberger habe in Kommission zur Ueberwachunge der Ein- und Ausfuhr gesagt, dass Alliierte ihr Interesse an Schweizer Produkten verloren hätten. Nicht mehr wie vor 2 Jahren, jetzt gewaltige Rüstungsproduktion der USA. Bei den Diskussionen um Nachkriegsexporte: "Dabei stellen die meisten Industriellen und Kaufleute darauf ab, dass unsere Erzeugnisse besonders gesucht und als einzig dastehend zu bezeichnen wären." Hombergers Votum habe ihn beindruckt. Etwas "zu grossen Optimismus in Bezug auf die Leistungsfähigkeit unserer Industrie". Kurzfristig wird Nachfrage steigen aber danach?

* René Hochstaetter und Henri Niesz an EPD (Bundesrat Pilet-Golaz), 3.11.1943: Heute habe sich das Komitee .. zum Wiederaufbau gegründet. Inititative kam von Motor Columbus, an der SKA und SBV beteiligt sind. Beteiligung am Wiederaufbau, neue Exportmöglichkeiten und Arbeitsplätze. "Il s' agit de prévenir le danger de chomage durant la période d`après-guerre, sans recourir aux dispositions prévoyantes evisagées par la Confédération pour créer des possibilités de travail à l`intérieur de notre pays. Am 11. Juni habe sich UNRRA gegründet. Neutrale und insbesondere Schweiz sei willkommen im Vorstand mitzumachen. SChweizer Gesandtschaft in Washongton solle Verlautbarungen prüfen und Gründung des schweizerischen Komitees der Direktion der UNRRA mitteilen und deren Wunsch der Wiederaufbau-Bewegung in den USA beizutreten (adhérer). Cordell Hull habe Konferenz auf 9. November angesagt, also müsse man Gründung des schweizerischen Komitees vorher ankündigen. [Antwort EPD?]

* Troendle, Notiz für Hotz, Nachkriegsprobleme, 17.11.1943: Es gebe von alliierter Seite vor allem Pläne von privater Seite, bei denen unklar inwieweit mit Intentionen der alliierten Regierungen im Einklang. "Für die Schweiz erhebt sich die Frage, ob jetzt schon - nachdem gewisse Anzeichen dafür sprechen, dass die Endphase der kriegerischen Ereignisse begonnen hat - der Moment gekommen ist um für die kündftige Gestaltung der aussenwirtschaftlichen Beziehungen ebenfalls Pläne zu machen." Presse und Parlament dieser Meinung. Wirtschaftspolitisher Standpunkt: "Der Ausgang des Krieges ist und bleibt unbestimmt, auch wenn gewichtige Anzeichen dafür vorhanden sind, dass sich das Kriegsglück auf die Seite der Alliierten geneigt hat." Werden Alllierte Europa aufteilen oder gemeinsamer Wiederaufbau? -> vieles noch unklar. "Diese Unsicherheiten verunmöglichen vorläufig noch ein sicheres und nützliches Planen". Aber man trotzdem behandeln. Auch Militär plant im voraus ohne zu wissen was kommt.
1. Nach Krieg wird es zu multilateralen Verhandlungen kommen (Friedens- und Wiederaufbaukonferenzen), "denen gegenüber sich die SChweiz nicht wird passiv verhalten können." Aber keine eigenen Wiederaufbaupläne für Europa oder gar Weltwirtschaft ausarbeiten. Zusammenarbeit der Handelsabteilung mit dem Schweizerischen Wirtschaftsarchiv in Basel möglich, das die Pläne verfolge.
2. Handelsabteilung werde Wiederanknüpfung an bisherige und künftige Absatzgebiete auf bilateralem Weg in Angriff nehmen durch Verhandlungen. Wichtigste Verhandlungspunkte koönnten jetzt schon zusammengestellt werden. Verbesserung des wirtschaftlichen Aussendienstes in gesandtschaften. AA in EPD habe aber noch nichts unternommen. -> 4 Punkte.

* Carl E. Koechlin an Sulzer, Fr. hug, Caspar Jenny, H. Wolfer, Homberger, 7.12.43: betr. Beteiligung der Schweiz am Wiederaufbau in  Europa. Dankt für SChreiben Hombergers vom 6.12. Niesz habe Pläne der neuen Organisation bei letztem Rapport des K.I.A.A. geschildert. "Mit Herrn Dr. Homberger bin ich einig, dass sich der Vorort nicht etwa von der Sache distanzieren, geschweige denn davon desinteressieren sollte." An die nächste Sitzung könne er nicht gehen. "Offen gestanden macht es mr auch nichts, denn es ist mir wenig sypathisch, dass sich nun der Landesring der Sache zu bemächtigen sucht, um auf diese Weise früher oder später politisches Kapital daraus zu schlagen. Herr Hodel, einer der zwei Einladenden, ist Mitglied des Basler Landesrings."

* Präsidium des VSM an Homberger, 8.12.1943: VSM wird bereit sein, in Komitee mitzumachen.
* F. Hug an Homberger: "Es erscheint mir nicht nur richtig, sondern auch sehr wichtig, dass sich der Vorort aktiv mit dieser Frage von allem Anfang an befasst." Auch die Textilindustrie habe grosses Interesse an der Gestaltung des Exportes nach Kriegsende. Ostschweizer Textilindustrie könnte Vertreter in Komitee entsenden.  Kann auch nicht an Sitzung in Bern teilnehmen.

* Henri Niesz, Referat vom 9.12.1943 in Bern, Teilnahme und Aufgabe der Schweiz beim Wiederaufbau: ...

* E. Speiser an den Bundesrat, 12.12.1943: Erklärung bei Gründung der UNRRA und der 100 Mio. Kronen-Kredit Schwedens als Beitrag zum Wiederaufbau lassen erkennen, "dass auch neutrale Länder in irgend einer Form Stellung beziehen müssen." Es gelte vor allem einen klaren Trennungsstrich zwischen Geschäft und Wohltätigkeit zu ziehen. "Versuche, beides zu verbinden, sind nie glücklich und haben immer einen unsypathischen Beigeschmack. Eine charitative Hilfe der Schweiz an die verarmten Nachbarländer sollte deshalb spontan, ohne Hintergedanken und offene oder versteckte Zumutung von Gegenleistungen und vor allem unmittelbar nach Abschluss eines Waffenstillstandes erfolgen." Strikt getrennt davon, die Aufgabe kommerziell am Wiederaufbau mitzuhelfen. Arbeitsbeschffung für unsere Architekten und Exportindustrie. Dazu bestehe jetzt gemischtes Komitee aus Behörden und Wirtschaft. Weniger abgeklärt sei die Frage, wie die SChweiz auf dem Gebiet der Wohltätigkeit helfen will, "und ich gestatte mir hier eine konkrete Anregung zu machen. Dass unser Land und seine Bevölkerung hier eine klare Pflicht hat, wenn wir bei Kriegsende unversehrt sind, drängt sich auf, und wir sollten handeln ohne auf mehr oder weniger sanfte Mahnungen der präsumptiven Siegerstaaten zu warten. Unsere Leistung darf auch nicht den Charakter eines "Sühnegeldes" für unser Verharren in der Neutralität, oder einer teilweisen Rückzahlung eines nationalen Kriegsgewinnes tragen. Es handelt sich um ein einfaches Gebot der Menschlichkeit und der spontanen Hilfbereitschaft, das gar keiner weiteren Deutung bedarf und die linke Hand soll nicht wissen, was die rechte tut." "Die schweizerische Aktion sollte vollkommen autonom und ohne jegliche Bindung an die U.N.R.R.A. oder ähnliche ausländische und internationale Gebilde erfolgen." Die Grösse der Leistung solle nationalem Wohlstand und Einkommen angemessen sein. Speiser schlägt 200 Mio. Fr. vor, wovon die Hälfte durch das Volk und die andere durch den Bund übernommen würde. Bund würde das Doppelte der Bevölkerung zahlen. Privater Anteil müsste zum grösseren Teil von der Wirtschaft beisteuern. Pro Schweizerbürger damit rund 50 Fr. Es sollen nur Waren und kein GEld verteilt werden. Sofort nach Waffenstillstand sollen Züge die Schweiz verlassen mit Schuhen, Kleidung, Pharmazeutika, Möbeln, Lebensmitteln. Ueberflüssiges Armeematerial. "Wenn wir warten, so kommen uns die Andern zuvor, und unsere Leistung verliert, praktisch und psychologisch, an Wert." Das ganze muss deshalb jetzt schon vorbereitet werden. Momentan gute Versorgungslage der Schweiz mit Textilien und SChuhen. Detaillisten befürchten Lagerverluste [siehe Dok.?]. Durch Ankündigung werde auch Wirtschaft wiederbelebt, weil keine Angst vor Preissturz. "Diese Erwägungen wären nicht propagandistisch auszuwerten, aber als Chef des K.I.A.A. bin ich verpflichtet, sie zu machen." Alle Lieferungen müssten gratis erfolgen, damit keinerlei Vorbelastung der Clearingguthaben.
Durchführung:  100 Mio. Fr. 1/4-1/3 durch Bevölkerung und Rest durch Wirtschaft. ... Verteilung der Waren durch das Schweizerische Rote Kreuz -> Gaben müssten rotes oder weisses Kreuz tragen. Verhandlungen mit Blockade- und ev. Gegenblockade-Mächten.
"eine Aktion, wie die skizzierte, liegt in der Luft und wird vom Volke erwartet." Keine Partei und Person dürfe die Sache propagandistisch ausschlachten. "Das Prestige dafür muss einzig und allein dem Bundesrat, als dem Repräsentanten des ganzen Schweizervolkes zufallen." "Zusammenfassend formuliere ich: die SChweiz muss sofort nach Kriegsschluss ihre Speicher öffnen, ohne Rücksicht auf Dank und Belohnung. Kein Reicher darf auf seinem Ueberfluss sitzen bleiben, wenn seine Nachbarn hungern und darben, und Wohltaten, auch ohne jeden Hintergedanken, sind nie umsonst."

* P. Keller, Einige Bemerkungen zur "UNRRA", 8.1.1944 (persönlich und vertraulich -> Homberger): ...

* Delegation des Handels (?) an Bundespräsident Stampfli, 29.1.1944: Gesuch, dass Schweiz einer internationalen Hilfsorganisation 100 Mio. Fr. ohne jegliche Gegenleistung zur Verfügung stellt. SChweiz ist verschont geblieben. Aussenwirtschaft hänge auch von Solidarität mit Europa ab. Schweiz könne erklären, dass sie in USA gesperrte Vermögenswerte freiwillig für Wiederaufbau einsetzen werde wenn Deblockierung. Die Wirtschaft köönte mit Kredit aufs wertvollste beeinflusst werden.

* W. Burkhard an Hotz, 31.5.1944: Der Verband Schweizerischer Transit- und WElthandelsfirmen möchte an Nachkriegs-Planung mitmachen.

* E. Speiser an Sektionen des K.I.A.A., 3.11.1944: Soeben habe de Haller mitgeteilt, dass der Vertreter der UNRRA in der Schweiz angefragt habe, was die Schweiz an bestimmten Warenkategorien liefern könne. Diese Frage stehe laut Speiser aber in keinem Zusammenhang mit der Schweizerhilfe. Die UNRRA will die Waren kaufen. Antwort für welche Artikel unbedingt Ersatz in Form von Rohmaterialien oder Halbfabrikaten durch die alliierten Mächte erfolgen müsste, sei es um die Produktion zu ermöglichen oder um den Export zu gestatten.
1. Vorfabrikzierte Gebäude, 2. Fischerei-Ausrüstung (diesel-Motoren, Kupferdraht, Radios...), 3. TExtilien und Schuhe, 4. Medizinisches, 5. Landwirtschaftsmaschinen, 6. Pestizide, 7. Super-Phosphate, 8. div. Maschinen etc.
How to cite: Copy

Repository