Mit Schreiben vom 22. Juli 1960 orientieren Sie uns über die Absicht des
Schweizerischen Bankvereins, der Schweizerischen Kreditanstalt und der
Schweizerischen Bankgesellschaft, der Südafrikanischen Union für die Dauer von 2 Jahren einen Kredit von 30 Millionen Schweizerfranken zur Verfügung zu stellen3. Wie wir Ihren Ausführungen entnehmen, erheben Sie dagegen keine Einwendungen.
Die zuständigen Bundesbehörden haben bereits vor Jahresfrist zum vorliegenden Kreditprojekt im positiven Sinne Stellung bezogen. Der südafrikanischen Regierung schienen aber damals die seitens der Schweizerbanken offerierten Kreditbedingungen zu wenig günstig, weshalb die Angelegenheit bis heute in der Schwebe blieb.
Während unser Departement dem Gesuch vor Jahresfrist noch ohne grössere Bedenken zustimmen konnte, wird heute unsere Stellungnahme durch die neueste politische Entwicklung im schwarzen Erdteil erschwert4. Obwohl das Bankengesetz in Art. 8 ausdrücklich erwähnt, dass die Prüfung der Sicherheit der Anlage nicht Aufgabe der Nationalbank ist und damit implizite auch nicht Sache der Bundesbehörden, so scheinen uns die Behörden unter dem
Gesichtspunkt der Wahrung des wirtschaftlichen Allgemeininteresses doch eine gewisse Verantwortung dafür zu haben, dass schweizerisches Kapital nach Möglichkeit nicht in Gebiete abfliesst, in denen es einem besonderen politischen Risiko ausgesetzt ist5. Derartige Bedenken können aber unseres
Erachtens im Falle eines Bankenkredites eher zurückgestellt werden, als wenn es sich um die Auflage eines öffentlichen Anleihens handeln würde. In diesem
Fall wäre im Interesse der Anlegerschaft und insbesondere im Interesse der kleinen einheimischen Sparer eine grössere Zurückhaltung angezeigt. Es ist anzunehmen, dass die Südafrikanische Regierung die Kreditgewährung wohl auch politisch als Vertrauensbeweis des Auslandes auswerten wird.
Diesen mehr negativen Aspekten stehen nun allerdings gewichtigere positive Erwägungen gegenüber. Einmal ist bei der gegenwärtigen Konjunkturlage und der grossen Flüssigkeit am Geld- und Kapitalmarkt der zur Diskussion stehende Kapitalexport überaus willkommen, dies umsomehr, als die Schweiz in den vergangenen Wochen das Ziel eines aussergewöhnlich umfangreichen
Mittelzuflusses aus dem Ausland war. Die Grossbanken verfügen heute über beträchtliche liquide Mittel. Nachdem die gesuchstellenden Banken das Risiko offenbar als tragbar befunden haben, ginge es im vorliegenden Fall wohl zu weit, wenn die Operation aus Sicherheitserwägungen nicht bewilligt würde.
Bei dieser Sachlage müsste eine behördliche Verweigerung des Kredits von der südafrikanischen Regierung als ein unfreundlicher Akt empfunden werden. Es scheint uns, dass unsere Beweggründe zu wenig triftig wären, um ein solches Vorgehen gegenüber einem Staate, mit dem wir beste Beziehungen unterhalten, zu rechtfertigen. Es ist im besondern zu berücksichtigen, dass unsere Wirtschaftsbeziehungen mit der südafrikanischen Union durchaus erfreulich sind und sich die dortige Regierung unseres Wissens gerade auf diesem Gebiete immer korrekt verhalten hat6. In diesem Zusammenhang sei auch erwähnt, dass unsere Handelsbilanz mit Südafrika in den letzten Jahren stets mit ansehnlichen Überschüssen abschloss. Im Jahre 1959 betrug dieser z. B. 68 und im 1. Halbjahr 1960 36 Millionen Franken. Auch dieser Umstand scheint uns eher für eine entgegenkommende Behandlung des südafrikanischen
Kreditbegehrens zu sprechen. Zudem handelt es sich hier um ein Land, dessen
Wirtschaft im Ausbau begriffen ist, und diese Bestrebungen verdienen auch seitens der Schweiz unterstützt zu werden.
Nach Abwägen der verschiedenen Elemente gelangen wir daher zum
Schluss, dass wir der vorliegenden Kredittransaktion nicht mit Begeisterung zustimmen können, aber aus den für unser Departement in Betracht fallenden
Gesichtspunkten keine Einwendungen erheben möchten7.