Language: German
2008
Johannes Starmühler, Louis Haefliger und die Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen. Eine Betrachtung vermittelter Geschichte in Österreich nach dem Zweiten Weltkrieg, Diplomarbeit, Universität Wien, 2008.
Bibliographical reference (Bib)
Cf.

Inhaltsverzeichnis
1. EINLEITUNG.........................................................................................................4
2. DIE BEFREIUNGSGESCHICHTE IM KONTEXT............................................9
3. DIE MILITÄRISCHE ENTWICKLUNG IM GAU OBERDONAU IN DEN
LETZTEN WOCHEN DES KRIEGES....................................................................12
4. LOUIS HAEFLIGER............................................................................................19
4.1. Biographische Angaben ............................................................................ 19
4.2. Der Weg nach Mauthausen - der Rapport Haefligers ....................................... 21
4.2.1. Abweichende Darstellungen von Louis Haefliger ............................................. 26
4.2.2. Der Befehl zur Massentötung der Gefangenen der Lager Mauthausen und Gusen ...28
4.3. Nach dem Krieg ...................................................................................... 30
4.3.1. Opferfürsorgeausweis für Louis Haefliger ................................................... 32
5. ANERKENNUNG UND WIEDERGUTMACHUNG......................................38
5.1. ¿Husarenstück¿ und ¿Geniestreich¿............................................................ 38
5.2. Louis Haefliger im öffentlichen Raum.......................................................... 51
5.3. Die Idee eines Kinderheimes...................................................................... 52
5.4. Das Komité für Louis Haefliger ................................................................... 53
5.5. Louis Haefliger und das Internationale Komitee vom Roten Kreuz..................... 55
5.6. Louis Haefliger und der Prozess um Anton Streitwieser ................................. 67
6.1. Der Arbeitskreis für Heimat-, Denkmal und Geschichtspflege und Martha Gammer
.................................................................................................................. 72
6.2. Friedrich von Gagern - Eine literarische Annäherung..................................... 75
6.3. Alphons Matt - der Verfasser der Haefliger-Biographie................................... 78
6.4. Louis Haefliger in der Zeitung ................................................................... 82
6.5. Wissenschaftliche Arbeiten ....................................................................... 92
6.5.1. Stanislaw Dobosiewicz ........................................................................... 93
6.5.2. Evelyn Le Chêne................................................................................... 95
6.5.3. Michel Fabréguet ................................................................................. 96
6.5.4. Karl Brousek....................................................................................... 98
6.5.5. Bertrand Perz und Florian Freund ............................................................ 99
6.5.6. Andreas Doepfner ............................................................................... 101
6.5.7. Weitere wissenschaftliche Arbeiten.......................................................... 102
6.6. Die Erzählweise der ehemaligen kommunistischen Häftlinge ......................... 104
6.7. Aus der Sicht der ersten alliierten Einheit in Mauthausen.............................. 122
6.8. Hans Mar¿¿álek....................................................................................... 124
3
7. DAS DOKUMENTATIONSARCHIV DES ÖSTEREICHISCHEN
WIDERSTANDES UND DIE ÖSTERREICHISCHE
WIDERSTANDSBEWEGUNG - EIN KONFLIKT ...........................................137
7.1. Das Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW) .............. 137
7.2. Die Österreichische Widerstandsbewegung (ÖW) ........................................ 139
7.3. Der Konflikt ......................................................................................... 141
8. DER FRIEDENSNOBELPREIS FÜR LOUIS HAEFLIGER?.........................153
9. CONCLUSIO .....................................................................................................156
ANHANG:
I) DER RAPPORT LOUIS HAEFLIGERS...........................................................160
II) DANKESSCHREIBEN DER ÖSTERREICHISCHEN POLITISCHEN
GEFANGENEN AN LOUIS HAEFLIGER..........................................................172
III) NACHWEISE ..................................................................................................173
IV) ABKÜRZUNGEN............................................................................................187


________________________
Abstract:
Louis Haefliger, ein Angestellter der Zürcher Bank Leu AG, meldet sich im April 1945 freiwillig zum Internationalen Komitee vom Roten Kreuz (IKRK). Dieses entsendet, aufgrund vorangegangener Verhandlungen mit Entscheidungsträgern der SS, Delegierte
in die zu diesem Zeitpunkt noch vorhandenen Konzentrationslager um "Liebesgaben" in Form von Nahrungsmittel zu überbringen, Gefangene bestimmter westlicher Nationen zu repatriieren, sowie einen Rotkreuz-Delegierten bis zum Ende des Krieges dort zu
belassen. Der Schweizer Haefliger wird dazu bestimmt, gemäß diesen Aufgaben eine Delegation nach Mauthausen zu leiten. Er trifft am 28.4.1945 im Konzentratonslager auf en Lagerkommandanten Ziereis, der vorgibt, nichts von Verhandlungen zu wissen, die es Haefliger gestatten, im Lager zu bleiben. Der Schweizer lässt seine Kolonne mit den aufgenommenen Gefangenen wieder Richtung Schweiz fahren und verbleibt in Mauthausen, wo er vorerst in der Nähe des Konzentrationslagers Unterkunft findet. Einige Tage später gelingt es ihm, im Konzentrationslager in den Gebäuden der SS ein Bett in einem Zimmer, das er sich mit dem SS-Offizier Guido Reimer teilen muss, zugewiesen zu bekommen. Angeblich eröffnet ihm dieser, dass ein Befehl Himmlers vorläge, wonach alle Gefangenen getötet werden sollten, und dass zu diesem Zwecke in den Stollenanlagen des Mauthausener Zweiglagers Gusen Sprengstoff angebracht worden ist. Mittels fingiertem Fingeralarm sollten die Gefangenen Gusens und die Bevölkerung der angrenzenden Gemeinde St. Georgen an der Gusen als Zeugen der Verbrechen der SS in die Stollenanlagen, die
eigentlich zur unterirdischen Produktion von Flugzeugen errichtet worden waren. Die Gefangenen des Lagers Mauthausen sollten von den SS-Wachmannschaften ermordet werden.
Am 5.5.1945 verlässt Haefliger am frühen Morgen Mauthausen mit dem Ziel, Einheiten der US-Army zu finden, die bereits in und um Linz stehen. Diese sollten dann überzeugt werden nach Mauthauen und St. Georgen an der Gusen zu kommen, um das
Lager zu befreien und das angeblich geplante Massaker zu verhindern. Der Schweizer findet eine Einheit, die er überreden kann, mit ihm zu kommen und das Lager zu befreien.

Nach dem Krieg stilisiert sich Louis Haefliger zum Helden von Mauthausen, der 60000 Menschen das Leben gerettet hätte. Doch seine Version der Geschichte der Befreiung des Konzentrationslagers Mauthausen ist nach kritischer Betrachtung nur mit
Abstrichen beweisbar. So ist der Beweis zur Existenz eines umfassenden Tötungsbefehls Himmlers ist bis zum heutigen Tage nicht erbracht. Haefligers Verhalten nach dem Krieg lässt weitere Zweifel aufkommen: wegen Geldes ändert er
seine Version der Befreiung für eine Falschaussage zugunsten eines der brutalsten Mörder des Konzentrationslagers Mauthausen um.
Louis Haefliger findet Unterstützung in der Österreichischen Widerstandsbewegung (ÖW), die seine Popularität steigern will, indem sie ihn beispielsweise für den Friedensnobelpreis vorschlagen will. Zeitweise wird die Person Haefliger zum Spielball, da die ÖW ihn in ihrem Kampf gegen den Kommunismus verwendet, der schuld sei an der nicht erfolgenden umfassenden Anerkennung Haefligers als ¿Retter von Mauthausen¿. Tatsächlich präsentieren kommunistische Autoren nach dem Ende der NS-Herrschaft ein Bild von der Befreiung Mauthausens, das insofern nicht der Wahrheit entspricht, als verbreitet wird, die Gefangenen hätten sich selbst befreit. Um dem subjektiven Bedürfnis nach Wahrheit zu genügen, wird Geschichte missbräuchlich verwendet. Während die kommunistischen Schriften der Parteilinie angepasst sind, erzählt und verändert Haefliger Geschichte mit individueller Auslegung,
um seine persönliche Situation zu verbessern. Neben der ÖW findet der Schweizer Hilfe bei einzelnen Unterstützern sowie in den Medien. Deren Erzählweisen basieren aber auf Haefligers Rapport, der unkritisch übernommen wird. Wissenschaftliche Betrachtungen hinterfragen Person Haefligers und seiner Rolle in den ersten Maitagen 1945 und kommen zu differenten Ergebnissen. In den 1980er Jahren kulminieren die Erzählweisen und kritischen Betrachtungen in einem zum Teil unsachlichen Konflikt zwischen der ÖW und dem Dokumentationsarchiv des österreichischen Widerstandes (DÖW). Mit dem Tod Louis Haefligers flauen diese Streitigkeiten wieder ab. In der Studie wird gezeigt, dass historische Inhalte verwendet werden, um gegenwärtige Positionen zu vertreten bzw. daraus Kapital zu schlagen. Für Anerkennung, Vermittlung politischer Ansichten oder aus finanziellem Nutzen wird Geschichte konstruiert und neu geschrieben.
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