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ERBLOSE VERMÖGEN - LES BIENS EN DESHÉRENCE
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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Ergänzungen zur Diskussion um die weitere Verwendung der erblosen Vermögen (besonders jüdischer) Flüchtlinge in der Schweiz. Vgl. dodis.ch/27638

I. Zum Sonderabkommen mit Polen


22. 3. 1950: Antwort des Vorstehers des Politischen Departements auf die Interpellation Werner SCHMID vom 14. 3. 1950.
(Es geht darum, den Stand der Nachforschungen und getroffenen Massnahmen zu formulieren)
Das schweizerische Recht anerkennt das Erbrecht ausländischer Staaten, sofern der Besitzer des Vermögens seinen letzten Wohnsitz im Ausland hatte. "Es ist also das polnische und nicht das schweizerische Gesetz, das bestimmt, wem das Vermögen anfällt, wenn natürliche Erben und Verwandte fehlen." (S. 3)

Presseorientierung vom 1. 2. 1950
"Höchstenfalls hätte man davon absehen können, den polnischen Behörden die Inbesitznahme dieser, dem polnischen Staat gehörenden Güter zu erleichtern, indem man sich geweigert hätte, den Banken eine Einzahlungspflicht aufzuerlegen." (S. 2)

JUNA Bureau de presse de la Fédération Suisse des Communautés Isréalites (Bericht über "Biens sans maîtres")
Die Schweiz wird als Sonderfall angesehen, die sich, als äusserst humanitär gesinntes Land, keine weiteren Abkommen wie dasjenige mit Polen "erlauben" sollte.
"Aucun Etat civilisé n'a admis ce principe. Au contraire, toutes les nations qui se sont occupées de ce problème ont pris des mesures destinées à affecter les biens sans maîtres à la réhabilitation des victimes des persécutions nazies."
[...]
"Seule une législation claire et précise sur ce point, attribuant les biens en déshérence aux victimes survivantes des persécutions nationales-socialistes, peut donner au traité avec la Pologne le caractère d'exception, confirmant la règle que la Suisse n'entend bénéficier en aucune manière des crimes nazies." (S. 3)

II. Zu den allgemeinen Diskussionen um die Höhe der Vermögen und die Wichtigkeit der Angelegenheit


22. 3. 1950: Antwort des Vorstehers des Politischen Departements auf die Interpellation Werner SCHMID vom 14. 3. 1950.
Generell wird die Frage als nicht besonders wichtig, oder jedenfalls nicht dringlich angesehen, da sowieso vor effektiven Handlungen eine ziemlich lange Zeit verstreichen muss. Über die Höhe der in der Schweiz deponierten erblosen Vermögen gibt es verschiedenste Aussagen. Die Spannweite reicht von "geringe Summe" bis "beträchtliche Summen".
"[...] Klarheit zu verschaffen über die Bedeutung dieser erblosen Vermögenswerte, die viel geringer ist, als oft geglaubt wird." (S. 6)

Sitzung des Schweizerischen Bundesrates, Auszug aus dem Protokoll, 22. 1. 1952
Das Desinteresse der Alliierten an dieser Sache wird vermerkt: Vertretungen von USA, GB, F in Bern wurden am 25. 4. 1950 vom politischen Departement darüber informiert, dass Banken und Versicherungen dazu aufgefordert worden waren, Angaben zu den erblosen Vermögen zu machen. Bis zum Datum der Sitzung, knapp zwei Jahre später, hat das Departement keine Antwort darauf erhalten. (S. 2)

III. Über das Bankgeheimnis


22. 3. 1950: Antwort des Vorstehers des Politischen Departements auf die Interpellation Werner SCHMID vom 14. 3. 1950.
"Das Abkommen bringe einen Verzicht auf das Bankgeheimnis mit sich, war ein weiterer Einwand. Nun gibt es aber nichts, das heute die Banken zwingen würde, die Herkunft der Guthaben anzugeben, die sie besitzen. Falls der polnische Staat Erbe, d.h. Anspruchsberechtigter, ist - was man nicht vor Juli 1954 wissen wird - gibt es ihm gegenüber kein Bankgeheimnis." [Hervorhebungen nicht im Original] (S. 5)

Brief der AXIS VICTIMS LEAGUE, SWISS BRANCH, an das Eidg. Politische Departement
Die Axis victims league drückt Verständnis dafür aus, dass die Banken ungerne Auskunft geben (mit Rücksicht auf das Bankgeheimnis), selbst wenn eine Todeserklärung und eine Erbbescheinigung vorgelegt werden können. Persönliche Interpretation: die Formulierung klingt eher ironisch / zynisch als wirklich verständnisvoll (vielleicht ist das aber eine Frage der Perspektive).
Die League regt an, alle Konten von Ausländern anzugeben, die seit 1930 errichtet worden sind und die seit 1935 keine Disposition oder Adressen gemeldet wurden.

IV. Kontakte mit der Schweizerischen Bankiervereinigung und der "Union des Compagnies Suisses d'Assurance sur la Vie"


Diese beiden Vereinigungen werden dazu angehalten, unter den Banken resp. den Versicherungen eine Umfrage zu machen, um mehr Informationen über die Vermögen und deren Gesamtsummer zu bekommen.

Brief vom 16. 2. 1950 an die Union des compagnies suisses d'assurances sur la vie

"Nous vous serions gré de bien vouloir procéder à cette enquête le plus rapidement possible. [...] Nous ajouterons que l'enquête à laquelle nous vous demandons de procéder n'oblige à rien les sociétés d'assurance intéressées; elle a un simple but d'information" (S. 2)

Die Resultate dieser Untersuchungen / Umfragen sind sehr spärlich.

Sitzung des Schweizerischen Bundesrates, Auszug aus dem Protokoll, 22. 1. 1952
"Indessen wiesen die Verbände auf das ihren Mitgliedern auferlegte Berufsgeheimnis hin." (S. 2)
Die Bankiervereinigung teilt mit, dass keine [Hervorhebung nicht i.O.] Vermögenswerte gemeldet wurden, von denen die Banken wissen [Hervorhebung i.O.], dass es sich um erblose Vermögen handelt. Bei zwei relativ geringen Beträgen wird es vermutet. Die Bankiervereinigung sei immer wieder Schwierigkeiten begegnet, wenn es sich darum handelte, eine praktische Lösung zu finden.
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