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BAR E 4264(-)1985/196/, 426
Dossier Wachstock
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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DOSSIER WACHSTOCK
E 4264 (-) 1985/196
426


Die Familie Wachstock kommt am 1.10. 1942 illegal in die Schweiz. Auf Grund der Tatsache, dass sie Juden sind, ist ihre Ausweisung "nicht tunlich", worauf sie in verschiedenen Lagern interniert werden.
"Les [...] réfugié(e)s mentionné(e)s ci-dessus sont internées jusqu'à nouvel avis, suivant leurs moyens financiers à leurs propres frais."

Aus Anlass einer ärztlichen Behandlung von David Wachstock, fragt die Zentralleitung der Arbeitslager bei der Polizeiabteilung an, ob und wenn ja welches Konto zur Deckung der Unkosten belastet werden kann. In der Mitteilung an die Zentralleitung werden zwei Konti genannt:
Max und Rifka Wachstock
Aufenthaltsort Montreux, Thalmudschule, Villa Quisisana resp. Basel, Altkirchenstrasse
Kontostand: ca. 30.- resp. ca. 60.-

Am 29.12.1944 bittet Rifka Wach(s)stock in einem Brief an das EJPD um Genehmigung zur Auszahlung des Betrages von Fr. 67.-, der bei der Schweizerischen Volksbank in Bern zu ihren Gunsten deponiert ist. (Conto CC4, N° 1877)
Am 18. Januar erhält sie folgende Antwort:
"Wir beziehen uns auf Ihr Schreiben vom 29.12.1944 und teilen Ihnen mit, dass Ihr Guthaben bei der Schweizerischen Volksbank in Bern für die Weiterwanderung, sowie für eventuelle öffentlich-rechtliche Ansprüche gesperrt ist. Wir können daher Ihrem Gesuch nicht entsprechen.
[...] Kopie an die Schweizerische Volksbank, Bern, mit der Bitte, den Saldo zu sperren."
Am 29.1.1945 weist Rifka Wachstock nochmals auf die Dringlichkeit der Anschaffungen hin, für die sie den Betrag benötigt und wiederholt somit ihr Gesuch.
Mit Erfolg, denn am 16.2.1945 wird ihr mitgeteilt, dass die Polizeiabteilung die Schweizerische Volksbank angewiesen hat, ihr den Betrag auszuzahlen.

Photokopie "Doit et Avoir" von Max Wachstock; November 1942 bis April 1942.
Angaben über das Vermögen von M. Wachstock in dem von ihm selbst ausgefüllten Fragebogen der Polizeiabteilung de EJPD:
"Ungefähr 17 300 Fr. in Franken und Diamantwerten von unbestimmtem Wert. In der Schweiz: ungefähr 2000 fr. und Diamantwerte von unbestimmtem Wert. Belegt im Depot. Das freie Diamant (?) ... ungefährt 15 000 fr. Im Ausland: New York, ungefähr 300 fr. und Diamantwerte, Werte unbestimmt.

Erster Irrtum betreffend Max Wachstock: (handschriftlicher Brief vom 5.4.1943) an Stab. Ter. Kdo. 2:
[...] " Ich habe mein Geld und andere Wertsachen deponiert an der Grenze und jetzt erfahre ich durch Ihr w. Schreiben dass 1) 200 Dl. 521 Fr. Suisse auf den Namen meiner Schwester 2) 9 Dollar und ein Gelbes Kouvert verschlossen mit Bijouterien (nicht ...?) auf den Namen meiner Mutter gebucht sind. Das Geld und die Wertsachen sind mein persönliches Eigentum (mit Ausnahme was meiner Mutter gehört) und es ist nur ein Zufall, dass ich mit meiner Schwester, die schon 20 Jahre verheiratet ist und meiner Mutter zusammen über die Grenze gekommen [bin]."

Brief vom 11.6.1943 von der Polizeiabteilung an die Leitung des Arbeitslagers für Internierte, Bourrignon. Betrifft einen Kontoauszug von Max Wachstock.
"Die hinterlegten Geldbeträge und Schmuckstücke bleiben grundsätzlich für alle Flüchtlinge während der Dauer der Internierung deponiert."

Empfangsbestätigung der Schweizerischen Volksbank:
An Herrn Max Wachsstock
  • 1 goldenen Herrenuhr mit Anhänger
  • 1 Herrenuhr, defekt
  • 1 Damenuhr
  • 1 Kette (Gold?)
  • 1 Brosche
  • 2 Cravattennadeln mit Brillanten
  • 4 Fingerringe mit Brillanten
  • 2 Ohrringe mit Brillanten (defekt)
  • 3 Stoffsäcklein (unbek. Inhalt, wahrscheinlich Brillantenabfälle)

ohne Garantie f.d. angegebene Qualität der Wertsachen

Am 25.7.1943 ersucht Max Wachstock bei der Eidgenössischen Polizeiabteilung um die Erlaubnis, seine Diamantwerte verkaufen zu dürfen, um, wenn sein diesbezüglicher Antrag gutgeheissen wird, seine Rabbiner-Studien finanzieren zu können. Als Antwort wird ihm mitgeteilt, dass das Gesuch direkt an die Schweizerische Volksbank zu richten ist.
Am 6.9.1943 bittet Max Wachstock die Schweizerische Volksbank darum, ihm die Herrenuhr mit Anhänger zum persönlichen Gebrauch auszuhändigen. Der Brief wird an die Polizeiabteilung umgeleitet.
Anmerkung der Lagerleitung unter dem Brief: "Wachstock ist ein anständiger Lagerteilnehmer." Die Polizeiabteilung beauftragt die Volksbank, die Uhr der Lagerleitung zu übergeben, mit der Bitte, sie nach Erhalt dem Flüchtling auszuhändigen. Auszug der Schweizerischen Volksbank. Spesen: Fr. 2.50.

11.10.1943: Antrag an die Volksbank, Max Wachstock monatlich 250.- Fr. auszuzahlen, um seine Pensions und Studienkosten (200.-) und die persönlichen Ausgaben (50.-) leisten zu können. Falls das Depot nicht ausreichend ist, möchte erklärt er sich bereit, Diamanten zum Verkauf zu bringen.
Antwort der Polizeiabteilung vom 27. Oktober:
"Wir beziehen uns auf Ihr Schreiben vom 11.10.1943 und teilen Ihnen mit, dass wir Ihrem Gesuch um Anweisung von Fr. 250.- pro Monat nicht entsprechen können, bevor Sie nicht den Auftrag zum Verkauf der bei der Schweizerischen Volksbank deponierten Diamanten erteilt haben."
4.11.1943: Auftrag, die Diamanten zum geschätzten Mindestpreis von Frc. 70.- zu verkaufen.
24.11.1943: Hinweis der Polizeiabteilung für Max Wachstock, dass seinem Konto Fr. 30.- belastet werden, um die Spitalkosten seiner Mutter Rywka (Rifka) zu decken.
2.12.1943: Die Schweizerische Volksbank hat für Max Wachstock "einen Posten Diamanten verkauft und den Gegenwert mit Fr. 1 616.10 der Rechnung des Flüchtlings gutgeschrieben."
6.12.1943: Erneuerung des Gesuchs vom 11. Oktober, rückwirkend ab 1. Oktober. Für Oktober bis Dezember werden ihm insgesamt 675.- Fr. zugestanden, ab 1.1.1944 die beantragten 250.- monatlich (Brief vom 28. Dez. 1943).

Am 23.1.1944 stellt Max Wachstock den Antrag, dass ihm 850.- Fr. von seinem Konto ausbezahlt werden, um sich elementare Kleidungsstücke neu anzuschaffen. Dieser Antrag wird am 8.2.1944 abgelehnt, mit der Begründung, dass bereits 250.- monatlich ausbezahlt werden. Wieder bietet er an einen weiteren Teil des Schmucks zu verkaufen. Dieser Antrag soll direkt an die Schweizerische Volksbank gestellt werden, und anschliessend ein neues Gesuch für die Kleidungsstücke. Am 24. Februar wird die Auszahlung von Fr. 400.- genehmigt, obwohl sich der Kontostand durch den Verkauf von Diamanten um Fr. 946.30 erhöht hat.

Zweiter Irrtum betreffend Max Wachstock: (umfangreicher Briefwechsel zwischen Max Wachstock und der Schweizerischen Volksbank, resp. der Volksbank und Lazar Wachstock).
Am 14.9.1944 wird ihm eine Rechnung über 300 Fr. für die Pensionskosten von Oskar und David Wachsstock zugestellt, und seinem Konto bei der Volksbank belastet. Nach einigen Briefen stellt sich heraus, dass der Betrag vom Konto von Lazar Wachstock abgebucht werden sollte, da er der Vater der Kinder ist. Lazar besitzt aber gar kein Konto bei der Volksbank, sondern nur ein Wertsachendepot. Solange er aber nicht bezahlt, kann der Betrag auch nicht wieder Max W. gutgeschrieben werden. Lazar möchte zwar seinen Bruder nicht damit belasten(handschriftlicher Brief ohne Datum - Eingang am 29.1.1945 - an die Polizeiabteilung), andererseits ist er auch nicht bereit, Diamanten zu verkaufen. Diese Angelegenheit verzögert sich bis zur Abreise von Lazar Wachstock am 16.6.1945, wo er als Pfand die Hälfte der Diamanten zurücklässt und verspricht, die 300.- Fr. aus dem Ausland nachzuschicken.
Am 24.7.1945 wird schliesslich das Depot von Lazar Wachstock an Max Wachstock transferiert.
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