Language: ns
1938
AfZ; Handakten Homberger; 10.9.1.2.2.5. u.a. Protokolle der Sitzungen des Vororts
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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* Protokoll der Sitzung vom 31.3.1938. Anschluss Oesterreichs an das Deutsche Reich:
Homberger: Die Folgen dieser Umwälzung werde in nächster Zukunft nicht erfreulich sein. Ein Staat, der seine wirtschaftlichen Beziehungen normalisieren konnte und sich von Fesseln der Reziprozität weitgehend hatte befreien können, gehe in einem Staat auf, dessen Wirtschaft durch und durch künstlich gestützt ist. Handelsbilanz mit Österreich sei fast ausgeglichen gewesen. Zahlungsbilanz sehr wahrscheinlich aktiv. Forderung der Schweiz: Aufrechterhaltung der bisherigen Beziehungen mit Oesterreich und mit Deutschland. Wenn vollständige Eingliederung kommen werde, «so müssen wir auch unsere Verhältnisse mit Deutschland neu ordnen.» «Das schweizerische Interesse geht dahin, den für uns so wichtigen Wirtschaftsfaktor Deutschland bis auf weiteres möglichst unverändert in Takt zu halten und nicht mit dem Krankheitsherd Oesterreich zu infizieren.» Absicht also eine Sonderstellung Oesterreichs beizubehalten. Deutsche sehen Wichtigkeit einer Uebergangsfrist ein (Zollschranken zwischen Oe und D noch vorhanden).
Bosshardt (Textil): Aufrechterhaltung der devisenpolitischen Eigenstänfigkeit Oe aufrechterhalten. Bei Eingliederung keine Erhöhung der KOntingente zu erwarten eher Gegenteil.
Gattiker: Deutsch-schweiezrischer Verrechungsverkehr sei schon krank und werde durch Eingliederung Oe ausserordentlich gefährdet, denn viele Waren, die man heute von Oe kaufe würden fortan von Deutschland gekauft werden. Die Importe aus Deutschland seien schon wegen des schlechten Kurses kaum möglich.
Homberger: Sieht Einigkeit der Diskussion darin, dass eine Sonderregelung gesucht werden müsse.


* Protokoll der vom Vorort einberufenen Sitzung vom 11.6.1938 betreffend die Verhandlungen mit Deutschland über das Verrechnungsabkommen:
Wetter: vertraulicher Charakter der Konferenz. Weiterverbreitung der besprochenen Angelegenheiten könnte die Stellung der Schweiz in den Verhandlungen schwer schaden. Von der Diskretion der Teilnehmer hänge es ab, ob Vorort auch weiterhin solche KOnferenzen durchführen könne.
Homberger: Deutschland sieht keine Mö^glichkeiten mehr in Uebergangszeit mit freien Devisen für oe Importe zu bezahlen. Deshalb will D Separat-Clearing.  D brauche dringend Devisenkontrolle auch in Oe. Zweite Schwierigkeit, dass Transfermoratorium auf Oe ausgedehnt wurde. Deutschland wolle Clearingabkommen nur verlängern, wenn: 1. Neuordnung des Zinsentransfers. Keine Reichsmarkanweisungen mehr. Bisher günstigstenfalls 3,4% transferierbar für SChweizer Gläubiger jetzt verlangt D nur noch 3%. Zudem keine Verwendungsmöglichkeiten mehr für Verzichtsquote in Deutschland. 2. Reiseverkehr, 3. Bundesrat müsse auf bundesgerichtliche Rechtssprechung Einfluss nehmen. Habe schon mehrmals deutsche Devisengesetzgebung als unsittlich und gegen schweizerischen ordre public verstossend erklärt. SChweizer Delegation gegen diesen Antrag. Neue Zinsforderungen gegenüber Oe über Transferfonds könnten nur über Kürzung der Reichsbankspitze erreicht werden. BEträge der Reichsbankspitze seien ständig gestiegen während die deutschen Leistungen für Stillhaltezinsen etc. immer weiter sinken. Unter der Voraussetzung, dass der Warenverkehr beibehalten werde, habe sich die Delegation bereit erklärt: 1. einer neuen Zinsreduktion zuzustimmen aber insgesamt 3,25%. Deutsche wollten keiner Redutkon der Reichsbankspitze zustimmen. Gefahr jetzt eines vertragslosen Zustandes. Frage für Homberger: Wer wird zuerst nachgeben? SChweiz laufe Risiko, dass sie bei Verhandlungen nach vertragslosen Zustand nicht mehr alle Privilegien erhalte. Aber wenn sie nicht risikobereit sei, werde ihre Stellung im Abkommen immer schlechter. Wenn jetzt (unterstrichen) die freie Reichsbankspitze nicht reduziert werden könne dann nie mehr. Delegation sei stark geblieben. Frage sei, ob SChweizer Wirtschaft hinter hier stehe.
Käppeli (Chemie, Schweiz. Gesellschaft für Chemie): Chemische Indutrie  ist der Ansicht, dass der Kampf nicht aufgegeben werden soll. Auch wenn es zu vertragslosen Zustand, heisse das ja noch nicht eine wirtschaftliche Kriegserklärung.
Bosshart (Textil): Baumwollindustrie sei bereit, einen vertragslosen Zustand hinzunehmen, trotzdem ihre Opfer gross sein werden, weil Oe und D zusammen mehr als 50% ihrer Exporte abnehme. Schweiz müsse Importe aus D steigern und fördern. In der schweiz geschürt durch Presse Boykotte gegen deutsche Waren. «Ich möchte übrigens anfragen, ob für den Fall eines vertragslosen Zustands mit Deutschland der Bund und der Vorort bereit sind Ersatz zu schaffen durch Förderung des Exportes nach anderen Ländern, vor allem nach Osteuropa, Südamerika und Japan?»
Wetter: Vorort werde an keiner Propagierung von Importen aus bestimmten Ländern mitwirken.
Homberger: Reichsbank erhielt Januar bis April ca. 4,8 Mio. Franken im Monat, wogegen sie 1,3 Mio. Fr. für Stillhalte und Bonds leisten muss, so dass ihr 3,5 Mio. Fr. bleiben zur freien Verfügung.  Im Reiseverkehr fliessen Deutschland nochmals 1 Mio. Franken monatlich freie Devisen zu.
Stoffel (Textil): Importe müssen noch mehr in Dienst des Exportes gestellt werden. Zinsen könnten reduziert werden. «Die Zinsen stammen zu einem grossen Teil aus unvorsichtigen Kapitalinvestitionen aus der Nachkriegszeit, zu denen sich schweizerische Geldgeber durch hohe Zinsversprechungen verleiten liessen.»
Ganzoni (Handelskammer Winterthur): Es schint ihm notwendig, heute gegenüber Deutschland die starke Hand zu zeigen. Es sollen einmal die gleichen Waffen gebraucht werden, wie sie uns gegenüber angewendet werden. Er unterstütze Aussagen Stoffels.
Wetter: «Der Vorort ist schon immer dafür eingetreten, dass in erster Linie die Interessen des Warenverkehrs zu schützen sind. Auf die Bemerkungen von Herrn Stoffel hin möchte ich aber darauf hinweisen, dass es sich bei den Kapitalinteressen nicht um irgend eine "anonyme Finanz" handelt, sondern um 60000 Schweizer, die gegenüber Deutschland Kapitalforderungen haben. Die Kapitalinteressen sind im schweizerisch-deutschen Verrechnungsabkommen übrigens mehr zu kurz gekommen als in den Abkommen, die Deutschland mit anderen Ländern abgeschlossen hat.» Anfrage wegen Absatzmärkten: «Ich betrachte es als selbstverständlich, dass die Regierung ihr Möglichstes tun wird, um diesen Schlag zu parieren.»
Kronauer (VSM): «Auch ich möchte auf die Notwendigkeit hinweisen, Deutschland gegenüber einmal nicht mehr nachzugeben. Die Schweiz muss zu einem Risikoeinsatz bereit sein.»
Wetter: Noch einmal: strengste Diskretion über diese Diskussion sonst Stellung der Schweiz schwer geschädigt.
(KOPIE)
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