Language: ns
1947
BAK; OMGUS, Finad, 3/71-2/1
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
________________________

Gottfried Seyboth (Ministerialrat im RWM), Zeugenaussage 16.2.194? (unleserlich)

In der Schweiz bestanden Stiftungen, die zum Ziel hatten, der Verfolgung des im Ausland liegenden Kapitals durch die dt. Devisenbehörden zu entgehen. (vgl. Volksverratgesetz)
Rechtsanwalt Walter Keller-Staub kennt er. Er wurde jeweils zur Vertretung deutscher Interessen in der Schweiz herangezogen.
Es ist ihm nicht bekannt, dass Emil Bührle geschäftlich oder privat jemals dt. Kapitalien zur Anlage in der Schweiz übernommen hat. Er weiss nur, dass Bührle noch Forderungen in Millionenhöhe gegenüber Deutschland hat.

Interrogation von Dr. Hermann Landwehr (Ministerialdirigent im RWM, Leiter der Devisenabteilung von 1931 bis August 1944 (Tag seiner Verhaftung)), 17.3.1947

Betreffend dt. Vermögen in der Schweiz: "Die deutschen Guthaben in der Schweiz, soweit sie den Behörden bekannt waren, wurden durch den Deutsch-schweizerischen Clearing erfasst. Nach der Besetzung Hollands durch deutsche Truppen ergab sich, dass bedeutende deutsche Guthaben nicht angemeldet waren, und daher mag dasselbe auch in der Schweiz zugetroffen haben." Er nennt aber keine Zahlen.
Betreffend Unterfakturierung von Exportgütern: "Die Devisenabteilung und die Reichsbank kontrollierten die richtige Fakturierung aufgrund dieser Kontrolle konnte man feststellen, dass die Firmen, vielleicht sogar angeregt durch amtliche Stellen (Vierjahresplan, Wehrmacht, Partei) Unterfakturierungen vornahmen. (....) Nach den Vorschriften wurden mit Hilfe der Exportvalutaerklärung die ausgehenden Waren und der richtige Eingang der Devisenerlöse kontrolliert. In diesem Zusammenhang konnte man in vielen Fällen feststellen, ob eine Unterfakturierung stattgefunden hatte. Wenn amtliche Stellen, z.B. Vierjahresplan, Partei, Wehrmacht, an der Unterfakturierung interessiert waren, d.h. den Mehrerlös im Ausland ohne Kontrolle verwenden wollten, dann unterbanden sie solche Nachforschungen. (...) In Fällen, in welchen Firmen solche Unterfakturierungen vornahmen, taten sie es vielleicht mit Rückendeckung von Göring, des Vierjahresplans, oder anderer Wehrmachtsstellen." (p.2-3) Die Kontrolle der holländischen Banken wurden damals von Beamten des Vierjahresplans, beispielsweise von Kadgien, durchgeführt. Er kann sich aber an keine konkreten Fälle der Unterfrakturierung erinnern.
Sperre dt. Vermögen in der Schweiz: "F: Glauben Sie, dass die Schweiz, wenn sie wollte, die deutschen Guthaben volkommen erfassen könnte, und wie könnte die Schweiz das tun? A: Wenn die Schweiz wollte, könnte sie das tun. Es müsste ein Gesetz herausgebracht werden, das allerdings gegen die freiheitlichen Gedanken der Schweiz verstossen würde." (p.4)

Interrogation of Dr. Arnold Kramer (ehemals Leiter der Reichsbank Düsseldorf), 15.3.1947

Cloaking-Aktion des Henckelkonzerns durch die Holdinggesellschaft Uma in der Schweiz.

Interrogation von Erwin Meck, Regierungsrat beim RWM, 12.3.1947

Aussagen zum Fall Henckel-Persil
"Zu den Petroleum-Lieferungen nach Spanien, dren Bezahlung aus einem "geheimen Fonds bei dem Rechtsanwalt Keller-Staub in Zürich erfolgt sein soll, vermag ich keine Angaben machen." (p.3)
"Die Genehmigung zur Ausfuhr der Gemäldegalerie des Fürsten Liechtenstein nach Vaduz ist ohne eine Gegenleistung erteilt worden. Um die Rückbringung der Galerie nach Wien sicherzustellen, sollte ursprünglich eine Kaution bei schweizer Banken in schweizer Franken gestellt werden. Da dies dem Fürsten nicht möglich war, wurde mit Rücksicht auf das erhebliche Inlandsvermögen, das steuerlich mit ca. 69 Millionen Reichsmark ausgewiesen war, davon Abstand genommen. Die devisenrechtliche Genehmigung wurde erteilt zunächst für den Teil der Galerie, dessen Herausnahme auch vom Innenministerium genehmigt worden ist." (p.3) Es gab sehr wohl eine Gegenleistung durch den Fürsten. Vgl. Steegmann / Adolf Ratjen (resp. Rätjen)

Vor Devisenbewirtschaftung hat Werner Carp sein ganzes Auslandsvermögen einem seiner Söhne geschenkt. Der Sohn gründete in Vaduz die Stiftung Aeternas mit einem Stiftungsvermögen von mehr als 10 Mio. RM. Ermittlungen wurden hier von der Devisenstelle Düsseldorf durchgeführt.

Angestellten-Liste im RWM

Länderabteilung:
Leiter Schulze-Schlutius
Leiter des Ressort Schweiz: Ministerialrat Seyboth
Devisenabteilung:
Leiter Landwehr / Schulze.Schlutius
Leiter der Devisenzuteilung: Ministerialrat Schöne
Kapital- und Wertpapierverkehr: Oberregierungsrat Joerges und Reichsbankrat Maiwald

Interview mit Landwehr, der sich im russischen Sektor von Berlin aufhält und für die Berliner Stadtverwaltung tätig ist, o.D.
"During my conversation, I learned to my surprise that the estimates on the total of the transactions which took place through Switzerland were really far from the Swiss estimates and closer to the Allied point of view. Dr. Landwehr estimated that all in all the sum of German assets which passed into Switzerland amounted to at least 15 billions RM. Landwehr dismissed with an ironic smile the Swiss Verrechnungsstelle's estimate of 1 billion RM." (p.1)
Unterfrakturierungen wurden v.a. im Bereich der Kohle, Eisen und Chemieprodukion und Exportation gemacht.
"After the conquest of Holland Landwehr's Dienststelle discovered an escape fund belonging to the German industry in Holland of over 10 billions. His attempts to get this fund and to have the guilty punished by instituting foreign corrency laws were prevented by Göring, Milch, Funk, etc." (p.2)

Interview mit Erwin Meck, Assistent von Landwehr, heute wohnhaft im brit. Sektor von Berlin,
Meck meint, dass Bührle der Mann ist, der betr. verdeckte Auslandsvermögen der deutschen Kriegsindustrie untersucht werden muss.
Steegmann hat im Einverständnis mit dem RWM 1944/45 für den Fürsten von Liechtenstein grosse Vermögenwerte von Wien nach Vaduz gebracht.

Schreiben von Erwin Meck über Zustänigkeiten und Aufbau des RWM, o.D.

Reichswirtschaftsministerium
  • Aufgabe der Länderabteilung: praktischer Vollzug der Handels- und Wirtschaftsverträge mit dem Ausland, v.a. auf dem Gebiet des Warenverkehrs
  • Aufgabe der Devisenabteilung: Lenkung und Überwachung des Kapitalverkehrs.
  • Aufgabe der Devisenstellen: die praktische Durchführung des Devisengesetzes und der Erlasse der Hauptabteilung III des RWM. Fachlich dem RWM unterstehend, verwaltungsmässig aber der Finanzverwaltung unterstehend. Devisenstellen waren aufgeteilt in: Genehmigungsabteilung und Überwachungsabteilung

Oberste Reichsstellen, die ausser dem RWM die Lenkung von Devisenbewirtschaftung durchführten waren der Beauftragte für den Vierjahresplan und die Reichsbank
  • Aufgabe des Vierjahresplans: zusätzliche Devisen- und Goldbeschaffung. Leiter dieser Abteilung war Staatssekretär Neumann, sein Nachfolger war Ministerialrat Gramsch. Mitarbeiter dieser Abteilung war Ministerialrat Kadgien. Der Vierjahresplan verfügte über einen geheimen Bardevisenfonds, dessen Höhe dem RWM nicht bekannt war. Eine nachgeordnete Devisenstelle, deren sich der Vierjahresplan zur Erfassung nich angemeldetem Auslandsvermögens bediente, war das Devisenfahdungsamt. Leiter dieses Amtes war Staffelt. Seinem Amt unterstanden die sog. Devisenschutzkommandos in den besetzten Ländern. Nach Auflösung des Devisenfahndungsamtes (Datum nicht angegeben) wurden die Devisenschutzkommandos vom RSHA und seinen nachgeordneten SS-Dienststellen angegliedert.
  • Aufgabe der Reichsbank: Zahlungsverkehr und Überwachung des Deviseneingangs auf den Kapitalverkehr. Devisenzuteilung wurde überwacht durch die Devisenzuteilungskommission, deren Leiter Landwehr war. Die Kommission war ein interministerielles Gremium, in welchem neben der Reichsbank und dem RWM alle Devisen benötigenden Ministerien vertreten waren.
  • Dem Auswärtigen Amt stand ein besonderer Devisen- und Goldfonds zur Verfügung, ober dessen Höhe keine Angaben gemacht werden können.

How to cite: Copy

Repository