Language: ns
1943
BAR E 2001 (E) 2/ 650. Zwei Dokumente aus der Abteilung für Auswärtiges, EDA
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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Abteilung für Auswärtiges an die Polizeiabteilung, 19.5.1943.

Nachfrage, wie sich EJPD den Forderungen der holl. Gesandtschaft stellt, Dollar von holl. Flüchtlingen freizugeben. Offensichtlich hat die Abteilung für Auswärtiges einzelne Gesuche abgelehnt und will jetzt eine grundsätzliche Stellungnahme. Beigelegt ist ein Aide Memoire der holländischen Gesandtschaft, die die Ansicht vertritt, dass die Flüchtlinge der Schweiz nicht zur Last fallen, im Gegenteil, durch die Unterbringung in Pensionen und Hotels würde die Schweiz profitieren. Die Gesandtschaft benötige aber die blockierten Dollars, um die Kosten voll übernehmen zu können. (Beigefügt ist ein Einzelgesuch)

Kommentar: Offenbar trifft die Abt. für Auswärtiges Abklärungen in Einzelfällen. Die holl. Gesandtschaft weist deutlich daraufhin, dass die Flüchtlinge für die Hotels ja auch einen Profit bringen.



EJPD, Rothmund, an den Legationsrat, Abteilung für Auswärtiges, Sektion für Rechtswesen und private Vermögensinteressen im Ausland, 4.8.1943.

Antwort auf Schreiben vom 19.5.1943. Rothmund berichtet über die Situation der holländischen Flüchtlinge: Die meisten seien vor dem 1.8.42 in "illegal" in die Schweiz eingereist; sie wurden vorerst auf Kosten der holländischen Gesandtschaft untergebracht. Für diejenigen, die in Arbeitslagern untergebracht sind, bezahlt die Zentralleiung ein Sold pro Arbeitstag (1.50 bis 1.80, davon werden aber nur 0.75 bzw. 1.05 ausbezahlt). Es sei unerwünscht, dass die Flüchtlinge zusätzliches Taschengeld von der Gesandtschaft erhielten. Die Zentralleitung stellt der Gesandtschaft die Kosten der Lager monatlich in Rechnung. Bis Ende Juli 43 werden sich die Kosten auf ca. 300'000.- belaufen, über diesen Betrag wurde ein Garantieverpflichtung ausgehandelt. Orientierung über den BRB vom 18. 3.1943. Das EJPD wird vom Volksbank-Konto von bemittelten Flüchtlingen die Pensionskosten abziehen und der Gesandtschaft zurückerstatten. Rothmund wirft die Frage auf, ob die blockierten Dollars für die holl. Flüchtlinge aufgehoben werden sollen. Rothmund lobt den Einsatz der holländischen Regierung für die holländischen Flüchtlinge. Wie kaum ein Land habe sich Holland eingesetz. Vom rein finanziellen Standpunkt her habe das EJPD Gleichbehandlung aller Flüchtlinge vorausgesetzt. Ein Teil der arbeitstauglichen Flüchtlinge seien nicht in Arbeitslagern sondern in den Holländerheimen untergebracht, die teurer sind. Eine Deblockierung der Dollar würde die Kosten für diejenigen senken, die nicht arbeitstauglich und in Heimen der Zentralleitung untergebracht seien, und wäre in dieser Hinsicht wünschenswert. Rothmund schreibt, dass der Bund überall dort einen Vorteil in der Übernahme der Dollars hätte, wo die Bezahlung besondere Kosten (Arzt-, Spitalkosten usw.) sowie die Pensionskosten übernommen werden. Rothmund überlässt die Entscheidung, ob für die holl. Flüchtlinge Dollars deblockiert werden, dem Auswärtigen Amt, empfielt lediglich, den Holländern entgegenzukommen und präsentiert eine "Mittellösung".

Kommentar: In dem ausführlichen Schreiben kommen die Begründungen für und gegen die Übernahme der Dollars von holländischen Flüchtlingen gut zum Ausdruck. Zudem wird deutlich, dass in diesem Fall nicht das EJPD entscheidet sondern die Abteilung für Auswärtiges.

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