Language: ns
1953-1956
StABS; FD-REG 1,55; Erblose Nachlässe und Legate (Nachlass Zweidler), 1936-1959
Information Independent Commission of Experts Switzerland-Second World War (ICE) (UEK)
Info UEK/CIE/ICE ( deutsch français italiano english):
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Dokumentiert sind diverse Fälle erbloser Nachlässe. Die Nachlassverwaltung wird in Fällen, wo keine Erben auffindbar sind, offenbar immer vom kant. Erbschaftsamt übernommen. Nach der Abwicklung des Verfahrens (Bezahlung der ausstehenden Kosten, Liquidation des Nachlasses etc.) fällt die Erbschaft offenbar automatisch an den Staat. Dokumentiert sind u.a. zwei Fälle von jüd. erblosen Nachlässen:

1. Nachlass von Jan und Maria Welt-Eilstein, gestorben 1953. Korrespondenz mit dem Cousin Jacob Abraham Welt in Paris über die Verwandtschaft und Erbberechtigung, die von BS um 1956 anerkannt wird.

2. Ausführlich belegt ist der Fall des Nachlasses von David Brader, staatenloser lediger Sprachlehrer und Rabbiner, geb. 1879, gest. 6. Nov. 1953.

Inventar vom 11.11.1953

Bargeld: Fr. 12.64
3 Sparhefte bei BKB, SKA, SBV mit insgesamt einem Guthaben von Fr. 68.65, die von der "Charmille" (jüd. Heim in Riehen) verwahrt werden. Bei der BLKB in Binningen gibt es das Sparheft No. 16193, das auf seinen Namen lautet und Fr. 3'126.10 aufweist (Kaution). Dazu kommen Wertschriften: Eine Anleihe des Kantons NE von 1932, die er bei sich in Riehen hat, sowie im Safe No. 2471 der BKB eine Eisenbahnanleihe von Sao Paulo von 1905. Alles zusammen inkl. Schmuck, Mobiliar, religiöse Gegenstände etc. beträgt 5'666.34 Fr. (geschätzte Werte? gs)
Davon abgezogen werden Fr. 2'930.10, wovon Fr. 1'800 an die Israelitische Gemeinde Basel (IGB) gehen für "Unterhalt des Grabes für ewige Zeiten" (Fr. 600.-), Grabstein (Fr. 800.-) etc. Der Rest sind Arztkosten, Transportkosten, Gebühren etc.

Erbschaftsamt Basel-Stadt an Finanzdepartement, 22.9.1955

"Trotz Erbenruf im hiesigen Kantonsblatt und Frankfurter Allgemeine Zeitung" konnten keine gesetzlichen Erben gefunden werden. "Laut einem Schreiben des Suchdienstes verschiedener Hilfswerke in München vom 11.11.1947 steht fest, dass Gretchen Münster-Brader (offenbar die einzige bekannte Erbin, gs) am 10.6.1942 deportiert und später den Massenexekutionen in Maideneck (sic) zum Opfer gefallen ist. Mangels gesetzlicher Erben fällt somit der Nachlass an den Kanton Basel-Stadt."

Liquidationsabrechung, 14.8.1956

Der Erlös aus der Liquidation der Sparhefte und Wertpapiere liegt etwas unter deren Nominalwert (was vermutlich durch Liquidationsgebühren bzw. Wertverlust der Wertpapiere, insbesondere der Eisenbahnanleihe von Sao Paulo, bedingt ist); dazu kommen aus der Gant des Nachlasses Fr. 3'668.-, so dass das Gesamtvermögen Fr. 7'864.29 beträgt. Zu den oben genannten Ausgaben kommt eine Nachforderung der Charmille von Fr. 1170.-, da sie Brader den Armentarif gewährt hatte, nun aber doch Geld vorhanden ist. Die Kosten für die Gant (Transporte etc.) sowie Gebühren und Unkosten des Erbschaftsamtes Basel - letztere betragen insgesamt Fr. 654.65 - führen zu Gesamtausgaben von Fr. 6040.65, so dass der Reinerlös von Fr. 1'823.64 auf das Konto "Finanzdepartement V 770" überwiesen wird.

Erbschaftsamt Basel-Stadt an Finanzdepartement, 5.7.1956

Unklar ist, ob die Nachforderung der Charmille anerkannt werden soll. Auf zit. Brief findet sich die handschriftl. Notiz von Weiss, Finanzdepartement: "Hr. RR Schaller, Wenn der ordentliche Pensionspreis Fr. 357.- beträgt u. die Charmille im Hinblick auf die Bedürftigkeit des Dr. Brader nur Fr. 227.- in Rechnung gestellt hat, so sollte m. E. die Nachtragsrechnung v. Fr. 1170.- anerkannt werden. Der Staat darf sich bei einem erblosen Nachlass nicht zu Lasten eines Gläubigers, der ein (besseres?) Recht hat, bereichern; bleiben ihm doch auch so noch Fr. 2478.29."
Schaller notiert: "Einverstanden".
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