Language: German
2007
Joseph Jung: Alfred Escher 1819¿1882. Aufstieg, Macht, Tragik. NZZ Libro, Zürich 2007. 504 S..
Bibliographical reference (Bib)
28.11.2007, Neue Zürcher Zeitung
Aufstieg und Fall
Joseph Jungs Alfred-Escher-Biografie

Er ist eine jener Figuren des 19. Jahrhunderts, deren masslose Schaffenskraft im Zeitalter der anzustrebenden Work-Life-Balance ungläubiges Erstaunen, ja Kopfschütteln hervorruft. Bevor seine Arbeitswut das krankheitsbedingte Ableben mit besiegelte, hatte er die Schweizerische Nordostbahn (sie ging schliesslich in den SBB ...
Urs Hafner


Er ist eine jener Figuren des 19. Jahrhunderts, deren masslose Schaffenskraft im Zeitalter der anzustrebenden Work-Life-Balance ungläubiges Erstaunen, ja Kopfschütteln hervorruft. Bevor seine Arbeitswut das krankheitsbedingte Ableben mit besiegelte, hatte er die Schweizerische Nordostbahn (sie ging schliesslich in den SBB auf), die Schweizerische Kreditanstalt (heute Credit Suisse) und die Polytechnische Schule Zürich (heute ETH Zürich) begründet, ferner die schweizerische Aussenpolitik mitgeprägt und den Gotthard-Durchstich (1880) vorangetrieben. Auf der Strecke blieb dagegen sein Privatleben.

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Der grossbürgerliche Tycoon und liberale Nationalrat Alfred Escher (1819¿1882), dessen unternehmerisches Tun sich immer auf das Gemeinwohl ¿ sei es auf das zürcherische, sei es auf das eidgenössische ¿ bezog, zählt zu den Gründerfiguren der modernen Schweiz. Joseph Jung, Titularprofessor für Geschichte an der Universität Freiburg, Chefhistoriker der Credit Suisse und Direktor der Alfred-Escher-Stiftung, legt eine Biografie des mächtigen und umstrittenen «Bundesbarons» und «Eisenbahnkönigs» vor (so dessen Zeitgenossen), die im Wesentlichen auf seinem im letzten Jahr erschienenen vierbändigen, über tausendeinhundert Seiten zählenden Werk «Alfred Escher ¿ Der Aufbruch zur modernen Schweiz» beruht (ausführlich dazu: NZZ 4. 4. 06).

Die eindrückliche Gesamtschau bietet in einem Biografie, Bahn-, Banken- und Bildungsgeschichte der im Werden begriffenen modernen Schweiz; die sozialpolitischen Defizite jener Zeit sowie das Wirken des staatsfreundlichen Freisinns rücken freilich ein wenig an den Rand. Im Unterschied zum vierbändigen Opus bringt die ¿ mit rund fünfhundert Seiten Umfang noch immer stattliche ¿ Kurzfassung das Leben und Wirken Eschers in eine chronologische Ordnung.

Die Anzahl der Abbildungen (besonders der faksimiliert abgedruckten Briefe, Reden und Protokolle) sowie der Quellenzitate wurde reduziert. Insgesamt haben dadurch das Buch an Kompaktheit und Eschers Biografie an Prägnanz gewonnen. Dessen Aufstieg und Fall, die einem antiken Drama entstammen könnten, kommen nun besser zur Geltung.


Joseph Jung: Alfred Escher 1819¿1882. Aufstieg, Macht, Tragik. NZZ Libro, Zürich 2007. 504 S..

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Cf. Schweizer Monatsheflte, N° 02/03, 2008, p. 59.
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