Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
II.23. TCHÉCOSLOVAQUIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 15, doc. 429
volume linkBern 1992
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Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001E#1000/1572#904* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(E)1000/1572 81 | |
Dossier title | Finanzierung von Nachkriegsexporten (1944–1945) | |
File reference archive | C.45.103.3 • Additional component: Tschechoslowakei |
dodis.ch/48033
Mit Ihren beiden Schreiben vom 24. Oktober 19442 (C.45.PB. 103.-UV) und 23. Februar 19453 (C.45.Tch.l03-AM) ersuchten Sie uns unter Hinweis auf einen Bericht der Schweizerischen Gesandtschaft in Washington um unsere Stellungnahme zu der Frage einer allfälligen Kreditgewährung an die Tschechoslowakei.
Im Hinblick auf unsere künftigen Beziehungen zu diesem Staat verdiente diese Frage zweifellos alle Beachtung. Sie gewann dann noch erhöhte Bedeutung durch die seither erfolgte Wiederaufnahme der diplomatischen Beziehungen zwischen der Schweiz und der tschechoslowakischen Regierung. Mit diesem Akt wurde schweizerischerseits der klare Wille bekundet, möglichst bald auch den wirtschaftlichen Verkehr mit der Tschechoslowakei wieder aufleben zu lassen. Hier stellt sich nun sofort die Frage, kommt dieser Wirtschaftsverkehr ohne weiteres wieder in Gang oder ist dies nur möglich, wenn damit die Gewährung von schweizerischen Krediten verbunden wird.
Wohl waren im früheren gegenseitigen Handelsverkehr die tschechoslowakischen Exporte nach der Schweiz stets bedeutend grösser als die schweizerischen Lieferungen nach der Tschechoslowakei und damit auch die Frage der Bezahlung dieser letztem ohne weiteres gesichert. In Zukunft wird dies wohl anders sein, denn es erscheint sehr fraglich, ob die neue Tschechoslowakei nach der starken wirtschaftlichen Beanspruchung des Protektorats während der Besetzungszeit durch die Deutschen schon am Anfang über genügende Mengen an Exportgütern verfügen wird, um damit die aus der Schweiz zu beziehenden Waren, nach denen zweifellos grosse Nachfrage bestehen dürfte, bezahlen zu können. Der künftige Handelsverkehr wird zum mindesten am Anfang wohl eher die Tendenz zeigen, dass von der Tschechoslowakei bedeutend mehr schweizerische Waren verlangt werden als zur Ausfuhr nach der Schweiz zur Verfügung gestellt werden können. Will man nun diese Nachfrage nach schweizerischen Gütern trotzdem befriedigen, so stellt sich unwillkürlich das Problem der Gewährung von Krediten. Es erscheint daher verständlich, wenn von tschechoslowakischer Seite diese Frage bereits angetönt wurde.
Wir haben uns daher in dieser Sache mit der Eidg. Finanzverwaltung, der Schweiz. Nationalbank und dem Vorort des Schweiz. Handels- und Industrie-Vereins in Verbindung gesetzt und sie um ihre Meinungsäusserungen ersucht.
Die Eidg. Finanzverwaltung hat in einem ausführlichen Exposé zu dem ganzen Problem der Kreditgewährung sowohl allgemein als auch im Verhältnis zur Tschechoslowakei Stellung genommen. Grundsätzlich wird die Notwendigkeit solcher Kredite bejaht, die Form, in welcher sie gegeben werden sollen, bedarf aber noch einlässlicher Prüfung und Abklärung. Wir haben Ihrem Herrn Legationsrat Kohli bereits eine Kopie dieser Stellungnahme der Finanzverwaltung übermittelt und erlauben uns daher, Sie im einzelnen auf jene Ausführungen zu verweisen.
Auch die Schweizerische Nationalbank ist grundsätzlich nicht abgeneigt, der Frage der Wiederaufnahme von Kreditverhandlungen mit der Tschechoslowakei näher zu treten, wenn damit der schweizerischen Wirtschaft sowohl auf dem Gebiete des Exportes wie auch des Importes gedient werden könne. Sie geht dabei von der Annahme aus, es werde nach der Wiederanknüpfung diplomatischer Beziehungen mit der tschechoslowakischen Regierung möglich sein, Kreditbesprechungen direkt mit den zuständigen tschechoslowakischen Instanzen zu pflegen. Allerdings hält sie es für fraglich, ob der Zeitpunkt für solche Kreditverhandlungen bereits gekommen sei.
Der Vorort des Schweiz. Handels- und Industrie-Vereins vertritt ebenfalls die Meinung, eine Verständigung über die Anbahnung des schweizerisch-tschechoslowakischen Waren- und Zahlungsverkehrs sollte verbunden werden mit einer Vereinbarung über die Gewährung von Krediten an die Tschechoslowakei. Die geeignetste Form dafür wäre nach seiner Auffassung ein Clearingkredit. Die tschechoslowakische Regierung würde zulasten eines neu zu errichtenden Kontos der Tschechoslowakischen Staatsbank bei der Schweiz. Nationalbank nach der Schweiz zu vergebende Aufträge bewilligen. Der beanspruchte Kredit wäre dann seitens der Tschechoslowakei durch Hinterlage des in der Schweiz liegenden slowakischen Goldes zu garantieren4. Dieses Gold würde nach Ablauf einer gewissen Zeit nach Inanspruchnahme der Kreditbeträge seitens der Schweiz an Zahlungsstatt zum dannzumaligen Goldpreis der Schweizerischen Nationalbank angenommen, sofern innerhalb dieser Zeit eine Abdeckung durch Lieferungen tschechoslowakischer Waren nicht möglich sein sollte. Die Beantwortung der Frage, wie die im Rahmen des Kredites abzuschliessenden Geschäfte finanziert werden sollen, bildet dagegen nach den Ausführungen des Vororts eine interne schweizerische Angelegenheit. Er glaubt, die einfachste Art der Finanzierung wäre wohl die Gewährung der Transfergarantie durch den Bund.
Nachdem der Vorort Ihnen übrigens eine Kopie seiner Stellungnahme übermittelt hat, dürfen wir Sie wohl bezüglich der näheren Einzelheiten auf diese Eingabe direkt verweisen.
Da wir schweizerischerseits alles Interesse haben, möglichst bald zu einer Verständigung über die Wiederingangbringung der schweizerisch-tschechoslowakischen Handelsbeziehungen zu gelangen, werden wir versuchen, die ganze Angelegenheit tunlichst zu fördern und im Benehmen mit den interessierten Stellen alle damit zusammenhängenden Fragen, so auch über das Problem der Kreditgewährung, eingehend abzuklären. Wir werden uns daher gestatten, demnächst in diesem Sinne auch wieder an Sie zu gelangen.
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