Classement thématique série 1848–1945:
II. RELATIONS BILATÉRALES
II.25. YOUGOSLAVIE
Printed in
Diplomatic Documents of Switzerland, vol. 15, doc. 353
volume linkBern 1992
more… |▼▶Repository
Archive | Swiss Federal Archives, Bern | |
▼ ▶ Archival classification | CH-BAR#E2001D#1000/1553#688* | |
Old classification | CH-BAR E 2001(D)1000/93 66 | |
Dossier title | Beziehungen der Schweiz zum jugoslawischen Staate. (Tito) (1944–1945) | |
File reference archive | B.15.11.1 • Additional component: Jugoslawien |
dodis.ch/47957
Nummer 27 und 28. Euer 222.
Können Eurer Meinung nur beipflichten, dass General Popovitch schweizerische Verhältnisse wenig kenne und sich weitgehend von unsachlichen der Schweiz unfreundlichen Propagandanachrichten beeinflussen lasse. Nachstehend unsere Bemerkungen zu den einzelnen Vorhalten.
1. Alliierterseits verbreitete Pressenachrichten, wonach deutsche und italienische Gelder in Schweiz Zuflucht gefunden hätten, stellen blosse Behauptungen dar, die entweder so allgemein formuliert sind, dass Nachprüfung unmöglich oder bei konkretem Angaben bis jetzt regelmässig Nachprüfung nicht standhielten3. Die von uns befragten schweizerischen Fachkreise setzen den betreffenden Behauptungen schärfstes Dementi entgegen. Auch von Schmuggel Vermögens italienischer Fascisten in die Schweiz hier nichts bekannt. Allenfalls aus Italien nach Schweiz geflüchtete Gelder unterlägen automatisch Blockierung auf Grund BRB. 1. Oktober 19434. Verfügung über gesperrte Gelder nur im Einverständnis mit Verrechnungsstellen möglich. Bundesrat verfolgt Frage Fluchtgelder mit aller Aufmerksamkeit und traf verschiedene Anordnungen, um Missbrauch schweizerischer Einrichtungen zu verhindern.
2. Verstehen nicht, worauf sich der Vorwurf der Duldung titofeindlicher Propaganda seitens jugoslawischer Fascisten bezieht. Bei uns besteht verfassungsmässig Pressefreiheit. Jedermann, somit auch Ausländer, haben Zugang zu unsern Zeitungen, soweit ihnen nicht fremdenpolizeilich eine derartige Tätigkeit untersagt ist und ihre Tätigkeit nicht geeignet ist, unsere internationalen Beziehungen zu stören. Bundesbehörden sind dauernd bestrebt, etwa vorkommende Zuwiderhandlungen zu unterbinden, was aber wegen des gesetzlich verankerten Redaktionsgeheimnisses meist schwierige Aufgabe. Seitens Tito-Anhänger darf nicht übersehen werden, dass seit geraumer Zeit Zeitungen verschiedenster Richtungen überaus freundliche Artikel über Marschall Tito und jugoslawische Freiheitsbewegung brachten.
Neuer jugoslawischer Presseattaché Dincic unterhält mit unserm Pressedienst ausgezeichnete Beziehungen, hat mit verschiedenen Redaktionen Kontakt aufgenommen und erklärt sich von erzieltem Ergebnis vollauf befriedigt.
3. Behauptung, einzige Regierung Jugoslawiens, die von allen ändern demokratischen Staaten anerkannt wird, sei die Marschall Titos, beruht auf offensichtlichem Irrtum. Massgebend für völkerrechtliche Anerkennung ist Staatsoberhaupt, mithin König Peter, und jede von ihm berufene Regierung welches immer ihre Zusammensetzung sein mag, wird bei gegenwärtigen Verhältnissen allgemein anerkannt werden. Es ist uns nichts davon bekannt, dass Alliierte oder Neutrale aufgehört hätten, König Peter und seine Regierung anzuerkennen, wissen allerdings nicht, wie Moskau und Dublin/Warschau sich dieserhalb verhalten. Gleichzeitige Anerkennung einer zweiten Regierung daneben nach völkerrechtlichen Grundsätzen undenkbar. Seit Kriegsbeginn hielt sich Bundesrat strikte an Grundsatz, im Verlaufe Feindseligkeiten neu entstehende staatliche Gebilde sowie Regierungen, deren Rechtskontinuität nicht evident ist, nicht anzuerkennen, weshalb beispielsweise weder Kroatien noch die Regierung Szalasy anerkannt werden konnten und Struktur diplomatischer Vertretungen Bern seit September 1939 grundsätzlich unverändert blieb.
4. Hören zum ersten Mal von Mission Lompar5, deren Existenz uns gänzlich unbekannt. Dagegen haben Bundesbehörden gegen Jahresende Mission Oberst Nicolic, der als Vertrauensmann Marschall Titos und Vertreter jugoslawischen Roten Kreuzes wegen Betreuung jugoslawischer entwichener Kriegsgefangener nach Schweiz kam, alle wünschenswerten Erleichterungen geboten.
5. Bemerkung wegen gutem Erfolg bezeugender de facto-Beziehung mit Tito nicht deutbar wohl wegen Chiffrefehlers.
Wären Euch dankbar, wenn Ihr Gelegenheit wahrnehmen wolltet, General Popovitch unsere Stellungnahme bekannt zu geben und uns etwaige neue Vorhalte zu melden, da uns sehr daran gelegen ist, keinerlei Missverständnisse in unserm Verhältnis zu Jugoslawien und deren Freiheitsbewegung, deren Verdienste vom Schweizervolk vollauf gewürdigt werden, aufkommen zu lassen.