dodis.ch/47951 Le Ministre de Suisse à
Berlin, H. Frölicher, au Chef du Département politique,
M. Petitpierre1
Vertraulich Berlin, 25. Januar 1945
Seit längerer Zeit bemühe ich mich, die Zustimmung der deutschen Reichsregierung zu einer Interessenvertretung Frankreichs und Belgiens zu erhalten. Die Reichsregierung hat bisher die Zustimmung nicht erteilt und soweit ich feststellen kann, besteht auch wenig Aussicht, dass eine positive Antwort erfolgen wird. Die Gründe für diese ablehnende Haltung sind meines Erachtens die unzutreffende Befürchtung, dass mit dieser Zustimmung eine Anerkennung der betreffenden Regierungen verbunden sei und dass ferner die Zulassung der Schutzmachttätigkeit eine Beschränkung der Befugnisse des französischen und belgischen Komitees bedeute, die von der deutschen Regierung als einzig legale Exponenten betrachtet sein möchten.
Die Interessen Deutschlands, die eigenen Belange in den betreffenden Ländern nicht ohne Schutz zu lassen, hatten offenbar dazu geführt, dass man nach einem Ausweg suchte. Die Kriegsgefangenen werden bekanntlich bereits auf Grund der Gefangenenkonvention durch das Rote Kreuz betreut. Vor einigen Tagen hat nun aber die deutsche Regierung die hiesige Delegation des Internationalen Roten Kreuzes wissen lassen, dass sie zu einer gewissen Betreuung der ausländischen Zivilgefangenen in Konzentrationslagern durch das Rote Kreuz die Zustimmung gebe.
Zunächst soll es sich lediglich um die Zustellung von Rotkreuzpaketen handeln und zwar an französische, belgische, norwegische, dänische und holländische Gefangene. Die Pakete werden von Vertrauensleuten der Gefangenen, die für jedes Lager und für jede Nationalität besonders von den Häftlingen bestimmt werden, entgegengenommen und verteilt.
Die Delegation des Roten Kreuzes will sich bemühen, die Befugnisse auch auf weitere Nationalitäten auszudehnen und hat ferner um die Bewilligung nachgesucht, dass die hiesigen Vertreter der Delegation die Gefangenenlager besuchen und mit den Vertrauensleuten sprechen können. Man glaubt, dass die deutsche Zustimmung hiezu erteilt werden wird. Schliesslich wird die Rotkreuzdelegation auch beantragen, Auskunft über das Schicksal von Personen zu erhalten, von denen man annimmt, dass sie sich in Konzentrationslagern befinden. Es ist also das Bestreben des Roten Kreuzes zu erreichen, dass die Betreuung der ausländischen Zivilgefangenen derjenigen der militärischen Gefangenen angeglichen wird.